Gesundheitspolitik

Rezeptfreie „Pille danach“ nur in Vor-Ort-Apotheken

Versandverbot für OTC-Notfallkontrazeptiva gefordert – BVDVA empört

BERLIN (jz) | Nach dem Hickhack um die Entlassung aus der Verschreibungspflicht und den Verkaufsbeginn der rezeptfreien „Pille danach“ wartete die deutsche Gesundheitspolitik vergangene Woche mit einem Überraschungscoup auf: OTC-Notfallkontrazeptiva sollen in Deutschland nur in Apotheken vor Ort zu bekommen sein. Hinter der Initiative soll CDU-Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe stecken. Darauf deutet die Erstveröffentlichung in der konservativen Tageszeitung „Die Welt“ hin – insbesondere da BMG-Staatssekretär Lutz Stroppe (CDU) noch vor Sonnenaufgang zustimmend twitterte. Beim Koalitionspartner sowie den Versandapotheken stößt der Vorstoß allerdings auf Unverständnis.

Kurzfristig eingebracht hatten den Antrag die rot-grün regierten Länder Rheinland-Pfalz, Niedersachsen und Schleswig-Holstein sowie das schwarz-grün geführte Hessen. In seiner Sitzung vom 18. Februar sprach sich der Gesundheitsausschuss des Bundesrats für die Sperre aus. Sollten die Länder im Bundesrat am 6. März der Empfehlung ihres Gesundheitsausschusses folgen, würde das Verbot kommen, da der Bundestag sich mit dem Antrag nicht befassen wird.

Zur Umsetzung des Versandverbots für OTC-Notfallkontrazeptiva empfiehlt der Gesundheitsausschuss, § 17 Abs. 2b der Apothekenbetriebsordnung folgendermaßen zu ergänzen: „Für Arzneimittel, die die Wirkstoffe Lenalidomid, Pomalidomid oder Thalidomid enthalten sowie für zur Notfallkontrazeption zugelassene Arzneimittel mit den Wirkstoffen Levonorgestrel oder Ulipristalacetat, ist ein Inverkehrbringen im Wege des Versandes nach § 43 Abs. 1 Satz 1 des Arzneimittelgesetzes nicht zulässig.“

Hauptargumente: Zeit und Beratung

Das Verbot sei „geboten, um sicherzustellen, dass Notfallkontrazeptiva so bald wie möglich […] eingenommen werden“, heißt es zur Begründung. Der Anwendungserfolg sei am wahrscheinlichsten, je früher die Anwendung erfolge. „Dies kann über einen Versandhandel ­typischerweise nicht gewährleistet werden.“ Zudem sollte die Abgabe nur „im konkreten Bedarfsfall“ und „nur unmittelbar an die betroffene Person“ erfolgen. Bei einer Bevorratung könne die Beratung durch Apotheken nicht gewährleistet ­werden. Grundsätzlich könnten auch Versandapotheken die erforderliche Information und Beratung leisten, heißt es weiter. Umfang und Intensität der Beratung erforderten aber eine Beratung von ­Angesicht zu Angesicht. „Eine ­Beratung über Online-Fragebögen oder eine telefonische Beratung ­erscheinen hier weder sachgerecht noch ausreichend.“

Deutliche Kritik am Vorstoß

Bei der SPD-Bundestagsfraktion fühlt man sich offenbar übergangen. Dort hat man kein Verständnis für die Sperre. Wichtig sei, dass Frauen in einer Notsituation überall schnell und unkompliziert Zugang zu Notfallkontrazeptiva haben, betonte die gesundheitspolitische Sprecherin, Hilde ­Mattheis. „Wenn eine Versandapotheke eine Lieferung der rezeptfreien ‚Pille danach‘ innerhalb von 24 Stunden oder vielleicht sogar schneller garantieren kann, gibt es im Interesse der betroffenen Frauen keinen Grund, diesen Bezugsweg rechtlich auszuschließen.“ Bei der Qualität der Beratung gebe es zudem keine Unterschiede zwischen Versandapotheken und Vor-Ort-Apotheken.

Der Bundesverband Deutscher Versandapotheken (BVDVA) kritisierte den Vorstoß als einseitige Stimmungsmache zulasten der ­Patientinnen. Er wehrt sich speziell gegen die Bedenken bei der ­Beratung: Versandapotheken schnitten bei Tests nicht schlechter ab als Vor-Ort-Apotheken. Auch das Argument der nicht ­sofortigen Verfügbarkeit will der Verband nicht gelten lassen. In Vor-Ort-Apotheken sei das Medikament nicht zwingend sofort ­erhältlich, in der Regel müsse es beim Großhandel bestellt werden. |

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