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Grünes Licht für ellaOne

Bundesrat lässt AMVV-Änderungsverordnung passieren

BERLIN (ks) | Ab dem 15. März 2015 ist die „Pille danach“ rezeptfrei in Apotheken erhältlich. Zunächst wird es nur ein Präparat geben: ellaOne® (Ulipristalacetat). Die Levonorgestrel-haltigen Notfallkontrazeptiva (Pidana®, Unofem®, Postinor®) werden erst verzögert als OTC verfügbar sein. Gleichzeitig hat der Bundesrat am 6. März ein Werbe- und ein Versandhandelsverbot für die „Pille danach“ beschlossen. Bei den Apothekerinnen und Apothekern stößt das Versandverbot vornehmlich auf Zustimmung, wie eine Umfrage von DAZ.online zeigt.

Während ellaOne® ab Montag, dem 16. März, als OTC-Präparat im Großhandel bezogen werden kann, muss im Fall der Levonorgestrel-haltigen Notfallkontrazeptiva zunächst die Änderung der Arzneimittelverschreibungsverordnung (AMVV) in Kraft treten. Wenn das Bundesgesundheitsministerium diese Woche zügig die weitergehenden Vorgaben des Bundesrates einfügt und auch sonst alles glatt läuft, wäre eine Veröffentlichung im Bundesanzeiger diese Woche Freitag möglich – einen Tag später würden die neuen Regelungen wirksam. Erst wenn es so weit ist, können die Hersteller der LNG-Präparate beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte den OTC-Switch beantragen. Dann müssen neue Packungen und Beipackzettel genehmigt werden, was wiederum Zeit beanspruchen wird.

Kiefer: Apotheker beraten kompetent und diskret

Dr. Andreas Kiefer, Präsident der Bundesapothekerkammer, betonte im Anschluss an die Zustimmung des Bundesrats zur Änderung der AMVV, dass eine umfassende Beratung bei der „Pille danach“ auch in der Selbstmedikation unverzichtbar sei. Zugleich sicherte er zu: „Wir Apotheker werden dies leisten, denn kompetente und ­diskrete Beratung gehört zu unseren ­alltäglichen Aufgaben“.

Dazu hat die Bundesapothekerkammer umfangreiche Handlungsanweisungen zur Beratung zur „Pille danach“ veröffentlicht. Empfohlen wird darin, das Nofallkontrazeptivum nur an die betroffene Frau persönlich abzugeben, aber im Regelfall nicht an ­einen Boten. Auch eine Abgabe „auf Vorrat“ soll es nicht geben. Im Einzelfall soll der Frau ein Arztbesuch empfohlen werden. Kiefer: „Mädchen unter 14 Jahren sollten sich bei der Anwendung von Notfallverhütungsmitteln ärztlich beraten lassen. Sie bekommen diese Medikamente im Regelfall nicht in der Selbstmedikation.“ Bei minderjährigen Frauen empfiehlt die Bundesapothekerkammer Apothekern, die ­Beratung mittels einer Checkliste zu dokumentieren. Die gesetzlichen Krankenkassen übernehmen die ­Kosten der Notfallkontrazeptiva nur für Frauen bis zum 20. Geburtstag, ­sofern der Arzt ein entsprechendes ­Rezept ausgestellt hat.

Werbe- und Versandverbot

Beschlossen wurde überdies ein Publikums-Werbeverbot. Ein solches gilt bisher nach dem Heilmittelwerbegesetz für rezeptfreie Arzneimittel, die psychotrope Wirkstoffe mit Abhängigkeitspotenzial enthalten und die Schlaflosigkeit oder psychische ­Störungen zu beseitigen oder die Stimmungslage beeinflussen sollen. ellaOne®-Hersteller HRA Pharma ist von dem Verbot nicht begeistert. Viel habe man zwar nicht vorgehabt, sagt Geschäftsführer Klaus Czort. Aber eine Online-Werbung, die Informationen rund um ellaOne® bereithält, sei durchaus geplant gewesen.

Bemerkenswert ist, dass die Länder mit so kurzer Vorlaufzeit einmütig ein ­Versandverbot für die „Pille danach“ ­beschlossen haben. Es ist das erste ­rezeptfreie Arzneimittel, für das ein solches Verbot gelten soll. SPD- und Grüne-geführte Länder hatten nun plötzlich keine Bedenken, ein solches Verbot festzuschreiben. Bislang sieht die Apothekenbetriebsordnung nur vor, dass Arzneimittel, die die verschreibungspflichtigen Wirkstoffe Lenalidomid, Pomalidomid oder Thalidomid enthalten, nicht im Wege des Versandes in den Verkehr gebracht werden dürfen. Kritiker halten das OTC-Versandverbot für europarechtlich fragwürdig. Andererseits lässt der EU-Humanarzneimittelkodex „die Anwendung nationaler Rechtsvorschriften unberührt, die den Verkauf, die Lieferung und den Gebrauch von empfängnisverhütenden oder schwangerschaftsunterbrechenden Arzneimitteln verbieten oder einschränken“. Entsprechende Vorschriften haben die Mitgliedstaaten der Kommission mitzuteilen.

Bei einer DAZ.online-Umfrage zum Versandverbot zeigte sich, dass von den 147 teilnehmenden Leserinnen und Lesern ein Drittel bezweifelt, dass Versandapotheken die Beratung gewährleisten können; das Verbot sei ­daher richtig. 45,6 Prozent gehen noch weiter und lehnen den Versandhandel mit Arzneimitteln generell ab. Sie begrüßen deswegen jede Maßnahme, die die Gefahren dieses Vertriebsweges deutlich macht. Nur zehn Prozent finden, dass die „Pille danach“ wie jedes andere OTC-Präparat behandelt werden sollte und ein Verbot deswegen ­inkonsequent und falsch sei. Genauso viele Teilnehmer meinen, dass Notfallkontrazeptiva überhaupt kein Geschäftsmodell für Versandapotheken darstellen und es daher keine Rolle spiele, ob der Versand verboten ist oder nicht. |

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