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„Ein hochexplosives Gemisch“

Oberstaatsanwalt Alexander Badle zu neuen Regelungen zur Korruption im Gesundheitswesen

BERLIN (ks) | Der geplante Straftatbestand zur Korruption im Gesundheitswesen wird für „dramatische Veränderungen“ im milliardenschweren Gesundheitsmarkt sorgen – davon ist Oberstaatsanwalt Alexander Badle überzeugt. Die derzeit vorgesehene Regelung lasse viel Interpretationsspielraum – dass sie von den Gerichten unterschiedlich ausgelegt wird, sei wahrscheinlich. Bei einem Symposium der auf Gesundheits- und Medizinrecht spezialisierten Kanzlei Dierks+Bohle am 17. April in Berlin betonte Badle, dass es angesichts der kommenden Regelung notwendig sei, sich im Vorfeld klarzuwerden, wie Risiken vermieden werden können.

Das Bundesjustizministerium will mit einem neuen § 299a im Strafgesetzbuch Bestechung und Bestechlichkeit im Gesundheitswesen unter Strafe stellen. Die neue Norm soll eine Strafbarkeitslücke schließen: Bislang fallen nur angestellte Klinikärzte unter die allgemeine Norm der Bestechung und Bestechlichkeit – nicht aber niedergelassene Ärzte. Nach dem Gesetzentwurf des Justizministeriums soll künftig allen im Zusammenhang mit ihrer Berufsausübung korrupten Heilberuflern mit staatlich geregelter Ausbildung Strafe drohen – auch Apothekern. Zwar wird das Anliegen von vielen Seiten grundsätzlich begrüßt – die konkrete Ausgestaltung der Norm trifft allerdings auf viel Skepsis. Verbände beklagen in ihren Stellungnahmen insbesondere, dass gewollte Kooperationen gefährdet würden und der geplante Paragraf zu viele unbestimmte Tatbestandsmerkmale enthalte.

Badle, Leiter der Zentralstelle zur Bekämpfung von Vermögensstraftaten und Korruption im Gesundheitswesen bei der Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt/Main, befasst sich schon seit Jahren auf Basis der bestehenden Gesetze mit Korruption im Gesundheitswesen. Er geht davon aus, dass nur wenige, eher redaktionelle Änderungen am bisherigen ­Gesetzentwurf zu erwarten sind – nicht aber ein Kurswechsel. Und dann heißt es: aufpassen!

Ein „schillernder Rechtsbegriff“

Ein erstes Problem sei das kaum klar abgrenzbare Tatbestandsmerkmal der Unrechtsvereinbarung – hierunter versteht man die Verknüpfung von Vorteil und Gegenleistung. Hierbei handele es sich um einen „schillernden Rechtsbegriff“, so Badle, der viel Interpretationsspielraum zulasse. Schon in der bisherigen Rechtsprechung gebe es eine unübersichtliche Kasuistik. Es werde in zahlreichen Einzelfällen zu entscheiden sein, was eine noch zulässige Kooperation sei. Schon jetzt ist vieles verboten, was künftig strafbar sein soll – etwa aus wettbewerbsrechtlichen Gründen. Doch mit der Strafandrohung wird die Angelegenheit um einiges pikanter.

Wettbewerber könnten Straftatbestand missbrauchen

Badle erwartet, dass der Anfangsverdacht, der für die Einleitung der staatsanwaltlichen Ermittlungen bestehen muss, relativ leicht auszumachen ist. Und da im Fall von Korruption schnell eine Verdunklungsgefahr zu befürchten ist, könnten auch rasch harte Maßnahmen angeordnet werden – von Durchsuchungen bis hin zur Untersuchungshaft. Hinzu komme die unterschiedlich ausgeprägte Expertise bei den Strafverfolgungs­behörden, so der Oberstaatsanwalt. Und nicht zuletzt seien Korruptionsfälle im Gesundheitswesen für viele Medien ein großes Thema, auf das sie sich stürzen werden, erwartet Badle. Schließlich betreffe Gesundheit jeden. Hier gehe es zuweilen lediglich um Stimmungsmache. Und so könne eine Strafanzeige für einen Wettbewerber ein Weg sein, seinen Konkurrenten auf günstige Weise zu schädigen – denn die Arbeit machen andere.

All dies summiere sich zu einem „hochexplosiven Gemisch“. Die Vorlaufzeit bis zum Inkraftreten des ­neuen Straftatbestandes sollte also genutzt werden, um sich vorzubereiten, so Badle. „Kein Unternehmen kann es sich leisten, die Compliance im Keller aufzuhängen.“ Maßgeschneiderte Compliance-Pakete zu gestalten und zu implementieren sei vielleicht teuer. Aber eine Strafverfolgung könne unter Umständen noch teurer kommen. |

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