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Rabattverträge – kein Problem für Versicherte?

AOK und BPI mit unterschiedlicher Wahrnehmung

BERLIN (ks) | Der Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie (BPI) wollte mithilfe einer Umfrage herausfinden, wie die Versicherten zu Rabattverträgen stehen. Ein Ergebnis: Rund die Hälfte der Bürger sieht die Verträge kritisch. Doch die AOK Baden-Württemberg, Vorreiterin in Sachen Rabattverträge, verweist auf ganz andere Erfahrungen. Bei den AOK-Versicherten gebe es eine „fast ausnahmslose Akzeptanz der Rabattverträge“.

Anlässlich seiner diesjährigen Hauptversammlung in Dresden hatte der BPI das Marktforschungsinstitut Insa-Consulere mit einer Umfrage von 1000 Personen in Sachsen beauftragt. Dieser zufolge finden 52 Prozent es „nicht in Ordnung, dass der Hersteller eines dauerhaft eingenommenen Medikaments gewechselt werden muss, weil die Krankenkasse finanzielle Einsparungen macht“. Für 31 Prozent ist dies allerdings kein Problem. Die größte Ablehnung gegenüber Rabattverträgen ist bei den älteren Befragten festzustellen: Für 63 Prozent der über 60-Jährigen ist der Präparatewechsel zu Sparzwecken nicht in Ordnung. Unter den 50- bis 59-Jährigen sind es noch 56 Prozent, die dies ablehnen. In der Altersgruppe der 18- bis 29-Jährigen stimmen etwa gleich viele Personen (39%) einem rabattvertragsbedingten Wechsel zu wie ihn ablehnen (38%). „Es besteht kein Zweifel daran, dass die Politik beim Thema Rabattverträge gegensteuern muss“, schloss der BPI-Vorsitzende Dr. Martin Zentgraf aus diesen Umfrageergebnissen.

Die Umfrage rief auch die AOK Baden-Württemberg auf den Plan, deren Vorstandsvorsitzender Dr. Christopher Hermann Chefverhandler für die bundesweiten AOK-Rabattverträge ist. Diese bundesweiten Rabattverträge seien „nach wie vor ein Erfolgsgarant“, wird die Kasse nicht müde zu betonen. Daran könnten auch die BPI-Umfrageergebnisse nichts ändern. Für die AOK Baden-Württemberg stehen sie „im krassen Gegensatz zur Versorgungs­realität“. Diese misst sie an der Nutzung der Mehrkostenregelung, die gesetzlich Versicherten seit 2010 ermöglicht, statt eines Rabattarzneimittels ein Wunsch-Arzneimittel zu erhalten. Die Versicherten der AOK Baden-Württemberg hätten zwischen Mai 2014 bis April 2015 in lediglich 1974 Fällen auf die wirtschaftlichen Vorteile der Rabattverträge verzichtet und die Mehrkosten für ihr Wunscharzneimittel selbst getragen, heißt es bei der Kasse. Im selben Zeitraum seien aber rund sieben Millionen Packungen rabattierter Arzneimittel an Versicherte der AOK Baden-Württemberg abgegeben worden.

Hermann: Rabattverträge sind und bleiben notwendig

Dr. Christopher Hermann, Vorstandsvorsitzender der AOK Baden-Württemberg und AOK-Rabattvertrags-Chefverhandler, kommentierte: „Dass die Mehrkosten unrabattierter Alternativen viele Patientinnen und Patienten abschreckt, spricht für sich – Mehrkosten entstehen aufgrund des ohne Rabattverträge überhöhten Preisniveaus der Alternativen. Gerade das ist ein deutliches ­Signal, wie dringend notwendig Rabattverträge sind – und auch künftig bleiben.“ Mit Blick auf die BPI-Umfrage erklärte er: „Es geht nicht darum, wie auf geschickt gestellte Fragen geantwortet wird. Hier geht es um die Frage, wer bereit ist, sehr viel mehr für ein völlig identisches Produkt zu bezahlen.“

Unerwähnt ließ die AOK allerdings, dass die Versicherten, die die Mehrkostenregelung in Anspruch nehmen wollen, in Vorleistung gehen müssen und erst später einen Teil des Geldes von der Kasse zurückerstattet bekommen. Eine Regelung die sich von jeher als kompliziert und für die Versicherten schwer abschätzbar erwiesen hat. |

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