Gesundheitspolitik

Lauterbach mobilisiert gegen Rx-Versandverbot

SPD-Politiker bleibt seinem Kurs treu und kritisiert, dass Ärmere keine Stimme haben

BERLIN (ks) | Karl Lauterbach, stellvertretender Fraktionsvorsitzender der SPD-Bundestagsfrak­tion, lässt das von der ABDA und dem Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) geforderte Versandhandelsverbot für rezeptpflichtige Arzneimittel nicht los.

Vor einer Woche hatte der Minister einen entsprechenden Gesetzentwurf vorgelegt. Diesen bezeichnete Lauterbach bei einem Pressegespräch am 14. Dezember als „platt“. Die SPD sei überrascht darüber gewesen, wie schnell der Koalitionspartner dem „Lobbydruck“ der Apotheker nachgegeben habe. „Ohnehin haben wir bei der CDU in Richtung Apotheker in dieser Legislaturperiode eine große Beweglichkeit gesehen. Andere Beispiele dafür sind die Abschaffung der Zyto-Verträge mit Apotheken und die Honorierung für Rezepturen.“ Zudem schrieb Lauterbach vergangene Woche schon den zweiten Brief an seine Fraktionskollegen zum Thema Rx-Versandhandel. Immerhin: Ein gewisses Verständnis für die Sorgen der Apotheker hat der SPD-Politiker.

In seinem Brief kritisiert Lauterbach, es würden keine Belege für das Hauptargument der Versandverbots-Befürworter geliefert: Dass die flächendeckende Versorgung der Bevölkerung durch Präsenzapotheken gefährdet sei, weil der Wettbewerb mit dem Versandhandel die Apotheken vor Ort in ihrer Existenz bedrohe. Im Übrigen habe der EuGH exakt diese Argumentation in seiner Urteilsbegründung verworfen.

„Ich weise nochmals darauf hin, dass der Anteil des Versandhandels mit verschreibungspflichtigen Medikamenten weniger als 0,5 Prozent am Gesamtumsatz mit rezeptpflichtigen Arzneimitteln beträgt“, schreibt Lauterbach. Die wirtschaftliche Lage der allermeisten Apotheken sei gut. Unmittelbar nach Zulassung des Arzneimittelversandhandels 2004 sei ihre Zahl sogar angestiegen. Auch in den sechs anderen EU-Ländern, die den Rx-Versand erlauben, „war und ist kein ‚Apothekensterben‘ zu verzeichnen“.

Lauterbach weiter: „Dennoch sind die Sorgen der Apotheker nach dem EuGH-Urteil teilweise nachvollziehbar. Allerdings ist eine Reform des Apothekenhonorars mit besserer Bezahlung der wichtigen Beratungsleistung und der Notdienste wie wir sie vorschlagen sinnvoller als ein unzeitgemäßes Rx-Versandhandelsverbot.“

Zudem macht er einen Schlenker zu den Ärzten. Sie gäben den Apotheken eine Existenzgrundlage, insbesondere auf dem Land: „Wenn genügend Landärzte da sind, gibt es auch kein ‚Apothekensterben‘“, so Lauterbach. Entsprechende Lösungen für die ärztliche Versorgung im ländlichen Bereich seien bereits auf den Weg gebracht.

Reich gegen arm?

Wenige Tage später nutzte Lauterbach den aktuellen Armutsbericht der Bundesregierung als Argument gegen das Rx-Versandverbot. Dieser wird vor Veröffentlichung von der Regierung geprüft – dabei wurden offenbar kritische Sätze gestrichen. Laut „Berliner Zeitung“ auch einer, demzufolge Personen mit geringem Einkommen auf politische Partizipation verzichten, „weil sie Erfahrungen machen, dass sich die Politik in ihren Entscheidungen weniger an ihnen interessiert.“ Für Lauterbach ein Unding: „Es ist eine der wichtigsten Facetten von Armut: Der Arme hat keine Stimme.“ Zur Illustration führt er die Debatte über den Rx-Versandhandel an. „Der Druck der Apotheker ist sehr groß. Politiker der Union haben Angst vor einer Kampagne im Wahlkampf.“ Dabei könnten Patienten über den Versand die Zuzahlung von zehn Euro sparen. „Für viele Menschen ist das eine Menge Geld“, so Lauterbach: „Diese Ärmeren haben in der aktuellen Auseinandersetzung überhaupt keine Stimme.“ |

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