Gesundheitspolitik

Werbeversprechen müssen belegt sein

Gericht untersagt Werbung für Komplex-Arzneimittel von Hevert

BERLIN (hfd) | Werbeversprechen zu rezeptfreien Arzneimitteln sind im Regelfall zulässig, wenn sie gesicherter wissenschaftlicher Erkenntnis entsprechen. Wie weit darf vor diesem Hintergrund die Werbung für homöopathische Komplexarzneimittel gehen? Damit hatte sich unlängst das Oberlandesgericht (OLG) Koblenz zu befassen.

In dem Verfahren ging es um Sinusitis Hevert® und Calmvalera Hevert®. Die Wettbewerbszentrale war gegen zwei Anzeigen für die Produkte vorgegangen, da die Werbeaussagen aus ihrer Sicht nicht durch Studien gedeckt waren. Hevert hatte geworben, Sinusitis® helfe „schnell und effektiv“ sowohl bei akutem Schnupfen als auch bei chronischer Sinusitis und wirke „abschwellend, entzündungshemmend und regenerierend auf die Nasenschleimhaut“. Laut der betreffenden Anzeige löse es auch festsitzenden Schleim und lindere Begleiterscheinungen wie Zerschlagenheit oder Kopfdruck. Bei Calmvalera® wurden die Aussagen bemängelt, es fördere „Gelassenheit und Ruhe“ wie auch die Selbstheilungskräfte.

Sinusitis® und Calmvalera® sind vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) zugelassen, sodass – anders als bei nur registrierten homöopathischen Präparaten – Anwendungsgebiete angegeben werden dürfen. Das Landgericht Bad Kreuznach hatte die Klage auf Unterlassung der Werbeversprechen abgewiesen, da nach seiner Ansicht die Aussagen durch die Zulassung abgedeckt sind. Dies sieht das OLG in seiner Entscheidung vom 27. Januar 2016 anders. Es untersagte die Werbung mit den beanstandeten Aussagen weitgehend. „Nach Auffassung der Richter ist die Werbung teils irreführend, weil die behauptete therapeutische Wirkung der Präparate vom zugelassenen Anwendungsgebiet nicht umfasst und auch nicht durch eine wissenschaftliche Abhandlung zweifelsfrei nachgewiesen sind“, schreibt das Gericht in einer Pressemitteilung.

So seien weder die „schnelle“ Wirkung noch die „regenerierende Wirkung des Produkts auf die Nasenschleimhaut“ von der Zu­lassung des BfArM gedeckt. Sie hätten vom Hersteller auch nicht durch wissenschaftliche Studien nachgewiesen werden können. Laut OLG kann hingegen mit Aussagen geworben werden, die sich aus der Zulassung beim BfArM ergeben. Da Sinusitis® gegen Entzündungen des Hals-Nasen-Rachenraumes und der Nasennebenhöhlen zugelassen ist, dürfe Hevert damit werben, es helfe bei Begleiterscheinungen wie Zerschlagenheit, Nies- und Juckreiz sowie Kopfdruck. Habe ein Prä­parat die Hürde der Zulassung durch das BfArM genommen, dürfe „grundsätzlich davon ausgegangen werden, dass die sich auf das zugelassene Anwendungsgebiet beziehenden Wirkungsangaben dem gesicherten Stand der Wissenschaft zum Zeitpunkt der Zulassung entsprechen“.

Als irreführend bewertete das Gericht hingegen die Aussage, ein Arzneimittel helfe bei der „Förderung der Selbstheilungskräfte“, wenn dies nicht explizit Teil der Zulassung ist. Calmvalera® ist für nervöse Störungen wie Schlafstörungen und Unruhe sowie Verstimmungszustände zugelassen. Damit steht die Förderung der Selbstheilungskräfte nach Ansicht des Gerichts in keinem ursächlichen Zusammenhang. Eine wissenschaftliche Absicherung dieser Aussage gelang Hevert im Laufe des Verfahrens nicht – und auch die Behauptung, es sei allgemein bekannt und anerkannt, dass homöopathische Arzneimittel die Selbstheilungskräfte aktivieren, sei „bislang wissenschaftlich nicht belegt worden“, so die Richter.

Das OLG hat die Revision nicht zugelassen. Der Hersteller kann jedoch noch Nichtzulassungsbeschwerde beim Bundesgerichtshof einlegen. |

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