Viel zu tun!

Dr. Thomas Müller-Bohn, Redakteur der DAZ

In der vorigen Woche hat der BGH sein Urteil vom März begründet, nach dem die Arzneimittelpreisbindung nicht für Teilmengen in Blistern gilt – auch nicht für vorgelagerte Handelsstufen der zu verblisternden Ware. Das sehen die Richter wahrscheinlich weniger spektakulär, als es manchen Beobachtern erscheint. Denn formal betrachtet hat der BGH nur eine definierte Ausnahme bestätigt, die in einer Reihe mit bekannten Fällen wie Klinikware steht. Nun wird allerdings deutlich, wie dringend eine praktikable Honorierung für das Verblistern nötig ist. Dabei müssen Fehlanreize vermieden werden und die Verblisterung muss für kleine dezentrale und patientennahe Lösungen offen bleiben. Die Verblisterung angemessen zu honorieren, ist für die anbietenden Apotheken notwendig und wirkt zugleich als wichtiges politisches Signal für die Honorierung aller pharmazeutischen Dienstleistungen. Diese liegt im Interesse aller Apotheken und als ein Fall gehört dazu auch die Verblisterung. Umsonst oder zu einem symbolischen Preis zu verblistern, ist nicht nur wirtschaftlich untragbar, sondern auch wettbewerbsrechtlich bedenklich und wird mit den neuen Antikorruptionsregeln vollständig unhaltbar werden. Mit einem auskömmlichen Blisterhonorar dürften die Blister zudem teuer genug werden, dass kein wirtschaftlicher Anreiz entsteht, der die Preisbindung für Fertigarzneimittel aushebeln könnte.

Dass die ABDA das Blistern noch nicht offensiver angegangen ist, erscheint immerhin nachvollziehbar. Denn andere Themen betreffen weitaus mehr Apotheken. Außerdem lässt sich über Vor- und Nachteile des Blisterns durchaus streiten. Geringe Flexibilität, Entfremdung des Pflegepersonals von den Arzneimitteln und mögliche Inkompatibilitäten erscheinen problematisch. Doch gegenüber stark belastetem Pflegepersonal bieten Blister eine geringere Fehlerquote und die Nachfrage ist unbestreitbar. Das Thema lässt sich nicht mehr ignorieren und spätestens jetzt nach dem BGH-Urteil ist eine klare Position gefragt. Die größte Gefahr für das Gesamtgefüge der Preisbildung würde drohen, wenn die Lücke nicht durch eine allgemein akzeptierte Vertragslösung geschlossen wird.

Entscheidend ist, dass die Öffnungsklausel der Arzneimittelpreisverordnung nur analog zum ähnlichen Fall der Zytostatikazubereitungen verstanden werden kann. Ebenso wie dort muss die pharmazeutische Dienstleistung honoriert werden. Als Umgehungsmöglichkeit für die Preisbindung ergäbe die Regelung keinen Sinn. Denn nichts spricht dafür, dass der Verordnungsgeber seine klare Position selbst untergraben wollte. Der BGH hat erklärt, er sehe durch das Urteil nicht die Gefahr von Umgehungsmöglichkeiten, auch wenn er damit vielleicht die Fantasie einiger Marktteilnehmer unterschätzt. Doch Politik und Rechtsprechung haben gerade in jüngerer Zeit deutlich gemacht, wie ernst sie die Preisbindung verstehen. Die klaren Vorgaben für ausländische Versandapotheken sind ein deutliches Signal.

Als Fazit bleibt festzuhalten: Am Bekenntnis der Verantwortlichen zur Preisbindung hat sich nichts geändert, auch wenn nun möglicherweise neue Angriffe auf dieses Prinzip drohen. Daher gibt es viel zu tun, damit die schon lange bestehende Lücke nicht gefährlich wird. Eine praxisgerechte Honorierung für Verblisterungen ist längst fällig und auch andere pharmazeutische Dienstleistungen brauchen ein auskömmliches Honorar.

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