Wirtschaft

Schwerpunkt Mieten

Große Chancen, beträchtliche Risiken

Geschäft wird dort gemacht, wo viele Menschen zusammenkommen. Optimal zugeschnittene Ladenlokale in richtiger Größe und zudem in guter Lage sind indes rar – und meist nur zu mieten. Welche Ladenmieten werden bezahlt, was ist vertretbar?

Das Spektrum der Geschäftslagen spannt sich weit: Ganz oben rangiert die 1A-Spitzenlage, sprich ­herausragend gelegene Objekte an höchstfrequentierten Orten („mitten auf der Düsseldorfer Kö“) mit in der Spitze um 10.000 Passanten pro Stunde in den Hauptverkehrszeiten. Dreistellige Quadratmetermieten in den Metropolen sind hier üblich, mit Spitzenpreisen von 200 € bis über 300 €. 1A-Lagen sind immer noch sehr gute Lagen auf den Haupt-Einkaufsmeilen, in größeren Städten bedeutet das etliche tausend Passanten stündlich tagsüber zu Einkaufszeiten – in einer Stadt wie Frankfurt zu haben für 150 € bis 200 €, in vielen mittleren Großstädten für 50 € bis 100 €, jeweils Kaltmieten. Darunter nehmen die Kundenströme deutlich ab, so wird bisweilen noch die 1A-„Edellage“ aufgeführt. Immerhin sind dort die Menschenströme je Hauptverkehrsstunde noch im unteren vierstelligen Bereich. In 1B-Lagen wird der vierstellige Bereich verlassen, hier sind es noch etliche hundert Passanten je Stunde, mit niedrig zweistelligen Quadratmetermieten. Eine Apotheke kann von solchen Passantenströmen allein – ohne weitere, „apothekenfreundliche“ Frequenzbringer wie Arztpraxen oder Läden des täglichen Bedarfs – in der Regel mit etwa 1% bis allenfalls 2% „Abschöpfungsquote“ profitieren. In schwacher 1A-Edellage oder 1B-Lage ist das meist zu wenig.

Unterschieden wird zudem die teure Geschäftskernlage („Köln Mitte“) sowie die in der Regel weit günstigere Nebenkernlage entsprechend einer mehr oder weniger zentralen Lage in einem größeren Stadtteil.

Was bestimmt die Miete?

In Frequenzlagen wird die Passantenzahl bezahlt. Hinzu kommen eine ganze Reihe weiterer Faktoren, die das Mietniveau bestimmen: Die Kaufkraft (abhängig von Arbeitsplätzen, Bevölkerungsstruktur und Vermögenslage: „Wo viel ist, wird viel bezahlt“), die Zentralität (zieht der Ort Menschen zum Einkaufen an, oder ­gehen diese dazu in andere, um­liegende Städte?) und die Attraktivität mitsamt der Demografie.

Besonderheit Apotheke

Nur wenige Apotheken leben von der reinen Passantenfrequenz. Das Geschäft fußt meist auf der umliegenden Wohnbevölkerung mit ihren Rezepten und der Praxislandschaft. Somit bestimmt sich hier der tragfähige Mietpreis anders als bei klassischen Läden – Apotheken sind nicht mit den fast jeden Preis zahlenden Textilketten oder Mobilfunkläden vergleichbar. Das bedeutet: Der „Preis an der Sonne“ in Top-Frequenzlagen ist für viele Apotheken schlicht zu hoch, sie werden von potenteren und margenstärkeren Einzelhändlern ausgestochen. Daher sind die Nebenkernlagen (sprich gute, aber erschwingliche Stadtteillagen) eine sehr sinnvolle Option.

Wer jedoch auf eine typische Frequenzlage aus ist, schaue auf den „Tausender-Kontaktpreis“. Was kosten mich tausend Passanten, die an der Apothekentüre vorbeikommen – und welche „Wertigkeit“ haben diese, sprich, wie viele Rezepte gehen dort infolge umliegender Praxen „spazieren“, wie steht es um die Kaufkraft usw.? Dann gilt: Entweder Top-Lage (mit sehr hohem Risiko, aber ggf. Top-Chancen), oder besser „klassisch“, d. h. wohnort- und praxennah orientiert.

Einwohner-Gewinner und -verlierer (Auswahl, 2009 bis 2014)
Gewinner-Städte
Verlierer-Städte
Berlin + 5,0%
Bautzen - 3,0%
Darmstadt + 7,5%
Dessau - 5,3%
Dresden + 6,0%
Dorsten - 3,5%
Frankfurt/Main + 7,8%
Frankfurt/Oder - 3,8%
Heidelberg + 5,3%
Hagen - 3,2%
Leipzig + 7,5%
Merseburg - 3,7%
Münster + 8,8%
Pirmasens - 4,6%
Potsdam + 6,4%
Remscheid - 3,8%
Regensburg + 5,2%
Suhl - 7,2%
Stuttgart + 4,5%
Zwickau - 3,2%

Nach amtlichen Einwohnerstatistiken

Demografische Aspekte

Die Demografie schlägt recht erbarmungslos zu. Wir haben Gewinner-Städte (v. a. die Metropolen), die teils mit mehr als 1% p. a. über Jahre hinweg wachsen. In anderen, häufig Klein- und Mittelstädten, grassiert der langfristige Einwohnerschwund. Die Tabelle zeigt einige prominente Beispiele. Das bleibt nicht ohne Auswirkungen auf die Zukunftsperspektiven und die Mieten. Dabei sind die indirekten Effekte auf die Apotheken zu bedenken, falls rechts und links die Frequenzbringer „wegsterben“, selbst wenn das Apo­theken-Marktpotenzial weniger betroffen ist. |


Apotheker Dr. Reinhard Herzog, 72076 Tübingen, E-Mail: Heilpharm.andmore@t-online.de

Quellen für Mietpreisübersichten:

IVD – Immobilienverband Deutschland e. V., unter www.ivd.net

COMFORT High Streets Report 2015, unter www.comfort.de

Lese-Empfehlung

AWA – Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker, 2016, Nr. 2, S. 4: Schwerpunktthema Mieten.

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