DAZ aktuell

Kampf für die Freiberuflichkeit

Bericht vom 118. Deutschen Ärztetag

Frankfurt/M. | Der 118. Deutsche Ärztetag, der vergangene Woche in Frankfurt am Main stattfand, befasste sich nicht oder nur sehr in­direkt mit der Arzneimittelversorgung. Dennoch lohnt es sich, einen kurzen Blick auf diese wichtigste Veranstaltung der Bundesärztekammer zu werfen, um zu sehen, was den benachbarten Heilberufsstand bewegt und wo er seine ­Prioritäten setzt.

Unter das Leitbild der Freiberuflichkeit stellte Frank Ulrich Montgomery in der Eröffnungsveranstaltung in der Paulskirche seine Forderungen an die Politik, insbesondere zum GKV-Versorgungsstärkungsgesetz – unter anderem gegen Praxisaufkauf und Terminservicestellen. Er kündigte an, ­gegen diese Beschneidungen der Freiberuflichkeit zu kämpfen. Der Bundesgesundheitsminister betonte in seiner Antwort eher die gemeinsamen Positionen mit der Ärzteschaft, etwa bei den Themen Hospiz- und Palliativgesetz, Sterbehilfe und Widerstand gegen europäische Normungsprozesse. Die vom Präsidenten der Bundesärztekammer vorgebrachten Kritikpunkte am GKV-VSG seien doch gar nicht von zentraler Bedeutung für dieses Gesetz, das den Ärzten insgesamt sehr viele Handlungsmöglichkeiten eröffne.

Novellierung der Gebührenordnung

Vor allem aber sagte er den Ärzten zu, die Novellierung der ärztlichen Gebührenordnung (GOÄ), mit der alle medizinischen Leistungen außerhalb der vertragsärztlichen Versorgung abgerechnet werden, zügig umzusetzen. Die GOÄ-Novelle war dann auch einer der großen Schwerpunkte der Plenarsitzungen. Theo Windhorst, Präsident der Ärztekammer Westfalen-Lippe und Vorsitzender des Gebührenausschusses der BÄK, stellte den Sachstand der Verhandlungen für eine neue GOÄ vor, die eine im Kern noch aus dem Jahr 1982 stammende ablösen soll. Das Problem: Das BMG macht die Umsetzung einer entsprechenden Rechtsverordnung davon abhängig, dass die beteiligten Player – Ärzte, PKV und Beihilfe – sich einig sind.

In mühevoller und verschwiegener Kleinarbeit haben sich die Verhandler-Teams von BÄK und PKV auf die wesentlichen Teile einer neuen GOÄ ge­einigt und sie dem BMG als „Informationspaket“ übergeben. Nun müssten, so Windhorst, mit dem BMG die Widerstände der Beihilfe und aus dem SPD-Lager überwunden werden. Er hoffe, für die Novelle im Herbst 2016, vor Beginn des heißen Wahlkampfes, die Zustimmung des Bundesrates zu erhalten. Nun wollen die Ärztetags-Delegierten zwar auch eine neue GOÄ, stehen aber der vereinbarten Schweigepflicht misstrauisch gegenüber.

Nur mit knapper Mehrheit wurde ein Antrag abgelehnt, demzufolge diese Schweigepflicht nicht mit einem Beschluss des letzten Ärztetages nach mehr Transparenz bei der Novellierung der GOÄ vereinbar sei. Im Er­gebnis aber – Mehrheit ist Mehrheit – können jetzt Windhorst und seine Truppen, an erster Stelle der frühere Hauptgeschäftsführer der BÄK, Bernhard Rochell, weiter verhandeln. Ein Weg, der noch mühsam genug sein wird.

Prävention, E-Health & Co.

Wie der Apothekertag fasste der ­Ärztetag sehr viele Beschlüsse, unter anderem zu den Themen Präventionsgesetz – auch die Ärzteschaft fordert eine stärkere Berücksichtigung im Präventionsgesetz – und E-Health-Gesetz – hierzu lehnen sie die geplante Verpflichtung für das Online-Versichertenstammdatenmanagement in Arztpraxen ab, betonen aber den direkten Nutzen für die Patienten und Ärzte durch einen Datenaustausch zwischen den unterschiedlichen Anbietern im Gesundheitswesen. Außerdem wurde ein Vorrang für medizinisch relevante Anwendungen gefordert, beispielsweise den elektronischen Arztbrief oder den Medika­tionsplan mit der Erweiterung auf OTC-Präparate. In einem eigenen Themenblock setzte sich das Ärzteparlament überdies mit der „kommunikativen Kompetenz im ärztlichen Alltag“ auseinander, die mit einer Reihe von Maßnahmen stärker unterstützt und gefördert werden müsse.

Zurück in den BFB

In der Debatte um den Haushaltsvoranschlag 2015/16 tauchte dann das Motiv der Freiberuflichkeit wieder auf – nach einer kurzen Debatte sprach sich der Ärztetag mit deutlicher Mehrheit dafür aus, wieder dem Bundes­verband der Freien Berufe (BFB) beizutreten, mit einem gedeckelten Jahresbeitrag von 125.000 Euro.

Die fast am Ende des Ärztetags stattfindenden Vorstandswahlen waren wenig spektakulär und sorgten für Kontinuität in der Führung der Bundesärztekammer. Neben Frank Ulrich Montgomery wurden auch die Vizepräsidenten Martina Wenker und Max Kaplan wiedergewählt (alle drei ohne Gegenkandidaten), ebenso wie das weitere Vorstandsmitglied Ellen Lundershausen. Neu in den Vorstand kam nur der Vorsitzende des Hartmannbundes, Klaus Reinhardt. |

Prof. Dr. Andreas Lehr

0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.