Arzneimittel und Therapie

Antibiotika-Therapie mit Folgen

Risiko für juvenile idiopathische Arthritis steigt

Einige Studien verwiesen bereits auf die Wichtigkeit der Integrität der kommensalen Keimflora zur Prävention von Autoimmunerkrankungen. Eine weitere Studie untersuchte nun eine mögliche Relevanz des menschlichen Mikrobioms bei juveniler idiopathischer Arthritis.

Eine antimikrobielle Behandlung dient der Abtötung bzw. Wachstumshemmung invasiver Pathogene. Wird mit den Antibiotika jedoch auch die physiologisch vorhandene Keimflora geschädigt, kann sich dies möglicherweise auf die Pathogenese chronisch entzündlicher Erkrankungen auswirken. Zu diesem Fazit gelangten Forscher der University of Pennsylvania, Philadelphia, auf dem diesjährigen Treffen des American College of Rheumatology (ACR) in Boston. Sie präsentierten erstmals die Daten einer populationsbasierten Fall-Kontroll-Studie zur möglichen Assoziation einer Antibiotika-Gabe und der Inzidenz von juveniler idiopathischer Arthritis (JIA) bei Kindern. Hierzu wurden Daten des britischen Health Improvement Network ausgewertet und Personen unter 16 Jahren identifiziert, bei denen eine juvenile idiopathische Arthritis diagnostiziert wurde. Insgesamt 153 Kinder mit JIA wurden – passend nach Alter und Geschlecht – mit 1530 Personen ohne diagnostizierte juvenile idiopathische Arthritis (Kontrolle) verglichen und hinsichtlich der Art und Häufigkeit dokumentierter Antibiotika-Verschreibungen analysiert. Es zeigte sich, dass das Risiko für die Entwicklung einer juvenilen idiopathischen Arthritis mit der Anzahl und Dosis eingenommener antibakteriell wirkender Präparate stieg (angepasste OR 2,6; 95% KI, 1,5 bis 4,6). Antiviral bzw. fungizid wirkende Substanzen hatten keinen entscheidenden Einfluss auf die Häufigkeit einer juvenilen Arthritis.

Nach Ansicht der Autoren kann die Dysregulation der Art und Menge kommensaler Bakterienstämme mittels Antibiotika somit vermutlich zur Pathogenese schwerer ­Autoimmunerkrankungen beitragen. Doch auch die Möglichkeit einer durch die bakterielle Infektion selbst induzierten JIA können die Forscher nicht ausschließen. Letztlich könnten Kinder mit juveniler Arthritis auch potenziell anfälliger sein, schwere bakterielle Infektionen zu entwickeln, was auch eine vermehrte Antibiotika-Einnahme zur Folge hätte und somit eine eindeutige Auswertung der Daten erschwert. Zukünftige Studien werden diese Faktoren evaluieren müssen, um die Plausibilität der vermuteten Assoziation zu bestätigen. Die bisherigen Daten unterstützen jedoch das Anliegen vieler Wissenschaftler, die Gabe von Antibiotika bei Kindern generell zu reduzieren. Eine antibakterielle Therapie sollte zukünftig mit besonderer Vorsicht durchgeführt werden, um unangemessene Behandlungen zu vermeiden und das Risiko möglicher Spätfolgen zu minimieren. |

Quelle

Horton DB et al. Antibiotic exposure and the development of juvenile idiopathic arthritis. Abstract 929, American College of Rheumatology (ACR) 2014 Annual Meeting, 16. November 2014

Apotheker André Said

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