Komplementäre Therapien

Die Eigenschaften der Arzneimittel

Den Menschen ganzheitlich betrachten

Von Angela Körfers und Yutian Sun | Erkennen der klassischen Syndrome und Finden der passenden Behandlung ist das Hauptziel der traditionellen chinesischen Arzneitherapie. Die Differenzierung bei der Auswertung von Symptomen zielt auf die Symptome (Biao) und auf das Wesen der Erkrankungen (Ben). Grundprinzip ist, die Hauptsymptome (Ben) bei der Therapie vorrangig zu berücksichtigen. Welche Symptome dies sind, ergibt sich aus der Syndromdiagnostik. Der Lehrsatz besagt aber: „Bei einer akuten Erkrankung wird zuerst Biao behandelt“, d. h. die akuten und nicht die Hauptsymptome werden zuerst therapiert. Also muss die Behandlung individuell und flexibel gestaltet werden.
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Die traditionelle chinesische Medizin teilt alle Arzneimittel entsprechend der folgenden fünf Eigenschaften ein:

  • die fünf Geschmacksrichtungen (Wu Wei),
  • die vier Temperaturverhalten (Si Qi),
  • der Grad der Toxizität (Du Xing),
  • die vier Wirkrichtungen der Droge (Sheng Jiang Fu Chen),
  • der Meridianbezug.

Die fünf Geschmacksrichtungen (Wu Wei)

Die Geschmacksrichtungen sind Werkzeuge, mit deren Hilfe die TCM-Theorie die Wirkung einer Droge erklärt.

Es gibt fünf Geschmacksrichtungen, nämlich scharf, süß, sauer, bitter und salzig, allerdings ist in dem Klassiker „Nei Jing“ noch die sechste Geschmacksrichtung neutral oder fad erwähnt. Die vorherrschende Geschmacksrichtung bestimmt die Grundtendenz einer Droge. Es gibt Drogen, die mehrere Geschmacksqualitäten aufweisen.

Der süße Geschmack wirkt ernährend, aufbauend und harmo­nisierend. Hierzu gehören Glykoside, Saccharide, Aminosäuren und Vitamine. Er entspannt und befeuchtet. Drogen mit diesem Geschmack erzeugen aber auch einen Völle-Zustand und Feuchtigkeit, wenn sie im Übermaß genommen werden. Dieser Geschmack wird oft eingesetzt, um die Arzneimittelwirkung anderer Drogen zu harmonisieren. Sein bevorzugter Wirkort ist die Mitte, also Milz und Magen.

Eine Droge mit scharfer Geschmacksrichtung wirkt zerstreuend, nach außen treibend und bewegend, d. h. Qi und Xue bewegend. Der scharfe Geschmack öffnet die Poren und zerstreut über die Ober­fläche nach außen, d. h. er wirkt bevorzugt in der Lunge. Bei Qi-Schwäche und Yin-Schwäche ist dieser Geschmack kontraindiziert. Drogen mit diesem Geschmack enthalten empfindliche und flüchtige Substanzen wie ätherische Öle und Alkaloide. Dies ist bei der Lagerung und beim Kochen zu berücksichtigen.

Drogen mit saurer Geschmacksrichtung wirken zusammen­ziehend und sammelnd. Sie enthalten Gerbstoffe und organische Säuren. Sie sollen die Grundsubstanzen am richtigen Ort halten und sammeln, wie zum Beispiel das Xue in der Leber. Wenn eine patho­logische Noxe vorhanden ist, muss diese zuerst behandelt werden, denn die sauren Drogen schließen die Noxe ein und erschweren die Therapie.

Bittere Drogen leiten Hitze und Feuer aus, senken das Qi ab und trocknen Nässe. Durch Ausleiten des Feuers kann das Yin geschützt werden. Bittere Drogen wirken vorwiegend im Herz- und Dünndarm-Meridian; sie können aber auch Körperflüssigkeiten verletzen, Magen- sowie Milzfunktion belasten und die Leberwerte erhöhen.

Die Drogen mit salzigem Geschmack wirken aufweichend und absenkend. Sie enthalten Jod und anorganische Säuren. Sie zerstreuen die Stauungen und erweichen die Knoten. Wirkort ist normalerweise Niere und Harnblase.

Eine Rezeptur beinhaltet selten nur eine Geschmacksqualität. Sie besteht meistens aus zwei Geschmacksrichtungen.

Yin und Yang – zwei sich ergänzende Kräfte. Aus der als Tao bezeichneten Ursprungsenergie sind Yin und Yang hervorgegangen, zwei sich gegenseitig beeinflussende Kräfte. Dabei ist Yin die passive und Yang die aktive Kraft. Beide Kräfte stehen in einem Gleichgewicht, ergänzen sich gegenseitig und halten alles zusammen. Dieses Prinzip findet seinen Niederschlag in dem schwarz-weißen Symbol Taijitu, in dem das mit Aktivität assoziierte weiße Yang (hell, hart, heiß, männlich) und das für Ruhe stehende schwarze Yin (dunkel, kalt, weich, weiblich) eine Einheit bilden.

Qi – die Lebensenergie. Das Qi entsteht aus dem Wechselspiel von Yin und Yang und ist die Antriebskraft für alle Körperfunktionen. Alle weiteren Energien sind davon abhängig. Bei Mangel muss das Qi ersetzt werden, wenn es blockiert ist, muss es gelöst werden, denn das Qi muss immer fließen.

Xue – der Ernährer des Qi. Xue ist der chinesische Ausdruck für Blut, wobei unser Begriff Blut nicht mit Xue identisch ist. Xue entsteht aus der Essenz Jing, die wiederum bei der Verdauung von Speisen im Bereich des Organpaars Milz/Magen entsteht. Xue stellt den materiellen Aspekt eines Organs dar und steht in enger Beziehung zum Qi: Qi ist der Anführer des Xue, Xue der Ernährer des Qi.

Die vier Temperaturverhalten

Das Einteilungsprinzip der Drogen nach dem Temperaturverhalten ist jünger als das nach der Geschmacksrichtung. Die Temperaturqualität hat Auswirkungen auf Puls, Atemfrequenz oder auf eine Manifestation von Hyperämien in bestimmten Körperregionen. Man unterscheidet vier Qualitäten: heiß, warm, kühl und kalt.

Drogen mit heißem und warmem Temperaturverhalten werden bei Erkrankungen, die durch Kälte verursacht wurden, eingesetzt. Sie zerstreuen die Kälte, stärken das Yang und vertreiben den Wind.

Drogen mit kühlem und kaltem Temperaturverhalten werden dagegen bei Erkrankungen, die durch Hitze entstanden sind, benutzt. Sie vertreiben die Hitze, leiten das Feuer ab, wirken entgiftend und beruhigend.

Drogen mit neutralem Temperaturverhalten wirken mild und ausgleichend. Das heißt aber auch, sie passen sich den Temperaturgegebenheiten an, die sie vorfinden.

Toxizität (Du)

Der Begriff „Giftigkeit“ ist nicht identisch mit dem der west­lichen oder naturwissenschaftlichen Medizin. Nach der TCM sind alle Drogen zu einem gewissen Grad giftig. Man nimmt sogar an, dass Drogen, die nach der Einnahme keine Nebenwirkungen aufzeigen, auch keine therapeutische Wirksamkeit haben. Das heißt, dass der Begriff Giftigkeit in der TCM eine weit höhere Bedeutung hat, als in der westlichen Medizin. Man spricht auch vom Gift einer Droge, das auf Gift im Körper abzielt und dieses bekämpft. Den chinesischen Ärzten war die Giftigkeit vieler traditioneller Mittel schon immer bewusst, und sie wurde von ihnen gezielt eingesetzt. Alle Drogen, auch die westlichen Medikamente, sind aus der Sicht der TCM Gifte. Es ist wichtig, die Toxizität zu kennen und gering zu halten oder zu neutralisieren.

Im Übrigen kann man unterscheiden zwischen Toxizität als ­immer vorhandener Eigenschaft einer Droge und Toxizität als Folge einer fehlerhaften Anwendung einer Droge oder anderer Gründe. Toxizität als Eigenschaft einer Droge bedeutet zunächst, dass die Droge für jedermann und insbesondere unabhängig von seinem Gesundheitszustand giftig ist. Nach modernen pharmakologischen Untersuchungen gibt es etwa 40 giftige Drogen dieser Art. Einige wichtige, die als stark toxisch gelten, sind:

  • gefährliche Nervengifte, die zuerst das Nervensystem aktivieren und danach hemmen und bis zum Tod führen können, sind die beiden Aconitum-Drogen Aconiti radix lateralis/Fù Zǐ und Aconiti radix/Wu Tou. Diese beiden Drogen können Schäden am Herzmuskel, Herzrhythmusstörungen und Palpitationen verursachen. Als sehr toxisch gilt auch die Droge Strychni semen/Mǎ Qián Zǐ.
  • Apocyni veneti herba et folia/Luó Bù Má und Bufonis venenum/Chán Sū enthalten Glykoside, die das Herz stärken, aber auch toxi­sche Wirkungen ähnlich Digitalis verursachen können.
  • Toxisch auf das Verdauungssystem wirken Cassiae semen/Jué Míng Zǐ und Sophorae flavescentis radix/Kǔ Shén. Sie verur­sachen Übelkeit.
  • Genkwae flos/Yúan Huā und Xanthii fructus/Cāng Ěr Zǐ können Bauchschmerzen und Durchfall hervorrufen und auf die Leber toxisch wirken.
  • Taxilli herba/Sāng Jì Shēng, Pinelliae rhizoma praep. cum Zingiberis/Jiāng Bàn Xià und Typhae pollen/Pǔ Huáng können Schmerzen im Leberbereich verursachen.
  • Guān Mù Tōng schädigt die Niere.
  • Ginkgo semen/Bái Guŏ, Armeniacae semen amarum/Kǔ Xìng Rén und Schisandrae chinensis fructus/Wǔ Wèi Zi können Atemnot nach sich ziehen.
  • In Kombination mit Codein-Präparaten kann Ginkgo semen/Bai Guo zum Atemstillstand führen.
  • Über 150 Drogen können allergische Reaktionen hervor­rufen, wie z. B. Pheretima/Dì Lóng, Schisandrae chinensis fructus/Wǔ Wèi Zǐ.
  • Die Drogen Tripterygii herba/Léi Gōng Téng, Farfarae flos/Kuǎn Dōng Huā, Lithospermi radix/Zǐ Cǎo, Arecae semen/Bīng Láng und Acori tatarinowii rhizoma/Shí Chāng Pǔ können teratogen (zu Missbildungen führen) und mutagen wirken. Werden sie über längere Zeit hinweg an Tiere verfüttert, fördern sie das Entstehen von Tumoren.

Die Giftigkeit der Drogen bezieht sich zunächst auf die Roh­drogen. Diese Giftigkeit wird auf unterschiedliche Weise vermindert. Dies geschieht zum einen durch die Verarbeitung der Droge (Pao Zhi), zum anderen durch Hinzufügen von anderen Drogen, die die Giftigkeit neutralisieren (Pei Wu).

Folgende Aspekte zur Minderung der Toxizität giftiger Drogen sind zu beachten und zu beherrschen:

  • besonders vorsichtige Dosierung (Yong Liang),
  • die Aufbereitung der Drogen (Zhi Ji),
  • die Bearbeitung der Drogen (Pao Zhi) und
  • das Korrigieren mit anderen Drogen (Pei Wu).

Im weitesten Sinne ist der Begriff „Toxizität“ ein Synonym für die Wirkung der Droge. Bei richtiger Qualität, richtiger Dosierung, richtiger Verarbeitung und passendem Muster sind die Neben­wirkungen der Drogen in der chinesischen Arzneitherapie kon­trollierbar. Der Therapeut und der Apotheker müssen die Eigenschaften und die Wirkungsweise der Droge kennen. Es gibt viel Erfahrung, wie man die Wirkung einer Droge zur Entfaltung bringen kann, aber gleichzeitig ihre Nebenwirkung gering hält. Insgesamt ist die Toxizität der Drogen der chinesischen Arzneitherapie im Vergleich zu den chemisch hergestellten Arzneimitteln gering.

Toxisch kann eine Droge nicht nur wegen ihrer Eigenschaften, sondern auch aus anderen Gründen wirken, wie fehlerhafte Anwendung oder mangelhafte Qualität. Die falsche Anwendung einer Droge kann im Übrigen ebenso schaden wie die Benutzung einer toxischen Droge.

Ein Beispiel: Ginseng radix et rhizoma/Rén Shēn ist eine wirksame Droge bei Funktionskreislaufschwäche ohne Qi-Stagnation und Nässe-Hitze. Dagegen ist Ginseng radix et rhizoma/Rén Shēn ver­boten bei Müdigkeit und Antriebslosigkeit, die durch eine Leber-Hitze (z. B. Hepatitis) entstanden sind. Im ersten Falle ist die Ginsengwurzel heilend, im zweiten Falle kann ihre Anwendung tödlich sein.

Hierzu gibt es ein bekanntes Sprichwort: „Rhabarberwurzel (Dà Huáng) kann den Menschen retten, Ginseng (Rén Shēn) kann den Menschen töten.“

Die Yin-ernährenden Drogen, wie z. B. Rehmanniae rhizoma/Shēng Dì Huáng und Lycii fructus/Gǒu Qí Zǐ, dürfen niemals bei übermäßigem Schleim eingesetzt werden.

Ephedrae herba/Ma Huang treibt das Qi nach außen und wirkt ­dadurch am Anfang ausleitend auf den pathogenen Faktor, der durch Kälte entstanden ist. Bei längerer Anwendung oder bei einer Lungen-Qi-Schwäche kann sie schädlich für den Körper sein.

Eine chinesische Arzneidroge darf niemals ohne eine vorher erstellte TCM-Diagnose verabreicht werden. Die meisten Behandlungsfehler und daraus entstehende toxische Reaktionen werden durch ungenaue Diagnosen, Dosierungsfehler, falsche Therapiestrategie und falsche Anwendungsdauer verursacht. Dies soll im Zusammenhang mit untenstehender Rezeptur verdeutlicht werden.

Lilii bulbus 9 g

Rehmanniae radix 9 g

Rehmanniae radix praeparata 12 g

Ophiopogonis radix 9 g

Paeoniae radix alba 9 g

Scrophulariae radix 9 g

Fritillariae thunbergii bulbus 6 g

Angelicae sinensis radix 6 g

Platycodonis radix 3 g

Glycyrrhizae radix et rhizoma 3 g

Crotonis fructus 6 g

Rhei radix et rhizoma praeparata (Jǐu Dà Huáng) 3 g

Bis auf die letzten beiden Bestandteile entspricht sie der Rezeptur Bai He Gu Jin Tang, die bei Lungen-Yin-Mangel verabreicht wird. Zusätzlich sind noch zwei abführende Drogen rezeptiert. Es handelt sich wahrscheinlich um ein Krankheitsbild, das eine Trockenheit in der Lunge und im Dickdarm beinhaltet, möglicherweise mit Symptomen wie Husten und Obstipation. Diese zwei Symptome gleichzeitig zu behandeln, ist nach der TCM nicht klug. Es ist besser, zuerst den Stau (Obstipation) zu beseitigen und dann erst das Yin zu nähren. Man soll nicht gleichzeitig „aufbauen“ und „abbauen“!

Crotonis fructus/Bā Dòu ist heiß im Temperaturverhalten. Jǐu Dà Huáng ist mit Reiswein behandelte Rhabarberwurzel mit kaltem Temperaturverhalten. Es stellt sich die Frage, ob der Patient eine „kalte“ oder eine „heiße“ Stagnation hat. Aus dem Rezept geht auch nicht eindeutig hervor, ob es sich bei Fritillariae bulbus um Chuān Bèi Mǔ/Fritillariae cirrhosae oder um Zhè Bèi Mǔ/Fritillariae thunbergii bulbus handelt. Crotonis fructus darf nur mit 0,1 g täglich dosiert werden. Die Droge muss als entöltes Pulver verabreicht werden, da es sehr giftig ist und ein besonderes Pao-Zhi-Verfahren benötigt. Die Anwendungsdauer von acht Tagen für Crotonis fructus, wie die ­Rezeptur es vorsieht, ist zu lang.

Diese Rezeptur kann also nur zu Nebenwirkungen führen, da sie sowohl in der Bezeichnung, als auch in der Zusammensetzung und der Dosierung falsch ist.

Die vier Wirkrichtungen (Sheng Jiang Fu Chen)

Die vier Wirkrichtungen der chinesischen Drogen werden mit ­„Steigen“, „Fallen“, „Schweben“ und „Sinken“ umschrieben. Aufgrund der engen Beziehung zu den fünf Wandlungsphasen wurde noch eine Wirkrichtung hinzugefügt, die wir mit „Umwandeln“ (Hua) beschreiben können. Sie entspricht der Wandlungsphase Erde.

„Steigen“ bedeutet die nach oben gerichtete und „Fallen“ die nach unten gerichtete Wirkung der Droge. Das „Schweben“ hat neben der Wirkrichtung nach oben gleichzeitig noch eine Wirkrichtung nach außen. Das Gleiche gilt für die Wirkrichtung „Sinken“, die neben der nach unten gerichteten, auch eine nach innen gerichtete Wirkung hat.

Dieses Schema der Wirkrichtungen wurde der Einteilung des menschlichen Körpers in der TCM (oben, unten, außen, innen) angepasst. Wenn wir uns die Funktionen der Wandlungsphasen noch einmal vergegenwärtigen, dann ordnen wir die Wirkrichtung Steigen der Wandlungsphase Holz, das Schweben der Wandlungsphase Feuer, das Sinken der Wandlungsphase Metall und das Fallen der Wandlungsphase Wasser zu.

Die Wirkrichtungen Steigen und Schweben gehören zu den Yang-Funktionen. Die meisten warmen, scharfen und süßen Drogen sind steigend. Das Fallen und Sinken gehört zu den Yin-Funktionen. Kalte, saure, bittere und salzigen Drogen wirken sinkend.

Drogen, die aus Blüten und Blättern gewonnen werden, haben meistens eine steigende oder schwebende Wirkrichtung, Samenkörner und Früchte dagegen eine fallende und sinkende Wirkrichtung. Auch die Konsistenz einer Droge spielt eine Rolle. Schwere Drogen haben eine fallende oder sinkende, wohingegen leichte Drogen eine steigende oder schwebende Wirkrichtung haben.

Das Pao-Zhi-Verfahren kann die Wirkrichtung ebenfalls be­einflussen. Zum Beispiel verändert Alkohol die Wirkrichtung der Droge nach steigend. Das Gegenteil ist der Fall, wenn eine Droge mit Salzwasser verarbeitet wird. Die Salzlösung bewirkt eine „fallende“ Tendenz der Droge.

Meridianbezug (Gui Jing)

Der Bezug zu den inneren Organen ist eine Lehre, die während der Song-, Jin- und Yuan-Perioden (960 bis 1368 n. Chr.) konzipiert wurde. Die Meridiane (Ging) stehen hier stellvertretend für die inneren Organe (Zang Fu), womit sie auch verbunden sind. Sehr früh wurden schon die sogenannten Melde-Arzneien (Yin Jing Yao) für die zwölf Meridiane angegeben.

Tab.: Melde-Arzneien für die verschiedenen Funktions­kreisläufe. Die Melde-Arznei muss das Temperaturverhalten aufweisen, die der therapeutischen Absicht entspricht.
Funktionskreisläufe Melde-Arzneien
Herz Coptitis rhizoma Asari radix et rhizoma Cinnamomi ramulus Allii macrostemonis bulbus
Dünndarm Ligustici rhizoma et radix Phellodendri chinensis cortex
Milz Cimicifugae rhizomaAtractylodis rhizoma Puerariae lobatae radix Paeoniae radix alba
Magen Cimicifugae rhizoma Gypsum fibrosum Puerariae lobatae radix
Lunge Platycodonis radixMori cortex Cimicifugae rhizoma
Dickdarm Angelicae dahuricae radix Cimicifugae rhizoma
Niere Cinnamomi cortex Asari radix et rhizomaAngelicae pubescentis radixAnemarrhenae rhizoma
Blase Notopterygii rhizoma et radix
Leber Bupleuri radix Cyperi rhizoma Chuanxiong rhizomaEvodiae fructus
Gallenblase Bupleuri radix Aurantii fructus immaturus
Perikard Bupleuri radix Moutan cortex
Sanjiao Bupleuri radix Forsythiae fructus

Diese Melde-Arzneien können auch eine ganze Rezeptur zu bestimmten inneren Organen (Zang Fu) leiten. |

Nachdruck aus „Traditionelle Chinesische Medizin – Arzneidrogen und Therapie“ mit freundlicher Genehmigung der Autoren.

Autoren

Angela Körfers: Fachhochschule für Medizintechnik in Zagreb, Kroatien. Seit 1986 Heilpraktikerin in eigener Praxis für traditionelle chinesische Medizin (TCM) in Nettetal am Niederrhein. Therapieschwerpunkte sind Akupunktur und hauptsächlich chinesische Kräuterheilkunde. Mehrere Aufenthalte in China zum Studium der chinesischen Medizin, seit vielen Jahren in der Aus- und Weiterbildung von Apothekern, Ärzten und Heilpraktikern in chinesischer Pharmakologie tätig.

Yutian Sun: Von 1982 bis 1987 Pharmaziestudium am Shanghai Medical College der Fu Dan University. Seit 1990 in Deutschland, zunächst in einer Arztpraxis, später als Apotheker in einer süddeutschen TCM-Klinik und in verschieden Apotheken tätig. 2003 in China Approbation als traditioneller chinesischer Apotheker. Arbeitsschwerpunkt ist die Einfuhr hochwertiger chinesischer Arzneidrogen nach Deutschland und die Beratung von Apothekern beim Aufbau von TCM-Abteilungen.

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