Gesundheitspolitik

Streit um digitale Rezeptübermittlung

Landgericht hat nichts gegen Arzt-Apotheker-Vernetzung auf Patienten-Bitte

BERLIN (ks) | Ein Arzt, der damit wirbt, Rezepte gleich beim Ausstellen einer Apotheke zuzumailen – welche das Arzneimittel dem Patienten umgehend liefert – handelt nicht zwingend wettbewerbswidrig. Das hat das Landgericht Dessau-Roßlau entschieden. Gegen das Urteil ist bereits Berufung eingelegt.(Urteil des Landgerichts Dessau-Roßlau vom 25. September 2015, Az.: 3 O 22/15)

Ein Arzt in Sachsen-Anhalt hatte in einem Flyer mit der digitalen Rezeptübermittlung geworben: Da die Apotheke im Ort geschlossen wurde, habe man die Versorgung mit Health Network realisiert – einem Portal, das Ärzte mit „Dienstleistern“ wie Apotheken vernetzt. „Zeitgleich mit dem Ausstellen des Rezepts in der Praxis erschien dieses digital in der zehn Kilometer entfernten Apotheke, die unsere Patienten umgehend beliefert“, heißt es im Flyer.

Die Wettbewerbszentrale wurde hellhörig und mahnte den Arzt ab. Der Vorwurf: Der Mediziner verstoße gegen die Berufsordnung, die es Ärzten untersage, Patienten ohne hinreichenden Grund eine bestimmte Apotheke zu empfehlen oder sie dorthin zu verweisen. Daraus ergebe sich ein wettbewerbsrechtlicher Unterlassungsanspruch.

Der Arzt hielt dem entgegen, dass die Weiterleitung der Rezepte nur auf ausdrückliche Nachfrage erfolge. Den Patienten werde das Rezept in Papierform ausgehändigt – dann könnten sie entscheiden, ob sie es selbst einlösen möchten oder es an das Portal weitergeleitet werden soll. Im letzteren Fall unterzeichneten sie eine entsprechende Einwilligungserklärung.

Gericht: Kein Verstoß gegen Zuweisungsverbot

Das Landgericht entschied nun zugunsten des Arztes: Er habe mit seinem Verhalten nicht gegen die Berufsordnung (§ 31 Abs. 2 BO der Ärztekammer Sachsen-Anhalt) verstoßen. Das Gericht hält der Wettbewerbszentrale vor, dass sie ihren Anspruch maßgeblich auf die Aussage im Flyer stütze. Daraus allein sei aber kein Verstoß gegen besagte Verbotsnorm erkennbar. Diese Aussage sei „viel zu pauschal“, so das Urteil. Es lasse sich daraus nicht schließen, dass der Arzt generell alle Rezepte an die vernetzten Apotheken weiterleite.

Es liege auch kein unzulässiger Verweis vor, wenn ein Patient gezielt um Auskunft bitte, wie es der Beklagte geschildert habe. Unterschreibe er eine Einwilligungserklärung, sei dies nicht bedenklich. Vielmehr sei es „lebensfremd und praxisfern“, wenn der Patient jedes Mal erneut um die Zusendung des Rezeptes an die mit der Arztpraxis vernetzte Apotheke bitten müsste – gerade bei älteren Patienten und wiederkehrenden Rezepten.

Selbst wenn der Patient eine Empfehlung nicht erbeten habe, könnte immer noch ein „hinreichender Grund“ für eine solche vorliegen, so das Gericht weiter. Im konkreten Fall ist nach Ansicht des Gerichts dieser hinreichende Grund darin zu sehen, dass es im Umfeld des vom Beklagten versorgten Bereichs nur wenige Apotheken gebe. Zwar gibt es welche, im Abstand von 6, 8, 10 oder 15 Kilometern – doch der Arzt habe erklärt, dass die Weiterleitung überwiegend Patienten betreffe, die in ihrer Mobilität eingeschränkt seien. Er legte zudem eine Übersicht vor, derzufolge es durchaus „Selbstabholer“ unter seinen Patienten gibt. Damit ist für das Gericht belegt: Generell wurden die Rezepte nicht zugewiesen.

Auch die Vermutung der Klägerin, der Arzt verfolge mit der Zuweisung wirtschaftliche Interessen, weist das Gericht zurück: Dies sei ein „Vortrag ins Blaue hinein“ – konkrete Anhaltspunkte lägen nicht vor.

Das letzte Wort ist noch nicht gesprochen. Die Wettbewerbszentrale hat Berufung beim Oberlandesgericht Naumburg eingelegt. |

0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.