Gesundheitspolitik

Pharmaunternehmen spendet an Glaeske

200.000 Euro für die Versorgungsforschung – Glaeske versichert: keine Beeinflussung

BERLIN (hfd/az) | Der Arzneimittelversorgungsforscher vom Socium-Forschungszentrum an der Uni Bremen, Professor Gerd Glaeske, sorgte vergangene Woche für Schlagzeilen der besonderen Art. Von dem Pharmaunter­nehmen Neuraxpharm erhielt sein Institut – zunächst anonym – eine Spende von 200.000 Euro.

Eine Lokaljournalistin war über die anonyme Spende an die Uni gestolpert und hatte in einem Radiobeitrag darüber berichtet. Sie fand heraus, woher die Zuwendung kam – und Spenden von Pharmaunternehmen können schnell anrüchig wirken. Es folgte ein Interview der „taz“ mit Glaeske, in der er die Annahme der Spende ver­teidigte – und sich zugleich überrascht zeigte: „Wir haben vorher noch nie eine Spende bekommen“, sagte er. Dennoch hat Glaeske kein Problem, das Geld zu verwenden und versicherte auch gegenüber DAZ.online: „Eine Beeinflussung ist völlig abwegig.“ Erstaunt zeigte er sich, dass seine „pharmakritische Rolle“ in der öffentlichen Diskussion nicht berücksichtigt wurde. „Das hat mich schon etwas verstört“, erklärte Glaeske. Ohnehin arbeite seine Arbeitsgruppe nur in der Versorgungsforschung und mache „nie“ produktbezogene Forschung. „Das war der Grund, warum wir gemeint haben, dass es doch vertretbar ist, die Spende anzunehmen.“

Glaeske betonte ferner: „Wir haben mit der Firma nie irgendeinen Kontakt gehabt, weder gutachterlich noch persönlich.“ Wobei ihm anfangs „nicht klar“ war, dass die ihm gut bekannte Familie der Hexal-Gründer Andreas und Thomas Strüngmann hinter der Spende steckte, die gleichzeitig bis September Inhaberin von Neuraxpharm war: Mit deren Münchner Firma ATHOS Service GmbH habe er „sehr viele Kontakte“, räumt Glaeske ein. Die Strüngmanns hätten ihm schon vorher signalisiert, ihn unterstützen zu wollen – doch sei zunächst unklar gewesen, inwiefern dies realisierbar sei.

Für seine Forschung sei der 71-jährige Wissenschaftler dringend auf Drittmittel angewiesen, sagte er gegenüber DAZ.online: Aufgrund seiner Pensionierung erhalte er seit dem Jahr 2010 von der Uni nur noch eine halbe Sekretariats-Stelle sowie Mittel für die Ausrüstung gestellt, alle Ausgaben für Personal müsse er über Kassen, den Gemeinsamen Bundesausschuss oder weitere externe ­Organisationen und Unternehmen einnehmen. „Die Uni ruft zu solchen Spenden auf“, erklärte er.

Spende ohne Bedingungen

Auch sei die Zahlung weder an ihn persönlich noch an das Institutskonto gegangen, sondern auf das Spendenkonto der Uni. Gelder könne er nur abrufen, indem er entsprechende Anträge bei der Verwaltung stellt. Da normalerweise nur Projekte finanziert werden, sei die Spende willkommen gewesen: Sie helfe beispielsweise für Übergangszeiten, in denen Mitarbeiter neue Projektanträge schreiben. Die 200.000 Euro seien inzwischen „im Prinzip verbraucht“. In einer Verabredung mit den Spendern habe er sich nochmal bestätigen lassen, dass „keine Bedingungen an die Spende geknüpft wurden“. Den Anlass für die aktuelle Diskussion findet ­Glaeske in Ordnung, denn Transparenz sei ihm wichtig: Es müsse bei öffentlichen Einrichtungen klar sein, welche Spenden in welchem Umfang fließen. Nicht gut gelaufen sei jedoch, dass die Zahlung über 200.000 Euro als ano­nyme Zahlung aufgeführt wurde, was „eine ganze Reihe offener Fragen“ hinterlassen könne – er habe sich daher dafür eingesetzt, dass die Spender zwischenzeitlich beim Namen genannt wurden.

Weiter habe er nun den Vorschlag gemacht, dass zukünftig ein Gremium der Uni über die Annahme und Verwendung von Spenden entscheiden sollte – in öffentlicher Sitzung. Auch sollten seiner Ansicht nach in Zukunft keine anonymen Spenden mehr möglich sein, wie er gegenüber DAZ.online erklärte. |

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