Gesundheitspolitik

Ist der G-BA legitimiert?

Erfolglose Verfassungsbeschwerde gegen Mindestmengen

BERLIN (ks) | Die demokratische Legitimation des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) wird immer wieder infrage gestellt. Die Befugnisse des Gremiums gehen weit und betreffen einen höchst sensiblen Bereich. Auch beim Bundesverfassungsgericht gibt es Zweifel – allerdings hatten die höchsten deutschen Richter bislang nicht die Gelegenheit, diese brisante Frage ­näher zu beleuchten. Nun ist abermals eine Verfassungsbeschwerde gescheitert, die für Klärung hätte sorgen können. (Beschluss des BVerfG vom 6. Oktober 2016, Az.: 1 BvR 292/16)

Dem Bundesverfassungsgericht lag die Verfassungsbeschwerde mehrerer Klinikbetreiber vor. Sie wandten sich gegen die vom G-BA eingeführte Mindestmenge von Versorgungsfällen bei der Krankenhausbehandlung von Früh- und Neugeborenen mit höchstem Risiko. 14 solcher Geburten muss eine Klinik aufweisen, um einen Vergütungsanspruch gegenüber der GKV zu erlangen. Sonst sei zu vermuten, dass die Qualität nicht gesichert sei.

Vor Gericht wollten die Klinikbetreiber feststellen lassen, dass diese Mindestmengenfestsetzung nichtig ist. Eines ihrer Argumente: Der G-BA sei nicht legitimiert, ­solche Regelungen zu treffen. Doch der Gang durch die Instanzen blieb erfolglos. Das Bundessozialgericht hielt den G-BA für hinreichend demokratisch legitimiert, um die entsprechende untergesetzliche Norm zu erlassen. Die Quintessenz des Urteils: Die Abwägung der Interessen der Krankenhäuser, uneingeschränkt „Level-1-Geburten“ zu versorgen, mit dem Interesse an einer besseren Versorgungsqualität für Patienten ergebe einen eindeutigen Vorrang der Qualitätssicherung.

Die Klinikbetreiber gaben sich ­damit nicht zufrieden. Sie legten Verfassungsbeschwerde ein, weil sie sich unter anderem in ihrer Berufsfreiheit verletzt sahen. Doch die Karlsruher Richter nahmen die Beschwerde nicht zur Entscheidung an. Die Klinikbetreiber hätten nicht hinreichend konkret dargetan, dass sie beschwerdebefugt sind. Soweit die Kliniken in kommunaler Trägerschaft betrieben werden, seien sie bereits nicht grundrechtsfähig. Doch vor allem hätten sie nicht hinreichend dargetan, dass sie in ihren Grundrechten verletzt sein könnten.

Weder hätten die Beschwerde­führer geltend gemacht, dass sie durch die Mindestmengenfest­setzung bereits einen konkreten Nachteil erlitten hätten, noch hätten sie substantiiert dargelegt, dass dies künftig absehbar ist. Die Richter monieren noch einiges mehr. Und kommen letztlich zu dem Schluss: „Nach allem ist eine Auseinandersetzung mit den inhaltlichen Argumenten der Beschwerdeführer, vor allem mit den durchaus gewichtigen Zweifeln an der demokratischen Legitimation des Gemeinsamen Bundesausschusses als Institution nicht veranlasst.“

Es ist nicht das erste Mal, dass das Bundesverfassungsgericht nicht bis zum wirklich spannenden Kern durchdringt, die Organisation des G-BA verfassungsrechtlich abzuklopfen. Doch es ist sicherlich auch nicht das letzte Mal, dass man es dazu auffordert. |

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