Arzneimittel und Therapie

Chemotherapie bis zum Schluss?

Nutzen der Zytostatikabehandlung am Lebensende fraglich

Chemotherapien in den letzten Lebensmonaten sind keine Seltenheit. Neben sinnvollen Indikationen sind sie häufig Ausdruck von Machtlosigkeit und nicht reflektiertem Aktionismus. Doch wie wirkt sich dieses Vorgehen auf die Lebensqualität des Betroffenen aus? Eine Studie ­befasste sich mit dieser Frage.

In der Kohortenstudie wurde untersucht, welchen Einfluss eine chemo­therapeutische Behandlung auf die ­Lebensqualität schwerkranker Tumorpatienten mit unterschiedlichem Performancestatus aufweist. An der Studie nahmen 312 schwerkranke Krebspatienten mit unterschiedlichem Performancestatus (gut, moderat oder schlecht) teil, deren Lebenserwartung nur noch wenige Monate betrug. Rund die Hälfte von ihnen war trotz infauster Prognose weiterhin chemotherapeutisch behandelt worden. Anhand mehrerer Scores wurde unter Mithilfe der betreuenden Pflege postmortem die ­Lebensqualität des Verstorbenen während seiner letzten Lebensmonate ermittelt. Dabei zeigte sich, dass eine chemotherapeutische Behandlung nicht zu einer Verbesserung der Lebensqualität beitragen konnte. Im Gegenteil: Bei ­Patienten mit vergleichsweise gutem Allgemeinzustand verschlechterte die Behandlung die Lebensqualität, Patienten, die gesundheitlich bereits stark eingeschränkt waren, erfuhren keine Besserung durch die Therapie. Im Vergleich mit Patienten, die keine Chemotherapie mehr erhalten hatten, verschlechterte sich die Lebensqualität bei gutem Allgemeinzustand (ECOG Score 1) um rund 30% und blieb bei Patienten mit mäßigem oder schlechtem Allgemeinzustand (ECOG Score 2 und 3) ­ungefähr gleich.

Mit der Frage, wann eine Chemotherapie bei unheilbaren Tumorpatienten beendet werden sollte, befasst sich auch die Initiative Choosing wisely. Diese, 2011 in den USA gestartete Initiative fordert die offene Diskussion zwischen der Ärzteschaft, den Patienten und der Öffentlichkeit zum Thema Überversorgung. Aus verschiedenen Disziplinen werden Maßnahmen diskutiert, bei denen der Initiative zufolge eine Überversorgung besteht. Dieses Vorgehen wird derzeit unter dem Titel „Gemeinsam klug entscheiden“ auf deutsche Verhältnisse übertragen.

Ratschläge für Betroffene und Ärzte, wann eine Chemotherapie beendet werden sollte und welche palliativen Maßnahmen ergriffen werden können, finden sich unter http://www.choosingwisely.org/. |

Quelle

Prigerson H et al. Chemotherapy use, performance status, and quality of life at the end of life. JAMA Oncol, published online am 23. Juli 2015. Doi:10.1001/jamaoncol.2015.2378.

Apothekerin Dr. Petra Jungmayr

0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.