DAZ/Schelbert

Deutscher Apothekertag 2015

Perfide Logik

Ein Kommentar von Thomas Müller-Bohn

Der DAV-Vorsitzende Fritz Becker vermittelte beim Apothekertag einen erhellenden Einblick in die politische Arbeit. Demnach wollen maßgebliche Kräfte in der Politik und bei Krankenkassen die Apotheker in ein Budget drängen.

Dr. Thomas Müller-Bohn, Redakteur der Deutschen Apotheker Zeitung

Der DAV-Vorsitzende Fritz Becker vermittelte beim Apothekertag einen erhellenden Einblick in die politische Arbeit. Demnach wollen maßgebliche Kräfte in der Politik und bei Krankenkassen die Apotheker in ein Budget drängen. Wenn das Apothekenhonorar als Budget festgelegt würde, könnte vielleicht einfacher über Steigerungen verhandelt werden, aber das Honorar pro Packung ergäbe sich dann erst aus der Division durch die Zahl der abgegebenen Packungen.

Auch wenn Becker dies nicht ausgeführt hat, lässt sich so mit nur wenig Fantasie eine perfide Logik in der jüngsten Verweigerungshaltung der Politik vermuten: Wenn den Apothekern lange genug die regelmäßige Anpassung des Festzuschlags nach einer leistungsgerechten Methode verweigert wird, werden sie irgendwann selbst um ein Budget betteln müssen, das dann relativ einfach regelmäßig angepasst werden könnte.

Ein solches Budget wäre das Ende für die Arzneimittelpreisverordnung in der GKV und für den letzten kaufmännischen Rest des Apothekers im Geschäft mit der GKV. Doch vor allem wäre es ökonomisch unsinnig. Denn der Zweck jedes Budgets ist der Anreiz, die erbrachten Leistungen zu begrenzen oder zumindest nicht ausufern zu lassen. Dies ist nur sinnvoll, wenn der Budgetierte einen Einfluss auf den Leistungsumfang hat. Ärzte beklagen, sie würden viele Behandlungen „umsonst“ erbringen, können aber in gewissen Grenzen steuern, wer welche Leistung erhält (so bedauerlich diese implizite Rationierung auch sein mag) und kurz vor Quartalsende die Praxis schließen. Apotheker müssen dagegen alle Rezepte beliefern, wie viele es auch sein mögen. Wer ein Budget für Apotheker fordert, hat deren Arbeit offenbar nicht verstanden. Denn Apotheker sind zwar Heilberufler, aber keine Leistungsverursacher. In Apotheken entstehen zwar Kosten, aber die zugrundeliegenden Entscheidungen werden nicht dort getroffen. Die Apotheken in ein Budget zu drängen, ergibt keinen geschickten Sparanreiz für das System, sondern wäre einfach nur Zechprellerei. Das komplette Mengenrisiko ginge auf die Apotheker über, bis ihnen irgendwann gnädigerweise eine Anpassung gewährt wird. Dieses Mengenrisiko zu tragen, ist aber die originäre Aufgabe einer Versicherung, hier der GKV. Die Apotheker hingegen sind bei Vorlage eines Rezepts zu einer definierten Leistung verpflichtet und darum kann nur dieser Vorgang die Grundlage ihrer Honorierung sein.

Im Nachhinein wird die Furcht vor einem Budget jene bestätigen, die noch immer den degressiven Aufschlägen von vor 2004 und ihrer soliden kaufmännischen Kalkulation nachtrauern. Doch für die Zukunft bleibt den Apothekern nur die Chance, die wirtschaftlichen Hintergründe ihrer Tätigkeit transparent zu machen und politisch für leistungsgerechte Anpassungen des Festzuschlags zu werben. Bis das wirkt, hilft nur Pragmatismus. Für leicht verständliche und einfach ­beschreibbare Leistungen lassen sich zusätzliche Honorare durchsetzen. Das hat der Notdienst bewiesen, das sollte bei Rezepturen und vorgeschriebenen Dokumentationen ebenso gelingen und dafür drängen sich noch mehr Ansätze auf. So erklärte NRW-Gesundheitsministerin Barbara Steffens bei der politischen Diskussion auf dem Apothekertag, wir würden über Sicherstellungs­zuschläge für Apotheken an Standorten mit gefährdeter Versorgung sprechen müssen. Tun wir das! Furcht vor der Ungleichbehandlung von Apotheken wäre die falsche Reaktion. Entscheidend ist nur, dass keine unterschiedlichen Abgabepreise mit Steuerungseffekten entstehen. Doch das Konzept des Nachtdienstfonds ist ein gutes Vorbild für weitere Zuschläge. Die ABDA sollte die Einladung aus NRW annehmen.

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