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Narkolepsie nach Pandemrix-Impfung

Schweinegrippe-Impfstoff sorgt noch Jahre nach seinem Einsatz für Gesprächsstoff

BERLIN (jz) | Bislang wurden dem Paul-Ehrlich-Institut aus Deutschland 53 Narkolepsie-Verdachtsfälle im zeitlichen Zusammenhang mit einer Pandemrix®-Impfung gemeldet. Das berichtet die Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesgesundheitsministerium, Ingrid Fischbach (CDU), in ihrer Antwort auf eine Kleine Anfrage der Linksfrak­tion. Der Impfstoff von GlaxoSmithKline kam im Winter 2009/10 zur Vorbeugung gegen die sogenannte Schweinegrippe zum Einsatz.
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Im Jahr 2009 hatte das als Schweine­grippe bekannt gewordene Virus H1N1 weltweit Angst vor einer Pandemie ausgelöst. In Deutschland empfahl die Ständige Impfkommission (STIKO) zunächst, sich durch Impfungen zu schützen. Die Bundesländer bestellten beim Hersteller GlaxoSmithKline (GSK) Millionen Dosen des neuen Impfstoffs – um letztlich auf einem Großteil der Kosten sitzenzubleiben. Denn am Ende wurde deutlich weniger gebraucht als zuvor angenommen. In einer Kleinen Anfrage wandten sich die Linken nun an die Bundesregierung und forderten Antworten. Unter anderem zu den Folgen der Impfungen, zumal frühzeitig eine Diskussion über die Sicherheit des Impfstoffs entbrannte.

Fischbach beschreibt Ablauf

Die Staatssekretärin fasst in ihrer Antwort zusammen: Am 24. September 2009 sprach der Ausschuss für Humanarzneimittel (CHMP) eine Empfehlung für Pandemrix® aus. Die EU-Kommission genehmigte am 1. Oktober 2009 die Zulassung. Angesichts der Informationen aus randomisierten, kontrollierten Studien, in denen lediglich lokale Nebenwirkungen beschrieben wurden, aber keine Hinweise auf mögliche schwere Nebenwirkungen, überwog für die STIKO der Nutzen die möglichen Risiken, weshalb sie eine Empfehlung aussprach. Erst im August 2010 seien erste Fälle von Narkolepsie in Schweden und Finnland berichtet worden, so Fischbach.

Keine endgültigen Zahlen

Die Linken forderten genaue Zahlen, wie viele Menschen in Deutschland im Zusammenhang mit der Pandemrix®-Impfung an der Schlafkrankheit erkrankten. Zwischen dem 1. Oktober 2010 und dem 10. August 2015 waren dies laut Fischbach 53. Von diesen gemeldeten 53 Fällen waren 27 Minderjährige und 26 Erwachsene. Bei den 17 Kindern und Jugendlichen, bei denen eine gesicherte Diagnose vorlag, traten die Symptome im Durchschnitt 160,4 Tage nach der Impfung auf. Bei den 15 Erwachsenen mit gesicherter Diagnose waren es im Mittel 194,4 Tage. Allerdings könne „die Vollständigkeit der gemeldeten Zahlen bei einem rein passiven Pharmakovigilanzsystem nicht eingeschätzt werden“, so Fischbach.

Auf die Frage, wie viele Fälle von Narkolepsie als Folge der Impfung anerkannt worden seien, erklärt die Staatssekretärin, dass die Zuständigkeit der Beurteilung und Anerkennung von Impfschäden bei den Versorgungs­ämtern der Länder liege. Eine zentrale, bundesweite Erfassung gebe es in Deutschland bislang nicht. Allerdings prüfe das Robert Koch-Institut derzeit eine Zusammenführung dieser Daten auf Landesebene. Damit sei aber nicht vor 2016 zu rechnen.

Im Hinblick auf eventuelle Entschädigungen wird betont, dass die Haftung nach dem Produkthaftungsgesetz und dem Arzneimittelgesetz nicht im Voraus ausgeschlossen oder beschränkt werden könne, wie es GSK beim Pandemrix®-Vertragsschluss 2007 nach Angaben der Linken tat. „Entgegenstehende Vereinbarungen sind nichtig“, betont Fischbach. Unter Umständen könnten Betroffene zudem Anspruch auf Versorgungsleistungen nach dem Gesetz zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten beim Menschen haben.

Linke fordern Entschädigung

Aus Sicht der Linken ist es ein „Skandal“, dass viele Menschen, denen durch die Pandemrix®-Impfung schwerste Erkrankungen zugefügt wurden, immer noch keine Entschädigungszahlungen erhalten haben. „Sie müssen umgehend und unbürokratisch entschädigt werden“, fordert Kathrin Vogler, Sprecherin für Arzneimittelpolitik und ­Patientenrechte der Linksfraktion im Bundestag. Nicht verstehen kann sie außerdem, warum trotz jahrelanger Forschungsarbeit, erst jetzt auffällt, dass noch immer keine zentrale bundesweite Erfassung von Impfschäden existiert. |

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