Prisma

„Image of the Year“

Radiodiagnostik und -therapie des Prostatakarzinoms

cae | Ein mit einem Radionuklid gekoppeltes Molekül könnte die Diagnostik und Therapie des Prostatakarzinoms wesentlich verbessern. Es hat schon Vorschusslorbeeren in Form von zwei Preisen bekommen.

Der am Deutschen Krebsforschungszentrum in Heidelberg (DKFZ) entwickelte Wirkstoff mit dem Arbeitsnamen DKFZ-PSMA-617 ist ein Derivat der ­Tetraazacyclododecan-tetraessigsäure (DOTA; s. Abb.). Mit seiner Summen­formel C49 H71 N9 O16 zählt es noch zu den „kleinen“ Molekülen. Durch seinen ­DOTA-Teil kann es zwei- oder drei­wertige Metallionen komplexieren, z. B. auch Radionuklide. Der restliche Molekülteil besitzt eine „peptidomimetische“ Struktur und bindet sehr selektiv an das Prostata-spezifische Membran­antigen (PSMA), ein Oberflächenprotein von Prostatakarzinomzellen. Nach Kopplung an den sehr kurzlebigen β‑Strahler Gallium-68 (Halbwertszeit 68 min) kann das Molekül als Radio­diagnostikum für die Positronen-­Emissions-Tomografie (PET) ver­wendet werden.

DOTA ist ein achtzähniger Chelator: Über die vier N-Atome und die vier OH-Gruppen kann er z. B. die dreiwertigen Kationen von Gallium, ­Lutetium und Actinium hervorragend binden.

Die Forschungsgruppe um Matthias Eder am DKFZ hat 68Ga-markiertes DKFZ-PSMA-617 zuerst in vitro an Prostatakarzinomzellen (LNCaP) ge­testet, danach an Mäusen, denen diese Zellen implantiert worden waren, worauf sie Prostatakarzinome entwickelt hatten. Schließlich wurde das radioaktive Molekül auch bei einzelnen Patienten angewendet: Eine Stunde nach der Injektion war es spezifisch im gesamten Tumorgewebe sowie in den Nieren und der Harnblase (Ausscheidungsorgane) angereichert und ergab hervorragende PET-Bilder, die international Beachtung fanden: Ein Doppelbild wurde Anfang Juni in Baltimore, USA, auf der Tagung der internationalen ­Gesellschaft für Nuklearmedizin und Molekulare Bildgebung (SNMMI) als „Image of the Year“ gewählt. Außerdem erhielt das Team um Eder dort den Berson-Yalow Award für Leistungen in der Nuklearmedizin.

DKFZ-PSMA-617 hat aber auch gute Chancen in der Endoradiotherapie, wenn es an Radionuklide mit etwas längerer Halbwertszeit gekoppelt wird. Im Universitätsklinikum Heidelberg hat das Team um den Nuklearmediziner Uwe Haberkorn bereits einige in­dividuelle Heilversuche an Patienten mit fortgeschrittenem Prostatakrebs durchgeführt. Als Radionuklid wurde dabei teils der β-Strahler Lutetium-177 (HWZ 6,7 Tage), teils der α-Strahler Actinium-225 (HWZ 10 Tage) verwendet. Nach der Applikation sank bei den meisten (177Lu) bzw. bei allen Patienten (225Ac) der PSA-Wert stark ab. |

Quellen: Benešová M, et al. Preclinical Evaluation of a Tailor-Made DOTA-Conjugated PSMA Inhibitor with Optimized Linker Moiety for Imaging and Endoradiotherapy of Prostate ­Cancer. J Nucl Med 2015;56:914-920. – DKFZ, Pressemeldung vom 22. 06. 2015

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