Gesundheitspolitik

Margendeckel gegen Mondpreise?

Vertrauliche Erstattungsbeträge: GKV warnt vor mehr Geld für Apotheken und Staat

BERLIN (jb/ks) | Die Erstattungsbeträge von Arzneimitteln sollen künftig nicht mehr öffentlich gelistet werden. Was bedeutet das? Der GKV-Spitzenverband fürchtet jedenfalls schon Mehrausgaben für die Kassen. Und die „Süddeutsche Zeitung“ machte dazu in der vergangenen Woche eine Rechnung auf.
© Kai Felmy

Die zwischen GKV-Spitzenverband und Pharmaherstellern ausgehandelten Erstattungsbeträge für Arzneimittel sollen künftig nicht mehr öffentlich gelistet werden. Das hat die Politik der Industrie beim Pharmadialog zugesichert. Bei Rabattverträgen ist das schon der Fall. Was hier tatsächlich bezahlt wird, bleibt ein Geheimnis.

GKV-Spitzenverband fürchtet Mehrkosten

Doch wie soll es künftig mit den Erstattungsbeträgen laufen? Hier geht es den Firmen um die Referenzwirkung ihrer Preise, also die Strahlkraft in andere Länder, die ihre Preise – unter anderem – an den deutschen orientieren.

Der GKV-Spitzenverband fürchtet nun Mehrkosten. Dabei geht er davon aus, das der Listenpreis, also der „Mondpreis“ den die Hersteller festsetzen, dann als Berechnungsgrundlage unter anderem für die Umsatzsteuer und das Apothekenhonorar dient.

Zu den Auswirkungen auf das Apothekenhonorar stellte die SZ hierzu am vergangenen Donnerstag folgende Rechnung an: „Der Apotheker erhält für seine Arbeit einen Zuschlag von drei Prozent auf den Abgabepreis des Herstellers. Kostet das Medikament also 300 Euro, nimmt er neun Euro ein. Ist nun ein Mondpreis von 600 Euro die Grundlage für die Kalkulation, steigen die Einnahmen des Apothekers auf 18 Euro.“ Beim Großhandel sei der Mechanismus ähnlich.

Und weiter heißt es im SZ-Beitrag: „Schlimmer noch, der Preis des Herstellers ist auch die Grundlage für die Umsatzsteuer, die auf das Medikament zu entrichten ist. Auch der Staat würde durch die Regelung also mehr einnehmen als vorher.“ Führt man die gleiche Beispielrechnung, die der SZ-Redakteur mit dem Apothekenhonorar gemacht hat, mit der Umsatzsteuer, also den Mehreinnahmen für die Staatskasse durch, werden die Zahlen tatsächlich beeindruckender. Die Umsatzsteuer für Arzneimittel liegt in Deutschland bei 19 Prozent. Bei einem Präparat für 300 Euro fallen demnach 57 Euro an, bei einem für 600 das Doppelte.

Stackelberg: Apotheken­marge soll gedeckelt werden

Der Vize-Chef des GKV-Spitzenverbandes Johann-Magnus von Stackelberg sieht die Mehrkosten für die GKV im Bereich mehrerer Millionen Euro, heißt es in der SZ. Von Gesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) fordert er Konsequenzen. Die Stellschraube an der drehen will, ist die Apothekenmarge. Sie soll gedeckelt werden. Sie hätte mit derzeit drei Prozent aber allerdings nicht den größten Anteil an den befürchteten Mehrkosten für die GKV.

Wie geheim ist der Listenpreis?

Aber noch ist ohnehin unklar, wie geheim der nicht öffentliche Listenpreis am Ende wirklich ist. Im Pharmadialog wurde vereinbart, dass der rabattierte Erstattungs­betrag auch künftig denjenigen Institutionen des deutschen Gesundheitswesens zur Verfügung stehen soll, „die ihn zur Erfüllung ihrer gesetzlichen Aufgaben benötigen“. Gesundheits-Staatssekretär Lutz Stroppe hat unlängst erklärt, für wen der echte Preis unter anderem wichtig sein wird: Nicht nur für den Staat, wegen der Umsatzsteuer, sondern auch für PKV, Beihilfe – und natürlich die Apotheken. |


Lesen Sie dazu auch den Kommentar "Projekt Mondpreis" in dieser AZ-Ausgabe.

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