Feuilleton

Für mehr Respekt vor der Natur

Pflanzliche Naturprodukte und Rohstoffe in unserem Alltag

Was haben „Ein Streifzug durch das Periodensystem“ und „Wie Pflanzenprodukte unseren Alltag prägen“ miteinander zu tun? Es ist ein und derselbe, naturwissenschaftlich umfassend gebildete, kompetente, journalistisch geschickte Autor, der beide Bücher verfasst hat und sie lesenswert macht.

Schon im Vorwort wird die Frage beantwortet, warum Pflanzen die Basis aller anderen Lebensformen sind. Sie können mithilfe der Energiequelle Licht aus den anorganischen Modulen Wasser und Kohlendioxid eine Unzahl organischer Verbindungen synthetisieren, die auch zur Vielfalt der pflanzlichen Naturstoffe und zu brauchbaren Rohstoffen führen.

Darunter dominiert das Holz als weitaus häufigstes pflanzliches Naturprodukt. Beschrieben werden der Anbau, die Gewinnung, die Eigenschaften und die Verwendung von 36 Hölzern. Dabei erfährt man einige äußerst merkwürdige Details, z. B. dass Balsaholz dreimal leichter ist als andere Holzsorten oder dass sich Koalas ausschließlich von Eukalyptusblättern ernähren.

Wie zu erwarten, fehlt auch nicht das neben Bau- und Industrieholz wichtigste, aus Holz hergestellte Produkt, das Papier, in seinen verschiedenen Qualitäten.

Eine interne Alliteration bilden Torf, Kork und Kohle, womit natürlich die Holz- und Aktivkohle gemeint sind. Zu den Fasern zählen die Baumwolle, die Kokosfaser, der Flachs, der Hanf, die Bastfaser aus Chinagras (Ramie), die Jute und andere Haar- und Bastfasern.

Auch fast schon vergessene natürliche Materialien, die im Haushalt und der Chirurgie Einsatz fanden, wie Kapok oder Balata und Guttapercha werden beschrieben. Damit kommen wir von den Fasern zu den Elastomeren, worunter natürlich der Naturkautschuk den ersten Platz einnimmt.

Aus der Reihe der Hydrokolloide, die aus der modernen Lebensmittelindustrie als Verdickungsmittel nicht mehr wegzudenken sind, werden behandelt unter anderem Agar-Agar, Alginsäuren, Carrageen, Johannisbrotkernmehl, Guarmehl, Pektine und Tragant.

Die fetten Öle werden in trocknende und nicht trocknende unterschieden. Einen breiten Raum nehmen auch die etherischen Öle ein (kein Schreibfehler!). Man erfährt alles Wesentliche über pflanzliche Wachse und Harze bis hin zum fossilen Harz Bernstein. Zu den Gummen zählen unter anderem Asa foetida, Gummi arabicum, Myrrhe und Weihrauch.

Obwohl durch die Einführung der Chrom-Gerbung die pflanzliche Gerbung weitgehend verdrängt wurde, bilden die pflanzlichen Gerbstoffe ein nicht uninteressantes Kapitel. Dem vorgegebenen Umfang des Buches entsprechend fällt das Kapitel „Pflanz­liche Farbstoffe“ etwas mager aus.

Ihrer heutigen Bedeutung nach wird auf die pflanzlichen Energieträger ­eingegangen. Einige Schlagworte sind: Ethanol aus Futterreis, Holz­verzuckerung, Biodiesel aus Algen, Biogas, Holzvergasung.

Ausgenommen wurden die Nahrungspflanzen, die für sich alleine schon buchfüllend sind, und die pflanzlichen Arzneistoffe als ein spezieller Bereich.

Um es kurz zu machen, dieses Buch sollte jeder gelesen haben, der für sich in Anspruch nimmt, allgemein gebildet zu sein, und jenen empfohlen werden, die wissen möchten, welchen Einflüssen sie durch pflanzliche ­Naturstoffe ausgesetzt sind, die trotz der Vielzahl synthetischer Materialien heute immer noch umfangreiche Verwendung finden. |

Prof. Dr. rer. nat. Dr. h.c. Hermann J. Roth

Pflanzliche Naturstoffe - Wie Pflanzenprodukte unseren Alltag prägen

Lucien F. Trueb

Kartoniert, 189 S., 78 farbige Abbildungen, 24,80 Euro, ISBN 978-3-443-01084-3, Bornträger Stuttgart 2015

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