Gesundheitspolitik

Kommentar: „Projekt Mondpreis“

Benjamin Wessinger, Chefredakteur der AZ

Unter diesem Titel berichtete die Süddeutsche Zeitung (SZ) am 14. Juli über das Vorhaben der Regierung, die tatsächlichen Erstattungsbeträge für Arzneimittel zukünftig nicht mehr in „offiziellen Listen“ zu veröffentlichen. Ausgewiesen werden soll „nur noch der Preis, den die Unternehmen gerne für ihre Medikamente hätten, der Mondpreis sozusagen“ (s. auch „Margendeckel gegen Mondpreise“ in dieser AZ auf S. 8).

Laut SZ hat der GKV-Vize Johann-­Magnus von Stackelberg dieses Entgegenkommen der Regierung gegenüber den Herstellern (die ihren Referenzpreis für die Preisfestsetzung in anderen Ländern schützen wollen) zum Anlass genommen, um eine Deckelung des prozentualen Anteils der Apothekervergütung zu fordern. Richtig ist: wenn der Apotheker den tatsächlichen Erstattungsbetrag nicht kennt, dann muss er seinen 3-prozentigen Aufschlag zwangsläufig auf der Grundlage des „offiziellen“ Preises berechnen. Im Beispiel des SZ-Artikels steigt die Einnahme des Apothekers dadurch von 9 auf 18 Euro, wenn zukünftig statt des Erstattungsbetrags von 300 nur noch der Listenpreis von 600 Euro bekannt ist.

Was dabei übersehen wird: Der Apotheker muss ja auch tatsächlich 600 Euro an den Großhändler zahlen. Seine Finanzierungskosten, das Lagerrisiko – kurz, all das, was mit den 3 Prozent abgedeckt werden soll – beziehen sich also auf 600 Euro.

Eine Deckelung des Packungshonorars hätte jedenfalls eine weitere Verschärfung der Hochpreiserproblematik zur Folge. Die für so teure Produkte sowieso schon geringe Marge würde oberhalb des Deckels praktisch bedeutungslos. Und das für ein Einsparvolumen von maximal 3 Prozent!


Dr. Benjamin Wessinger

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