Die Seite 3

Einiges wert!

Dr. Doris Uhl, Chefredakteurin der DAZ

Manch ein chronisch kranker Patient, der auf eine Vielzahl von Arzneimitteln an­gewiesen ist, ist zur Zeit nicht optimal ­versorgt. Doppelverordnungen, Verschreibungskaskaden, Interaktionen, unklare Anwendungshinweise sind nur ein kleiner Einblick in die Probleme, die die Polymedikation mit sich bringt. Oft weiß der Hausarzt nicht, was seine Facharztkollegen verordnet haben und umgekehrt, und in der Regel wissen Ärzte nicht, was der Patient noch so im Rahmen der Selbstmedikation einnimmt. Hier muss sich grundlegend etwas ändern. Das ist nicht nur uns Apothekern klar. Auch die Politik hat die Notwendigkeit erkannt und will zum Beispiel mit dem eHealth-Gesetz einen großen Schritt vorankommen. Das Gesetz soll unter anderem die Weichen für die zügige Einführung und Nutzung der elektronischen Gesundheitskarte stellen. Hand in Hand gehen soll es mit der Einführung des bundeseinheitlichen Medikationsplans (s. S. 22). Geht es nach dem vorliegenden Referentenentwurf zu dem Gesetz, so soll der bundeseinheitliche Medikationsplan ab dem 1. Oktober 2016 für alle Patienten zur Verfügung stehen, die mindestens fünf Arzneimittel regelmäßig benötigen. Und: der Hausarzt soll diesen Plan erstellen und dem Patienten aushändigen. Das greift allerdings entschieden zu kurz!

Die ABDA, aber auch die Verbraucherschützer fordern zu Recht Nachbesserung: der Patient soll auch eine Apotheke seines Vertrauens mit der Erstellung des Plans beauftragen können. Und darüber hinaus fordert die ABDA, dass jedem Medikationsplan auch eine Medikationsanalyse vorangehen muss. Das ist zweifelsohne zwingend, wenn man sich vor Augen hält, dass mit all diesen Aktionen ja die Arzneimitteltherapiesicherheit verbessert werden soll.

Für uns ist klar: Medikationsanalyse ist eine Aufgabe für Apotheker (s. S. 24). Doch sieht die Politik das genau so? Und dann die Gretchenfrage: wie wird der zusätzliche Aufwand für Medikationsplan und -analyse vergütet?

Weder Ärzte noch Apotheker sind bereit, solche Aufgaben ohne eine zusätzliche Honorierung zu übernehmen. Während Ärzte mit ihren Honorarforderungen bei den Krankenkassen auf offene Ohren zu stoßen scheinen und schon heute Polymedikationschecks vergütet bekommen können, beißen Apotheker mit solchen Forderungen eher auf Granit. Ganz schnell verweisen die Kassen auf das jetzt schon vorhandene „üppige“ Beratungshonorar, mit dem solche Dienstleistungen abgegolten sein sollen. Und ganz schnell wird die Frage von Kassen- aber auch von Ärzteseite gestellt, ob die Kompetenzen für Medikationscheck und -analyse bei Apothekern überhaupt vorhanden sind.Wir müssen also noch viel Überzeugungsarbeit leisten.

Dass wir das Potenzial für diese pharmazeutischen Dienstleistungen haben, steht für uns außer Frage. Wir dürfen uns aber nicht allein auf Modellprojekte verlassen, die unsere Kompetenz unter Beweis stellen sollen.

Es ist ganz entscheidend, dass die Patienten erleben, was ihre Apotheker leisten können. Einfache Medikationsanalysen können jetzt schon in jeder Apotheke durchgeführt werden. Kolleginnen und Kollegen, die dieses Angebot gezielt Patienten mit Polymedikation gemacht haben, berichten immer wieder darüber, wie sehr die Patienten ihnen diese Dienstleistung danken. Und das nicht nur mit Worten! Sie sind auch bereit, dafür zu zahlen. Denn wenn beispielsweise ein alter Mensch plötzlich wieder klar denken kann, weil durch Umstellung der Medikation auf bestimmte Arzneimittel verzichtet werden konnte (s. S. 64), dann ist das für den Betroffenen und seine Angehörigen ein unschätzbarer Gewinn an Lebensqualität, der auch den Krankenkassen einiges wert sein muss. Das gilt es zu vermitteln!

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