Arzneimittel und Therapie

Verhütung zum Kleben

Lisvy®: Neues niedrig dosiertes Pflaster zur Kontrazeption

Die Anwendung von kombinierten oralen Kontrazeptiva dürfte eine der am häufigsten genutzten Verhütungsmethode sein. Daneben gibt es natürlich noch weitere Optionen. Mit Lisvy® wird das Spektrum nun um ein niedrig dosiertes Kontrazeptivum in Form eines transdermalen Patches erweitert. 

Das transdermale Pflaster zur hormonellen Kontrazeption stammt vom Pharmaunternehmen Bayer Healthcare, das mit Gedeon Richter eine Lizenz- und Vertriebsvereinbarung abgeschlossen hat. Im Rahmen einer vom Hersteller unterstützten Pressekonferenz wurde es vorgestellt.

Lisvy® enthält 2,1 mg Gestoden und 550 µg Ethinylestradiol, innerhalb von 24 Stunden werden 60 µg Gestoden und 13 µg Ethinylestradiol freigesetzt. Die systemische Exposition entspricht der täglichen Anwendung eines kombinierten oralen Kontrazeptivums mit 60 µg Gestoden und 20 µg Ethinylestradiol und liegt damit im Bereich einer niedrig dosierten Mikropille. Das Patch ist 11 cm2 groß, hat einen Durchmesser von 3,7 cm und ist transparent und dünn. Der Kleber besteht aus Kolophoniumester, einem Polyacrylkleber, der für eine gute Haftfähigkeit des Pflasters sorgen soll. In dem transdermalen Matrixpflaster, das aus fünf Lagen besteht, sind die Wirkstoffe in einer Wirkstoffmatrix eingebettet.

Das Zweite auf dem Markt

Lisvy® ist nicht das einzige Transdermalpflaster zur Verhütung: Im Jahr 2002 wurde das Verhütungspflaster Evra® von Janssen Cilag zugelassen. Dieses enthält 6 mg Norelgestromin und 600 µg Ethinylestradiol. Aus dem 20 cm2 großen, hautfarbenen Matrixpflaster, das aus drei Schichten besteht, werden pro Tag 203 µg Norelgestromin und 33,9 µg Ethinylestradiol freigesetzt. Die systemische Exposition entspricht laut Angaben auf der Pressekonferenz der täglichen Anwendung einer Pille mit 203 µg Norelgestromin und 33,9 µg Ethinylestradiol. Somit ist – neben einem anderen Gestagen – die Ethinylestradiol-Konzentration bei diesem Präparat höher.

Wöchentliche Anwendung

Ein Patch wird alle sieben Tage entweder auf den Bauch, das Gesäß oder auf die Außenseiten der Oberarme geklebt. Die Haut sollte sauber, trocken, intakt, gesund und vorzugsweise unbehaart sein. Nach drei Wochen folgt eine einwöchige pflasterfreie Pause, in der die Entzugsblutung eintritt. Beim Pflasterwechsel – selbstverständlich darf immer nur ein Pflaster getragen werden – sollte das neue Patch nicht auf die gleiche Hautstelle geklebt werden. Angeraten wird außerdem, dass die Patientin das Patch jeden Tag auf korrekten Sitz kontrolliert. Wenn es nicht mehr richtig haftet, dann soll ein neues Patch verwendet werden. Das Pflaster ist offenbar widerstandsfähig: Baden, Duschen, Sport und Sauna bis hin zum Schwimmen im Meer sollen kein Problem darstellen. Daneben ist ein UV-/Sonnenschutz im Patch enthalten.

Wirksamkeit und Compliance gut

An der Zulassungsstudie, einer offenen Phase-III-Studie an 60 Studienzentren in sieben Ländern, nahmen 1631 Frauen teil, von denen 987 die Studie abgeschlossen haben. In die Auswertung zur Wirksamkeit und Sicherheit wurden die Daten aller Studienteilnehmerinnen einbezogen. Insgesamt wurden 13 Zyklen der Teilnehmerinnen (364 Tage) untersucht. Als primäres Studienziel wurde die kontrazeptive Wirksamkeit des Pflasters überprüft und als Pearl-Index angegeben. Dieser entspricht der Anzahl ungewollter Schwangerschaften pro 100 Frauen, die ein Jahr lang mit einer bestimmten Methode verhütet haben. Der unbereinigte Pearl-Index, der alle Schwangerschaften erfasst, lag insgesamt bei 1,19; bezogen auf die Daten aus europäischen Ländern bei 0,76. Der bereinigte Pearl-Index, bei dem Schwangerschaften bedingt durch Fehlanwendung herausgerechnet wurden, liegt insgesamt bei 0,81 und für europäische Länder bei 0,4. Sekundäre Studienziele umfassten das Blutungsmuster, die Zykluskontrolle, die Compliance sowie die Sicherheit. Es zeigte sich, dass bei nahezu allen Teilnehmerinnen Entzugsblutungen auftraten, die etwa drei Tage, nachdem das Patch entfernt wurde, begannen. Die Blutungsdauer war stabil, und die Stärke der Blutungen veränderte sich im Studienverlauf nicht. Dagegen reduzierte sich der Anteil der Anwenderinnen mit auftretenden Zwischenblutungen von 11,4% auf 6,8%. Bei der Anwendung des Pflasters konnte eine hohe Compliance bei den teilnehmenden Frauen beobachtet werden (Mittelwert: 97,9%).

Auch die Sicherheit des Präparates wurde unter die Lupe genommen: 1007 von 1631 Teilnehmerinnen (61,7%) berichteten über mindestens ein unerwünschtes Ereignis, bei 234 Frauen (14,3%) führte dies zum Stu­dien­abbruch. Das häufigste unerwünschte Ereignis waren Kopfschmerzen (9,5%), gefolgt von Hautreaktionen am Applikationsort (8,5%). In der Studie zeigte sich eine akzeptable Haftfähigkeit des Pflasters – lediglich bei 5,7% der Anwenderinnen kam es zu einer vollständigen Ablösung des Pflasters. |

Apothekerin Annette Lüdecke

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