Wirtschaft

Meldepflichten beseitigen Engpässe nicht

Expopharm-Eröffnung: Hersteller, Großhändler und Apotheker suchen Lösungen gegen Lieferengpässe

MÜNCHEN (ks) | Das Arzneimittelversorgungsstärkungsgesetz (AMVSG) und die Hoffnung, das Problem der Lieferengpässe in den Griff zu bekommen, standen in diesem Jahr bei den Gruß­worten zur Eröffnung der Expopharm im Mittelpunkt. Sie wurden von Vertretern der Pharmaverbände und des Großhandelsverbands Phagro überbracht.

Nach dem Pharmadialog waren die Erwartungen der Pharmaverbände groß. Doch der nun vorliegende Entwurf für das AMVSG enttäuschte sie. Unisono beklagten die Vertreter der Pharmaverbände die Verlängerung des Preismoratoriums bis 2022. Schon seit 2010 sind die Preise auf dem Niveau von 2009 eingefroren.

Han Steutel, Vorstandsvorsitzender des Verbands forschender Pharma-Unternehmen (vfa), nahm zudem die geplante Vertraulichkeit der Erstattungsbeträge in den Fokus, deren genaue Regelung noch in den Sternen steht. Auch die Apotheker müssten ein Interesse daran haben, dass die zwischen Herstellern und Kassen ausgehandelten Preise nicht mehr ­öffentlich gelistet werden. Derzeit könnten auch die Parallelexporteure sehen, dass die AMNOG-Arzneimittel in Deutschland oft günstiger sind als in den europäischen Nachbarländern. Sie kauften diese Arzneimittel auf und exportierten sie ins Ausland – samt deutschen Rabatten. „Das ist für uns Hersteller ein Problem – das ist für Sie ein Problem – das ist natürlich ein Problem für die ­Patienten“, so Steutel.

Auch der Phagro-Vorsitzende Dr. Thomas Trümper sprach diese Exporte an. Aus seiner Sicht muss sich der Gesetzgeber über diese – im Übrigen legalen – Konsequenzen nicht wundern. Freier Warenverkehr und nationale Marktabschottung funktionierten nicht gemeinsam. Parallel- und Reimporte gehörten zum System. Trümper: „Die nach Deutschland importierten Arzneimittel kommen nicht vom Mond. Und vice versa sieht es genauso aus.“ Er versprach mehr Transparenz. Künftig wolle man dokumentieren lassen, wie die Warenströme laufen.

Wolfgang Späth, Vorsitzender von Pro Generika, sprach das Problem der Engpässe aus Sicht der Generikahersteller an. Und da sieht er durchaus positive Ansätze im AMVSG. Zum Beispiel, dass durch die Vorgabe einer 6-Monatsfrist zwischen Zuschlägen bei Rabattverträgen und In-Kraft-Treten derselben den Unternehmen ge­nügend Zeit für Produktion und Aufbau von Lagerbeständen ein­geräumt wird. Laut Späth ist es „das erste Mal, dass in der gesamten Debatte über Engpässe an deren Ursachen angesetzt wird“. Bislang drehten sich die Forderungen vor allem um die Informationen über Engpässe und weitere Meldepflichten. Weitere Informationen müssten zwar verfügbar sein, sagte Späth – doch die Engpässe würden mit ihnen nicht beseitigt. Einen Wunsch hat er noch für das AMVSG: Die Mehrfachvergabe bei Rabattverträgen will er hier verankert sehen. Eine Forderung, die auch die Apotheker mittragen.

BAH: Die Kernkompetenz nicht vergessen!

Jörg Wieczorek, Vorstandsvorsitzender des Bundesverbandes der Arzneimittel-Hersteller e. V. (BAH), begrüßte zudem das geplante Vergütungsplus für Apotheker. Schließlich hätten diese „über die Jahre einen tollen Job gemacht“. Aber Wieczorek hatte auch ein wenig Kritik im Gepäck. Voraus­geschickt, dass sich der BAH stets für die Stärkung der Apotheken und die Erhaltung der Apothekenpflicht bei rezeptfreien Arzneimitteln ausgesprochen habe, sieht er den Umgang mit OTC in Apotheken mit Sorge. Er habe den Eindruck, „dass viele Apotheker heilberuflich denken, aber kaufmännisch handeln“. Vor Augen hat er dabei Preisaktionen und „Schüttenschlachten“ in den Offizinen der Apotheken, die mehr und mehr Drogerien ähneln. „Was wir gar nicht brauchen in der Apotheke, ist ein digitaler Bilderwald bis hin zur Sichtwahl.“ Wieczorek: „Shopping-Erlebnisse sollte man den Kunden von Supermärkten oder Kaufhäusern überlassen.“ Stattdessen müsse der Patient im Fokus stehen – und sein Anspruch auf eine qualitativ hochwertige, fachlich kompetente Beratung. Darin liege die Kernkompetenz der Apotheker, ihr Alleinstellungsmerkmal. „Mit diesem Pfund sollten Sie viel mehr wuchern.“ Das klappe am besten mit Arzneimitteln, deren Anwendung einer Erklärung bedarf. Jeder Arzneimittel-Switch stärke in diesem Sinne die Beratungskompetenz. Wieczoreks Appell: „Denken Sie kaufmännisch und handeln Sie heilberuflich! Der Patient wird es Ihnen danken!“ |

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