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Der Wettkampf um pharmazeutische Fachkräfte

Kann die öffentliche Apotheke mithalten?

Sportler haben oft einen bestimmten Wettbewerb vor Augen, wenn sie trainieren: zum Beispiel ein Pokalderby oder die nächste Olympiade. Der Wettbewerb um Nachwuchs und Fachkräfte ist dagegen eine Dauerdisziplin, wo sich die Anstrengungen der Branchen in den nächsten Jahren und Jahrzehnten kontinuierlich steigern müssen, statt punktuell und kampagnenartig abgerufen zu werden. Sind die öffentlichen Apotheken darauf eingestellt?
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Die Zeiten sind hart und sie werden absehbar immer härter werden: Mit den geburtenstarken Jahrgängen erreichen laut Medienberichten in den nächsten 15 Jahren rund 20 Millionen Deutsche das Rentenalter. Und davon werden nicht wenige sogar vorzeitig aus dem Berufsleben ausscheiden. Gleichzeitig werden die Jahrgänge der Schulabsolventen immer kleiner. Eine Trendwende, die diesen massenhaften Abschied der „Babyboomer“ aus dem Arbeitsmarkt ausgleichen könnte, ist nicht in Sicht.

Folglich wird sich der Wettbewerb um den beruflichen Nachwuchs verschärfen. Zumindest die gut qualifizierten Schul- und Hochschulabgänger haben bald die Qual der Wahl. Zu den Kriterien zählen Gehälter, familienfreundliche Arbeitsbedingungen und -zeiten, Aufstiegsmöglichkeiten, motivierende und identifikationsfördernde Tätigkeiten. In einigen dieser Bereiche kann die öffentliche Apotheke durchaus punkten. Teilzeitstellen sind sicherlich in ausreichendem Maße vorhanden, ­andererseits sind die Öffnungszeiten nicht unbedingt familienfreundlich zu nennen; eine Förderung der Kinderbetreuung fehlt im Apothekenbereich fast immer. Der Umgang mit Menschen und eine patientenorientierte, im optimalen Fall unabhängige Beratung wirken motivierend. Fehlende Aufstiegschancen und mangelnde Führungsqualitäten sind dagegen häufig demotivierend. Und letztlich die grundlegende Frage: Stimmt das Gehalt?

Fachkräfte können vergleichen

Nach dem Arbeitsklima liegt die Entlohnung zusammen mit den Arbeitsaufgaben auf Platz 2, wenn es um die Zufriedenheit von Berufstätigen geht. Obwohl gerade Frauen oft angeben, dass ihnen die Bezahlung nicht so wichtig ist, wenn die anderen Rahmenbedingungen stimmen, so darf man daraus nicht ableiten, dass die Gehälter keine Rolle spielen. Schon gar nicht, wenn verglichen werden kann. Und das werden die Fachkräfte, egal ob jung oder alt, Frau oder Mann, immer stärker tun, wenn die Nachfrage steigt.

Dass die Nachfrage auch in anderen pharmazeutischen Branchen groß ist, zeigt eine aktuelle Umfrage des Bundesverbandes der Arzneimittel-Hersteller e. V. (BAH). Jedes fünfte Unternehmen sucht Fachleute. Und beeindruckende 50 Prozent der Firmen ­bilden aus. Von den Auszubildenden lernen fast 30 Prozent einen naturwissenschaftlichen Beruf.

Die 20.441 öffentlichen Apotheken stellten dagegen im Jahr 2014 nur 7.556 Ausbildungsplätze für PKA-Azubis, PTA-Praktikanten und PhiP. Das ist rein rechnerisch eine Quote von 0,37. Da größere Apotheken oft mehrere Ausbildungsplätze anbieten, dürfte der Anteil an ausbildenden Apotheken de facto deutlich niedriger sein.

Nicht zurückfallen lassen

Wir brauchen attraktivere Arbeitsbedingungen in der Apotheke! Es wäre fatal, die Gehälter jetzt einzufrieren mit dem Hinweis auf die fehlenden Steigerungen in der Honorierung durch die Politik. Denn je größer der Abstand zur Pharmaindustrie und anderen vergleichbaren Branchen wird, desto schwieriger, ja fast unmöglich wird später eine Aufholjagd für die Apotheken sein.

Neben den demografischen Herausforderungen kommen hier noch die Verrentung der vertretungsbefugten Apothekerassistentinnen bzw. Apothekerassistenten und Pharmazie-Ingenieure erschwerend hinzu. Der Bedarf an pharmazeutischen Mitarbeitern und Dienstleistungen steigt (Stichwort ­Medikationsmanagement), gleichzeitig wird aber die Ausbildung der PKA, die hier Entlastung bringen könnten, in vielen Kammerbezirken vor die Wand gefahren. Die PTA-Ausbildung dämmert weiter perspektivlos vor sich hin und beim Studium spekuliert man über zweistellige Neuordnungszeiten. Von Weitsicht, von Aufbruch keine Spur. Es ist traurig, wie wenig Muskeln sich die öffentlichen Apotheken für den Wettkampf um die Besten zulegen. |

Tanja Kratt

Dr. Sigrid Joachimsthaler

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