Management

Wie viel „Ellbogen“ darf es denn sein?

Durchsetzungskraft bei der Mitarbeiterführung – Nicht immer geht es ohne harte Konfrontation

Hartnäckigkeit, eine Prise Egoismus und zuweilen sogar eine gewisse Rücksichtslosigkeit bei der Mitarbeiterführung sind manchmal vonnöten, um sich durchzusetzen. Aber oft werden diese Eigenschaften nicht gerne gesehen. Wie findet der Apotheker die „goldene Mitte“ zwischen angemessener Durchsetzungsstärke und der Berücksichtigung der Interessen der Menschen in seinem Umfeld?

Im Kundenkontakt sollte der Apotheker das Ellbogenprinzip vermeiden. Sicherlich muss er im Kundengespräch zuweilen auf ­seiner pharmazeutischen Fach­meinung bestehen und sie durchsetzen – dann aber immer, indem er seine Ansichten argumentativ begründet, und nicht durchboxt. Der Kunde ist und bleibt König.

In den meisten Gesprächen – und das gilt auch für die Kommunikation zwischen Kunde und Apotheker – prallen unterschiedliche Einstellungen aufeinander. Jeder versucht, den anderen so zu überzeugen, dass dieser sein Handeln entsprechend den eigenen Zielen verändert. Aber: Diese Überzeugungsarbeit kann immer nur in der jeweiligen Wirklichkeit dessen stattfinden, der überzeugt werden soll – also in der Realität des Kunden. Darum gilt: Der Apotheker sollte Verhaltensweisen und Gesprächsstrategien entwickeln, die ihm helfen, sich in die Welt des Kunden zu versetzen und aus ­dessen Nutzenerwartung heraus zu argumentieren.

Der „goldene Mittelweg“ könnte so ausschauen: Der Apotheker zeigt sich in aller Regel wenig kompromisslos in Angelegen­heiten, die seine Fachkompetenz ­betreffen. Auf der menschlichen Ebene allerdings geht er stets wertschätzend vor.

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Kräftemessen Man lässt bei Mitarbeitern ungern die Muskeln spielen,abermanchmal ist es trotzdem nötig, um eindeutige Schranken zu setzen.

Mitarbeiterführung: auf eigene Interessen fokussieren

Kommen wir zur Mitarbeiterführung: Die Ellbogenmentalität, die im Kundenkontakt „out“ ist, darf und soll bei der Mitarbeiterführung schon eher Anwendung finden. Allerdings: In einer Gesellschaft, die mehr auf Kooperation als auf Konfrontation setzt, ist die Ellbogenmentalität meistens kein probates Mittel, um Interessen durchzusetzen.

Gerade weibliche Führungskräfte und Apothekerinnen haben in ­dieser Hinsicht zuweilen ihre Probleme. Ihre Fähigkeit zur Empathie und wertschätzenden Kommunikation und Mitarbeiterführung steht ihnen zuweilen dann im Weg, wenn es „hart auf hart“ kommt und es wichtig und richtig ist, die Ellbogen auszufahren und renitente und schwierige Mitarbeiter auch einmal in die Schranken zu weisen. Sie sollten bedenken: Es ist leider nicht immer möglich, bei der Mitarbeiterführung grundsätzlich ohne Konfrontation aus­zukommen.

In schwierigen Situationen sollte der Apotheker stets den situativen Kontext berücksichtigen. Grundsätzlich ist es zwar zielführender, Win-win-Situationen herbeizu­führen und einen Interessensausgleich anzustreben, bei dem keiner der Beteiligten einen Schaden nimmt oder sein Gesicht verliert. Jedoch: Wenn sich ein Mitarbeiter einfach nicht an die notwendigen Anweisungen hält oder das Kooperationsklima in der Apotheke zu seinem Vorteil ausnutzt, ist es durchaus angebracht, die eigenen Interessen mit härteren Bandagen zu verteidigen.

Die Überzeugungskraft des besseren Arguments

In kritischen Situationen mit Mitarbeitern ist es zunächst einmal klug, sich auf die Überzeugungskraft und die Macht des besseren Arguments zu verlassen. Fruchtet dies nicht und verhält sich der Mitarbeiter weiterhin unkooperativ und unfair, sollte der Apotheker die folgenden Hinweise beachten:

  • Er stellt den Mitarbeiter früh­zeitig zur Rede und hält ihm die Konsequenzen seines Verhaltens vor Augen.
  • Er bleibt selbst im hitzig und emotional geführten Gespräch fair und sachlich, souverän, ­ruhig und gelassen.
  • Er gibt dem Mitarbeiter unmissverständlich und deutlich zu verstehen, dass dieser eine rote Linie überschritten hat.
  • Er stellt klar, dass er das Ver­halten des Mitarbeiters nicht ­akzeptiert.
  • Er sorgt dafür, dass er über ­mehrere Handlungs- und Entscheidungsoptionen verfügt, um dem Mitarbeiter einerseits entgegenzukommen, ihm aber andererseits auch unnachgiebig begegnen zu können.

Das heißt: Auf das aggressive Ellbogenverhalten des Gegenübers antwortet der Apotheker mit genau dieser Verhaltensweise. Wie der Mitarbeiter in den Wald hineinruft, so schallt es heraus.

Kritisieren, Defizite nennen, verwarnen, sanktionieren

Für den Fall, dass ein Mitarbeiter ein offensichtliches Fehlverhalten zeigt, hat es sich bewährt, ein ­Stufenkonzept anzuwenden, bei dem der Apotheker in Abhängigkeit von der Schwere des Fehl­verhaltens und der Situation vier Möglichkeiten hat.

Auf der Stufe 1 besagt das Konzept der „produktiven Kritik“, dass der Apotheker mit seiner Kritik in die Zukunft gerichtete Verbesserungen in Gang setzen will. Es geht nicht um das „Herumreiten“ auf der Vergangenheit, sondern die Ermittlung der Gründe, die zu dem kritisierten Verhalten geführt haben. Diese Gründe sollen abgestellt und eine Verhaltensänderung in Gang gesetzt werden.

Verhaltensorientiertes Vieraugengespräch ...

Wenn das Kritikgespräch nicht mehr ausreicht, um dem Mitarbeiter zu verdeutlichen, dass er bestimmte Verhaltensweisen vermeiden sollte, führt der Apotheker mit ihm ein verhaltensorientiertes Vieraugengespräch. Ziel ist, dass er von selbst einsieht, dass sein Verhalten einer Ver­änderung bedarf.

Nehmen wir an, ein Mitarbeiter ist unhöflich zu den Kollegen. Im Gespräch fragt ihn der Apotheker, was das Team leisten könne, um das Betriebsklima zu verbessern. Im Laufe des Gesprächs wird wohl auch der Aspekt „Respekt und Höflichkeit“ auftauchen – und jetzt ergreift der Apotheker die Gelegenheit, den Mitarbeiter zu fragen, ob er auch bei sich selbst Verbesserungsmöglichkeiten sieht. Der Apotheker spricht an, dass er bei dem Mitarbeiter diesbezüglich klare Defizite erkannt hat. Oft wird dieser dann von selbst Vorschläge unterbreiten, die auch seinen Beitrag zur Verbesserung des Betriebsklimas umfassen.

... oder Verwarnungsgespräch

Jetzt wird es unangenehmer: Wenn ein Mitarbeiter Verhaltensweisen an den Tag legt, die der Apotheke schaden könnten, muss der Apotheker ihm im Verwarnungsgespräch die „Gelbe Karte“ zeigen. Die Gratwanderung zwischen eindeutiger Ansprache des Problems und der Gefahr der Konflikteskalation gelingt, wenn er die problematischen Sachverhalte konsequent anspricht, es dabei ­jedoch vermeidet, den Mitarbeiter persönlich zu beschuldigen. Indem er nie die Person, sondern stets die Auswirkungen der verwarnungswürdigen Handlung in den Vordergrund stellt, kann er die Verwarnung vornehmen, ohne das Selbstwertgefühl des Mitarbeiters anzugreifen.

Der Apotheker legt die Fakten neutral auf den Tisch und thematisiert nur Dinge, die er belegen kann. Er fragt den Mitarbeiter: „Ist ­Ihnen bewusst, dass Sie durch Ihr Handeln der Apotheke einen erheblichen Schaden zufügen, und damit uns allen, letztendlich auch Ihnen selbst?“

Sanktionen ergreifen

Zuweilen sind bei der Mitarbeiterführung negative Sanktionen erlaubt – und erforderlich. Der Mitarbeiter, der Kollegen permanent ins Messer laufen lässt, gefährdet Betriebsklima, Teamgeist und den Erfolg der Apotheke. So etwas darf nicht passieren und muss vom Apotheker unterbunden ­werden. Er darf sich nicht davor scheuen, offensichtliche Fehlleistungen streng zu sanktionieren. |

Dr. Michael Madel, freier Autor und Kommunikationsberater

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