Gesundheitspolitik

TK-Vorschlag für geheime Preise

Vertrauliche Erstattungsbeträge sollen Marktrücknahmen verhindern

BERLIN (ks) | Jens Baas, Chef der Techniker Krankenkasse (TK), hat schon mehrfach Verständnis für die Kritik von Pharmaunternehmen an den öffentlichen Erstattungsbeträgen gezeigt. Nun hat seine Kasse einen Vorschlag vorgelegt, wie das Arzneimittelmarkt-Neuordnungsgesetz (AMNOG) in diesem Sinne nachgebessert werden könnte.

Die Hersteller fuchste es von Anbeginn, dass die Erstattungspreise für Arzneimittel, die sie nach einer frühen Nutzenbewertung mit dem GKV-Spitzenverband aushandeln, öffentlich sind. Sie plädierten für einen offiziellen Listenpreis – und darauf einen vertraulich verhandelten Abschlag. Denn Deutschland war und ist Referenzpreisland für andere Staaten – daher ist den Unternehmen daran ­gelegen, dass diese Bezugspreise nicht zu sehr in den Keller gehen. Das steht aber zu befürchten, wenn den Arzneimitteln kein Zusatznutzen attestiert wird. Manch ein Anbieter zieht dann die Marktrücknahme vor. Das muss kein Verlust sein: Es gibt für neue Präparate ohne festgestellten Zusatznutzen immer gleichwertige Alternativen.

Doch die TK räumt ein: Es gibt Situationen, in denen es sinnvoll ist, auch Medikamente ohne Zusatznutzen im Markt zu halten. Denn begünstigt durch Pharmaberater und Werbung seien in einigen Fällen schon im ersten Jahr nach der Markteinführung viele Patienten auf ein neues Mittel eingestellt – wird dieses dann vom Markt genommen, kann dies problematisch für die Patienten werden. Ein Beispiel hierfür ist derzeit das Ultralangzeitinsulin degludec Tresiba® von Novo Nordisk. Die TK ist überzeugt: Wenn die Erstattungsbe­träge zumindest in Teilen geheim ­wären, könnten günstigere Preise ausgehandelt werden und in bestimmten Fällen Marktrücknahmen vermieden werden.

Die TK schlägt nun ein Szenario für den Fall vor, dass abzusehen ist, dass die Erstattungsbetragsverhandlungen für ein Arzneimittel ohne festgestellten Zusatznutzen erfolglos sein werden und der Hersteller droht, aus dem Markt zu gehen. Gibt es keine Einigung, wird die Schiedsstelle angerufen. Diese wird informiert, welchen Preis beide Seiten fordern. Nun kommt die TK-Idee: Ist der GKV-Spitzenverband der Auffassung, das Präparat habe einen gewissen Stellenwert für die Versorgung, nennt er einen weiteren Preis. Dieser umfasst einen höheren Erstattungsbetrag, der jedoch um geheime Rabatte ergänzt wird. Diese Rabatte können die Kassen schon jetzt abseits der zentral ausgehandelten Erstattungsbeträge nach § 130c SGB V vereinbaren. Sodann entscheidet die Schiedsstelle über den Erstattungsbetrag. Wählt sie die Variante mit geheimem Zusatzrabatt, will die TK das Zustandekommen an Bedingungen knüpfen. Unter anderem müsste das Unternehmen innerhalb von drei Monaten mit der Mehrheit der Kassen (mind. 80% der Versicherten) einen Vertrag nach § 130c SGB V schließen und mindestens die vom GKV-Spitzenverband genannte zusätzliche ­Rabatthöhe gewähren. Wird das Quorum nicht erreicht, soll automatisch der ursprünglich vom GKV-Spitzenverband geforderte niedrigere Preis gelten – ohne ­geheime Preiskomponente.

Der GKV-Spitzenverband sieht ­offenbar keinen Nachbesserungsbedarf: „Unser Ziel ist und bleibt es, einen fairen Erstattungsbetrag für die gesetzliche Krankenversicherung zu verhandeln. Es ist bereits heute möglich, dass einzelne Krankenkassen ergänzende ­Rabattverträge mit einzelnen Pharmaunternehmen aushandeln“, so Sprecher Florian Lanz zur AZ.

Aufgeschlossener zeigt sich der Verband der forschenden Pharmaunternehmen (vfa): „Beim AMNOG zeigt sich, dass Systemfehler zu Versorgungsproblemen führen. Diese Analyse der TK ist richtig“, so ein Sprecher. Allerdings: „Über die Schlussfolgerungen muss man reden.“ |


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