Arzneimittel und Therapie

Kann eine frühzeitige Therapie Alzheimer bremsen?

Donepezil verlangsamt den Verlust an Hippocampus-Volumen

Eine schnellere Atrophie des Hippocampus bei Alzheimer-Patienten ist mit einem schnelleren und schwereren Krankheitsverlauf assoziiert. Aus diesem Grund haben französische Forscher den Effekt von Donepezil auf Patienten mit Verdacht auf prodromalen Morbus Alzheimer untersucht. Die Patienten wurden für zwölf Monate mit Donepezil oder Placebo behandelt. MRT-Untersuchungen zeigten nach dieser Zeit eine 45-prozentige Verlangsamung der Hippocampus-Atrophie.

Die prodromale Phase der Alzheimer-Erkrankung ist gekennzeichnet durch erste episodische Erinnerungsstörungen, die aber nicht gravierend genug sind, um den Alltag zu beeinflussen. Es finden sich leichte kognitive Einschränkungen, die aber auch von einer Reihe anderer Erkrankungen verursacht werden können. Mit dem Free and Cued Selective Reminding Test (FCSRT) können prodromale Alzheimer-Patienten leichter von anderen unterschieden werden, da sie sich typischerweise auch nach Vorgabe von Stichworten nicht an die zu Anfang gezeigten Bilder erinnern können. Zudem wurde festgestellt, dass die Leistung in diesem Test mit Hippocampus-Volumen und den Biomarkerleveln in der Spinalflüssigkeit korreliert. Die Atrophie des Hippocampus hängt mit der Schwere und Progressionsgeschwindigkeit der Erkrankung zusammen. Aufgrund dieser Erkenntnisse hoffen Forscher, mit einer frühzeitigen Arzneimitteltherapie eine Verlangsamung der Hippocampus-Atrophie und einen milderen Krankheitsverlauf ­erreichen zu können.

In einer französischen Studie wurden 332 Patienten mit milden kognitiven Defiziten mit einer Reihe neuropsychologischer Tests und mittels MRT untersucht. 216 Teilnehmer mit Verdacht auf prodromalen Morbus Alzheimer wurden in zwei Gruppen randomisiert. Während eine Gruppe zwölf Monate lang Placebo erhielt, wurde die andere Hälfte mit Donepezil (10 mg/Tag) behandelt. Donepezil ist ein Acetylcholinesterasehemmer, der in der Behandlung von Morbus Alzheimer kognitive und funktionelle Verbesserungen gezeigt hat. Ob dieser Wirkstoff Krankheits-modifizierende Wirkung hat, ist noch unklar. Bei Patienten mit moderatem Krankheitsverlauf wurde ein positiver Effekt auf das Hippocampus-Volumen beobachtet; bei Patienten mit nur leichten kognitiven Defiziten ist die Studienlage widersprüchlich.

Hippocampus unter Donepezil weniger verkleinert

Nach der zwölfmonatigen Behandlung wurden die Patienten nochmals mittels MRT auf Veränderungen des Hippocampus-Volumens und des gesamten Hirn-Volumens untersucht. Bei der Placebo-Gruppe nahm das Hippocampus-Volumen um 3,5% ab, bei der Verum-Gruppe nur um 1,9%. Dies entspricht einer Reduktion der Atrophierate um 45%. Auch bei separater Betrachtung des linken und rechten Hippocampus sowie des Gesamthirn-Volumens zeigten sich Vorteile für Donepezil-Patienten. Allerdings gab es in der Leistung bei neuropsychologischen Tests keine signifikanten Unterschiede.

Dass in einigen vorhergehenden Studien andere Ergebnisse erzielt wurden, führen die Forscher auf eine ungenauere Selektion zurück. Scheinbar profitieren nur Patienten von der Behandlung, die an Morbus Alzheimer erkrankt sind. Auf andere kognitive ­Störungen scheint Donepezil keinen Einfluss zu haben.

Zu klären bleibt, ob angesichts der ähnlichen kognitiven Leistungen in beiden Gruppen die klinisch relevanten Vorteile die cholinergen Nebenwirkungen überwiegen. Diese führten in dieser Studie bei 20 Teilnehmern aus der Verumgruppe zum frühzeitigen Abbruch (verglichen mit sieben aus der Placebo-Gruppe). Um dies zu beurteilen, sind Studien mit längeren Beobachtungszeiträumen für diese spezielle Patientengruppe nötig. |

Quelle

Dubois B. Donepezil decreases annual rate of hippocampal atrophy in suspected prodromal Alzheimer’s disease, Alzheimer’s & Dementia, S1552-5260(14)02856-8. doi: 10.1016/j.jalz.2014.10.003. [Epub ahead of print]

Apothekerin Sarah Katzemich

Tierischer Namens­geber

Die Bezeichnung Hippocampus rührt daher, dass dieser im Temporallappen lokalisierte Teil des Gehirns einem Seepferdchen (lat. Hippocampus) ähnelt. Er ist vor allem an der Gedächtnisbildung beteiligt, aber auch bei der Entstehung von Epilepsieerkrankungen spielt er eine Rolle.

Foto: zorandim75 – Fotolia.com

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