Gesundheitspolitik

Wackelt das Anti-Korruptionsgesetz?

Gesundheitspolitiker sehen neue Pläne der Rechtspolitiker kritisch

BERLIN (hfd/ks) | Die von Rechtspolitikern der Union und SPD verkündete Einigung beim Anti-Korruptionsgesetz stößt auf Kritik – bei der Opposition, aber auch bei SPD-Gesundheitspolitikern. Geht es nach dem zuständigen Berichterstatter im Rechtsausschuss, dem CDU-Abgeordneten Jan-Marco Luczak, soll der deutlich modifizierte Gesetzentwurf diese Woche Mittwoch im federführenden Rechtsausschuss abgesegnet und möglichst schon am nächsten Tag vom Parlament in erster Lesung beschlossen werden. Doch es kommt Widerspruch – etwa vom Vorsitzenden des Gesundheitsausschusses, Edgar Franke (SPD). Ihm missfällt, dass der Verweis auf die berufsrechtliche Pflicht zur heilberuflichen Unabhängigkeit gestrichen werden soll. Darauf hatten sich Rechtspolitiker der Großen Koalition vor Ostern überraschend verständigt. Vor allem an diesem Passus hatten sich Experten in der ­öffentlichen Anhörung zum Gesetzentwurf gestoßen, weil er angesichts der vielen unterschiedlichen Berufsordnungen zu unbestimmt sei.

Franke pocht auf Patientenschutz

Nach den Plänen der Rechtspoli­tiker, für die inzwischen ein Änderungsvorschlag vom Justizministerium vorliegt, sollen zudem Apotheker weitgehend von den neuen Straftatbeständen der Bestechung und Bestechlichkeit im Gesundheitswesen ausgenommen werden: Die Abgabe und der Bezug von Arzneimitteln sollen nämlich als Kriterium fast vollständig verschwinden. Es soll nur noch der Bezug von Arznei- und Hilfsmitteln oder Medizinprodukten potenziell strafbar sein, die unmittelbar durch den Heilberufsangehörigen oder seinen Helfer angewandt werden. Damit würden Skonti oder Rabatte, die Apotheker beim Bezug von in der Apotheke abgegebenen Arzneimitteln erhalten, strafrechtlich unkritisch bleiben.

Edgar Franke hat vor allem Bedenken, weil der Bezug auf die „berufsrechtliche Pflicht zur Wahrung der heilberuflichen Unabhängigkeit“ fallen soll. „Das Schutzgut Patientenschutz gehört in das Gesetz“, sagte er auf Anfrage von DAZ.online. Seiner Einschätzung nach ergibt sich daraus die Gefahr, dass Bereiche nicht erfasst werden, die nicht unter den – weiterhin vorgesehenen – Wettbewerbstatbestand fallen. „Wenn man den Verweis auf die berufsrechtlichen Pflichten streichen will, müsste man sicherstellen, dass der Patientenschutz umfassend gewährleistet wird“, so Franke. „Der hat aus meiner Sicht höchste Priorität.“

Vonseiten der Opposition wird es Zustimmung zu Frankes Forderungen geben. „Für uns ist nicht nachvollziehbar, dass die Koalition das selbst erklärte Ziel aufgeben will, neben dem fairen Wettbewerb auch das Vertrauen der Patienten in die Integrität heilberuflicher Entscheidungen zu schützen“, sagt die gesundheitspolitische Sprecherin der Grünen, Maria Klein-Schmeink. „Es macht den Anschein, dass die Koalition mal wieder vor Lobbyinteressen einknickt“, sagt sie. „Dabei ist jeder Behandler, der sich an seine Berufsordnung hält, auf der sicheren Seite.“

Ähnlich sieht es die gesundheitspolitische Sprecherin der Linken, Kathrin Vogler: „Vom eigentlichen Zweck, Patientinnen und Patienten zu schützen, sind wir jetzt weiter entfernt denn je“, sagt sie. Die weitgehende Herausnahme der Abgabe und des Bezugs von Arzneimitteln und Medizinprodukten sprenge die Systematik des ganzen Gesetzes, welches eigentlich alle Bereiche des Gesundheitswesens umfassen sollte.

Luczak verteidigt Änderung

Zu einem anderen Schluss kommt Berichterstatter Luczak: „Wir wollen den fairen Wettbewerb im In­teresse der Patienten und eines bezahlbaren Gesundheitswesens schützen.“ Preisnachlässe seien üblich und zulässig. „Wir wollen, dass diese auch weiterhin straffrei möglich sind, weil hier zum Wohle der Versichertengemeinschaft Kosten gespart werden“, argumentiert Luczack. Mit dem Kabinettsentwurf wäre ein rechtlich unsicherer Graubereich entstanden, in dem politisch gewünschte Rabatte möglicherweise als Korruption zu werten gewesen wären. „Dies wollten wir unbedingt vermeiden“, sagt der CDU-Politiker. Wenn Arzneimittel oder Medizinprodukte unmittelbar am Patienten angewandt werden, sieht er hingegen das Vertrauen der Patienten in besonderer Weise tangiert – daher solle dies strafwürdig bleiben. „Diese unmittelbare Anwendung am Patienten findet bei Apothekern allerdings in der Regel nicht statt“, sagt er.

Klar sei aber auch: „Für Apotheker entsteht durch die vorgesehene Änderung kein rechtsfreier Raum“, so der Unionspolitiker. Auch Apotheker machen sich wegen Bestechung strafbar, wenn sie etwa einem Arzt Vorteile dafür versprechen, dass dieser seine Patienten in eine bestimmte Apotheke schickt. Und: Wie bisher können Verstöße gegen Preis- und Rabattvorschriften von Apothekern als Ordnungswidrigkeit nach dem Heilmittelwerbegesetz, als Verstoß gegen das Apothekengesetz oder auch wettbewerbsrechtlich geahndet werden.

Luczack rechnet damit, dass das Gesetz schon nächste Woche Donnerstag oder Freitag im Bundestag verabschiedet werden kann. Hierzu soll es bereits kommenden Mittwoch im Rechtsausschuss verhandelt werden. Offensichtlich wollen die Rechtspolitiker die erzielte Einigung schnell in trockene Tücher bringen, doch bleibt abzuwarten, ob die an den aktuellen Änderungen nicht beteiligten Gesundheitspolitiker ihren Coup noch durchkreuzen. |

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