Aus den Ländern

Seitenpfade in der Pharmazie

Arzneimittel der besonderen Therapierichtungen

Auf „Seitenpfade in der Pharmazie“ begaben sich die Teilnehmer der pharmaziehistorischen Herbst­tagung, die am 10. und 11. Oktober in Schwäbisch Gmünd stattfand.
Foto: DGGP

Referenten und Organisatoren der Herbsttagung (v. l.): Prof. Dr. H. P. T. Ammon, Birgit Matuschek, Prof. Dr. Michael Mönnich, Michael Opitz, Barbara Scheffold, Prof. Dr. Marcus Plehn und Prof. Dr. Jürgen Reichling.

Prof. Dr. Marcus Plehn von der ­Deutschen Gesellschaft für Geschichte der Pharmazie (DGGP) eröffnete die ­Tagung mit dem Dank an die Firma Weleda und an die Landesapothekerkammer Baden-Württemberg als Gastgeber bzw. Unterstützer der Veranstaltung. Barbara Scheffold von der Weleda AG begrüßte die Teilnehmer mit einigen grundlegenden Informationen über die Firma. Oberbürgermeister Richard Arnold stellte die positiven Auswirkungen der Landesgartenschau im letzten Jahr auf die Entwicklung der Stadt heraus. So konnte damals auch das Gelände des Weleda-Heilpflanzengartens beträchtlich erweitert werden.

Arzneimittelfindung in ­Anthroposophie und Ayurveda

Prof. Dr. Jürgen Reichling erläuterte die Besonderheiten der anthroposophischen Pharmazie. Er stellte das anthroposophische Konzept der Evolutionslehre, der Wesensglieder des Menschen und der Arzneimittelfindung dar. Nach Rudolf Steiner besteht zwischen Mensch und Natur eine erkennbare Wesensverwandtschaft. Deshalb werden anthroposophische Arznei­mittel aufgrund ihrer Entsprechungen mit den erkrankten Organen oder bestimmten Krankheitssymptomen ausgewählt. Die anthropo­sophische Arzneimittelfindung unterscheidet sich dabei grundlegend von der Homöo­pathie, auch wenn ähnliche Ausgangsstoffe oder Herstellungsverfahren wie die Potenzierung verwendet werden. Einige spezielle Verfahren werden nur bei der Firma Weleda praktiziert, z. B. die Vegetabilisierung von Metallen. Wie dies geschieht, wurde am nächsten Tag im Weleda Heilpflanzengarten demonstriert.

Prof. Dr. H. P. T. Ammon führte in die ayurvedische Medizin ein. Ayur-Veda, frei übersetzt „das heilige Wissen von der hundertjährigen Lebensspanne“, ist eine traditionelle indische Therapierichtung, die ebenfalls Mikrokosmos-Makrokosmos-Analogien postuliert. Krankheitsbilder, die laut Ammon erfolgversprechend mit Ayurveda behandelt werden können, sind Hauterkrankungen, Erkältungen, psychosomatische Beschwerden und Störungen des Magen-Darm-Traktes.

Von der Homöopathie zur ­Phytotherapie

Michael Opitz referierte über die Geschichte des Arzneipflanzenanbaus der Firma Schwabe. Der Firmengründer Dr. Willmar Schwabe in Leipzig bevorzugte noch Wildsammlungen für seine pflanzlichen Arzneimittel. Im weiteren Verlauf der Firmengeschichte wurden allerdings immer mehr Arzneipflanzen angebaut. Nachdem die Firma Schwabe die DHU als Homöo­pathikabetrieb ausgegliedert hatte, positionierte sie sich als Phytopharmakahersteller. Dafür benötigte sie neue, größere Anbauflächen, die sich heute in Staffort bei Karlsruhe befinden. Früh befasste sich die Firma auch mit den negativen Begleiterscheinungen der Wildsammlung von Arzneipflanzen. Ökologie und Nachhaltigkeit wurden deshalb Bestandteile der Firmenkultur, was sich auch in der kürzlich erfolgten Umbenennung des Arzneipflanzenanbaus in „Terra medica“ ­widerspiegelt.

Im Anschluss an die Vorträge öffnete Apothekerin Birgit Matuschek die ­Türen ihrer „Apotheke an der Weleda“ für eine Besichtigung. Die Apotheke ist spezialisiert auf die Herstellung anthro­posophischer Rezepturarzneimittel. Matuschek gab interessante Einblicke in typische Herstellungsverfahren wie die Schütteltechnik oder die Berücksichtigung des Mondkalenders bei der Zubereitung von Silberpräparaten.

Am Sonntag stand die Besichtigung des Weleda Heilpflanzengartens auf dem Programm. „Sehen, riechen, anfassen, erleben“ – getreu dem Motto des Gartens rundete der Besuch die am Vortag gewonnenen theoretischen Erkenntnisse über die anthroposophische Medizin ab. |

Dr. Gabriele Beisswanger, Minden


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