Zahnheilkunde

„Es kommt auf die richtige Technik an“

Was man beim Zähneputzen falsch machen kann und wie man vor allem die Zahnzwischenräume sauber hält, darüber sprachen wir mit dem Vizepräsident der Bundeszahnärztekammer Prof. Dr. Christoph Benz, München.

DAZ: Herr Professor Benz, für die tägliche Zahnreinigung steht inzwischen eine Vielzahl von elektrischen Zahn­bürsten zur Verfügung. Ist die Reinigung mit der Handzahnbürste „out“?

Benz: Das kann man so auf keinen Fall sagen. Entscheidend ist, dass die Zahnbürste richtig angewendet wird. Dann ist die Reinigung mit einer elektrischen und einer Handzahnbürste gleichwertig. Die richtige Handhabung kann allerdings mit einer elektrischen Zahnbürste einfacher sein, denn diese muss nur an den Zahn gehalten werden und führt dann die richtigen Putzbewegungen durch. Aber auch hier ist es notwendig, sich die Anleitung im Beipackzettel genau durchzulesen und zu befolgen. Wer sich unsicher fühlt, kann sich die korrekte Handhabung von seinem Zahnarzt zeigen lassen. Manchmal stehen auch Dokumentationsfilmchen auf youtube zur Verfügung. Der Gebrauch der Handbürste ist etwas schwieriger. Auch hier sollte man sich beraten lassen. Für die Dauer des Zähneputzens ist es im Übrigen unerheblich, ob manuell oder elektrisch gebürstet wird. Vielmehr hängt es wesentlich von der Zahl der zu putzenden Zähne ab. Zweieinhalb bis drei Minuten gilt als Richtwert für alle, die noch 32 Zähne im Mund haben.

Foto: Privat

Prof. Dr. Christoph Benz

DAZ: Wer sich für die elektrische Variante entscheidet, kann zwischen oszillierenden Zahnbürsten, Schall- und Ultraschallzahnbürsten wählen. Gibt es hier Kriterien, welche Variante für wen geeignet ist?

Benz: Da wird viel philosophiert. Die sogenannten Ultraschallzahnbürsten bewegen sich eigentlich nicht im Ultraschallbereich, sondern schwingen noch im hörbaren Bereich. Sie vollführen die geforderte Auswischbewegung, schwingen dabei aber so schnell, dass sie auch den Speichel in Schwingung versetzen. Dadurch sollen dann auch die Zahnzwischenräume besser gereinigt werden. Die „Schallschwinger“ führen die Bewegung etwas langsamer aus, reinigen aber ebenso gut. Genau so ideal ist die Teilkreisrotation. Studien zeigen keine großen Unterschiede zwischen den drei Varianten, obwohl manchmal der Eindruck entsteht, weil manche Firmen mehr Geld in Studien investieren. Letztlich entscheidend für den Putzerfolg ist auch bei den elektrischen Zahnbürsten, dass mit der richtigen Technik und Systematik gebürstet wird.

DAZ: Kann man beim Zähneputzen auch etwas falsch machen?

Benz:

Ja, vor allem mit der Handzahnbürste kann man das Zahnfleisch verletzen, wenn mit zu viel Druck geputzt wird. Starker Druck und falsche Technik können sogar zu einem Abtragen der Zahnsubstanz führen. Auch bei elektrischen Zahnbürsten ist das nicht ausgeschlossen. Manche verfügen deshalb über einen Drucksensor, der anzeigt, wenn der Druck zu groß ist. Man muss beim Zähneputzen viel weniger aufdrücken als häufig gedacht wird.

Zahnseide vs. Interdentalbürste

Zahnzwischenräume können am besten gereinigt werden, ­indem Zahnseide regelmäßig und korrekt angewendet wird. Gewachste und ungewachste Zahnseide reinigt gleichermaßen effektiv – gewachste Zahnseide soll besser durch enge Stellen gleiten, ungewachste soll gründlicher reinigen, da sie sich am Zahn etwas auffächert. Gewachste Seide ist leichter zu handhaben und wird oft von Anfängern genutzt. Praktische Halter für Zahnseide erleichtern die Anwendung. Zum Beispiel Mirafloss® interspace ist ein Zahnseidenhalter mit fluoridierter Zahnseide, eine einfache Möglichkeit bietet schon in einem Kunststoffhalter vorgespannte Zahnseide (Zahnpicks®, TePe® Mini Flosser™), da das Auffädeln mit den Fingern entfällt.

Foto: Christoph Hähnel – Fotolia.com

Für die Reinigung breiter Zahnzwischenräume bei Implantaten oder festsitzenden Spangen und Brücken gibt es eine Vielzahl von Produkten, z. B. dicke Flauschfäden mit Einfädler an beiden Enden (Curaprox® Bridge and Implant), Flauschfloss „von der Rolle“ (Miradent® Mirafloss Implant chx medium), die mit Chlorhexidin getränkt sind, vorgeschnittene Fäden mit Minz-­Geschmack (Oral-B® Pro-Expert Premium Floss Zahnseide) oder Spezial-Flauschfaden mit Aminfluorid/Zinnfluorid (meridol® special-floss).

Interdentalbürsten sehen aus wie kleine Bürsten zum Flaschenreinigen. Sie gibt es in vielen Formen und mit unterschiedlich starken Bürsten (z. B. TePe® Interdentalbürsten X-soft mit extra weiche Borsten), mit längerem oder kürzerem Griff (z. B. Elmex® Mix-Set Interdentalbürs­tenset mit kurzem Griff), gerade (Dr. Best®Interdentalbürste Starter-Set) oder gebogen (z. B. TePe® Angle™ mit gewinkeltem Bürstenkopf, Pic-Brush® Interdentalbürste).

DAZ: Besonders schwer sauber zu halten ist der Interdentalbereich. Was empfehlen Sie für die Reinigung?

Benz: Der Interdentalbereich ist tatsächlich besonders kritisch, weil sich dort bevorzugt Karies bildet, die oft lange unentdeckt bleibt und dann zu größeren Defekten führt. Er sollte deshalb regelmäßig gereinigt werden. Und auch hier gilt: egal wie, Hauptsache richtig. Die tägliche Anwendung von Zahnseide ist sinnvoll, aber schwierig. Kommt der Patient damit klar, sollte er bevorzugt eine ungewachste Zahnseide verwenden. Gewachste Zahnseide kann scharf wie ein Messer sein und den Zahn verletzten. Ungewachste Zahnseide fächert sich dagegen besser auf. Das Verletzungsrisiko ist geringer. Häufig ist Zahnseide besser zu handhaben, wenn sie in einen Bügel mit Griff eingespannt wird. Dann gelingt die Reinigung im Zahnzwischenbereich besser. Durchaus empfehlenswert sind auch Floss-Zahnseiden, bei denen Schaumstoff um den Faden gewickelt ist und der durch den Zahnzwischenraum gezogen werden kann. Das vermittelt oft ein besseres Reinigungsgefühl.

Eine sinnvolle Alternative sind Interdentalbürstchen. Wichtig ist, dass für jeden Zahnzwischenraum die richtige Größe verwendet wird. Dabei sollte eher das kleinstmögliche als das größtmögliche Bürstchen verwendet werden, da sonst das Risiko einer Zahnfleischverletzung groß ist. Es empfiehlt sich, mit dem Zahnarzt über die richtige Interdentalpflege zu sprechen. Er kann am besten entscheiden, welche Zahnzwischenräume wie gereinigt werden sollen und mit welcher Bürstengröße. Mundduschen und das Airfloss-System können die Reinigung der Zahnzwischenräume ergänzen. Ob sie die Zahnseide vollständig ersetzen, ist wissenschaftlich noch nicht geklärt.

DAZ: Wann ist eine Einbüschelbürste die richtige Option?

Benz: Für Einbüschelbürsten gibt es aus meiner Sicht keine zwingende Indikation. Sie wird gerne für die Reinigung von Brackets empfohlen. Diese lassen sich aber auch mit einer Zahnbürste – elektrisch oder manuell – reinigen. Auch hier ist es wichtig, keinen zu starken Druck auszuüben. Gleiches gilt für die Reinigung von Brücken. Einbüschelbürsten sind möglich. Aber auch Interdentalbürstchen funktionieren gut, ebenso wie Floss.

DAZ: Was sollte bei Patienten mit einer Parodontitis beachtet werden?

Benz: Auf keinen Fall sollten harte Bürsten verwendet werden. In Deutschland sind sie ohnehin weitgehend vom Markt verschwunden, weil man sie gar nicht mehr verwenden sollte. Aber beim Zahnbürstenkauf im Ausland muss man darauf achten. Bei Parodontitis sollte aber auch keine superweiche Zahnbürste verwendet werden, sondern eher eine mittelharte. Sie verletzt das Zahnfleisch nicht. Wenn es blutet, dann nur weil es entzündet ist. Und dann sollte man den Zahnapparat nicht schonen, sondern die Zähne richtig gut putzen. Grundsätzlich sehe ich keinen Unterschied in der Zahnpflege bei Patienten mit und ohne Parodontitis. Wichtig ist die gute, regelmäßige Pflege – besonders auch der Zahnzwischenräume.

DAZ: Etwa 16 Millionen Menschen in Deutschland haben ­einen herausnehmbaren Zahnersatz. Sind Reinigungstabletten genug der Pflege?

Benz: Reinigungstabletten wurden früher von den Zahnärzten verteufelt. Das ist heute nicht mehr so. Sie haben sicher eine desinfizierende Wirkung. Aber sie ersetzen nicht den „Geschirrspüler“, der die Prothese sauber macht. Voll- und Teilprothesen werden am besten einmal täglich mit einer weichen Zahnbürste gereinigt, und zwar an der Ober- und Außenseite, aber auch an der Innenseite, die gerne vergessen wird. Härtere Zahnbürsten können den empfindlichen Kunststoff schädigen. Als Reinigungsmittel kann Seife verwendet werden, die gut abgespült wird, oder auch eine Zahnpasta mit geringer Abrasivität oder eine spezielle Prothesenzahnpasta. Hinweisen sollte man den Patienten darauf, dass Prothesen sehr bruchgefährdet sein können. Sie sollten über dem Waschbecken gereinigt werden, das mit etwas Wasser gefüllt oder einem Handtuch ausgelegt wird. Fiele sie in das leere Waschbecken oder auf den Boden, könnte sie zerspringen. Wasser oder Handtuch im Waschbecken verhindern das.

DAZ: Professor Benz, herzlichen Dank für das Gespräch! |

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