Management

Mitarbeiter führen und motivieren

So stellen Sie Win-win-Situationen her

Win-win-Philosophie in der Apotheke bedeutet: Es ist der Beziehung zu den Mitarbeitern förderlich, wenn es gelingt, partnerschaftliche Win-win-Situationen zu kreieren, bei denen beide Seiten das berechtigte Gefühl haben, ihre Interessen größtenteils durchgesetzt zu ­haben.

Eine Möglichkeit für eine Führungskraft, Win-win-Situationen zu kreieren, besteht darin, stets einen Interessenausgleich herbeizuführen. Nehmen wir an, Mitarbeiter und Chef haben gegenteilige Ansichten darüber, wie sich ein bestimmtes Ziel erreichen lässt. Würden nun beide Beteiligte versuchen, ihre Ansicht und ihre Position durchzuboxen, gäbe es einen Gewinner – und einen Verlierer. Sicherlich gibt es Situationen, in denen genau dieser Ausgang etwa eines Konflikts unumgänglich ist. Vielleicht aber lässt sich alternativ ein Kompromiss oder gar ein Konsens finden. Es ist zumindest eine Überlegung wert, ob es zu einer Eskalation nicht auch Alternativen gibt.

Win-win statt Loose-loose

Aber Achtung: Ein Kompromiss birgt oft die Gefahr, sich zu einem „faulen Kompromiss“ zu entwickeln, bei dem einer der Beteiligten oder gar beide Nachteile in Kauf nehmen müssen. Verlierer-Verlierer-Situationen sind die Folge.

Hier hilft das Harvard-Konzept des sachgerechten Verhandelns und des Interessenausgleichs weiter. Es setzt bei den Beteiligten die Bereitschaft voraus, in der konfliktgeladenen Situation den anderen als Partner zu sehen, der lediglich andere Interessen vertritt, die jedoch ebenso legitim sein können wie die eigenen.

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Wie kommt man da bloß weiter? Auch in dieser Situation kann die Überlegung helfen, ob es zu einer Eskalation nicht auch Alternativen gibt.

Hart in der Sache, weich mit dem Gegenüber

Diese Denkweise ermöglicht es ­einem Chef, die Interessen des Mitarbeiters verstehend nachzuvollziehen und bei der Entscheidungsfindung zu berücksichtigen. Jedoch: Er verliert dabei nie die eigenen Interessen aus den Augen.

Das Motto des sachgerechten ­Interessenausgleichs lautet: hart in der Sache, weich mit dem Gegenüber. Zielsetzung ist, sich bei dem Konflikt von dem üblichen Sieger-Verlierer-Schema zu befreien und möglichst zu einer ­Gewinner-Gewinner-Situation zu gelangen. Um dies zu erreichen, geht der Chef auf den Verhandlungspartner konstruktiv ein: Er möchte die Interessen des Mitarbeiters und die eigenen Interessen gleichrangig behandeln.

Dafür sollte man über die Bedeutung des Begriffs „Interessen“ reflektieren und sich verdeutlichen, dass es dem Gegenüber – zumindest im Normalfall – nicht darum geht, dem Chef oder der Apotheke zu schaden. Der andere möchte ­lediglich ein Interesse durchsetzen, das ihm am Herzen liegt.

Interessenausgleich anstreben

Positionen sind Standpunkte, die wir einnehmen, also Forderungen, Meinungen und Vorschläge. Interessen hingegen sind die Dinge, die wir eigentlich und in Wirklichkeit durchsetzen wollen. Win-win-Lösungen setzen voraus, dass man die hinter den Positionen verborgenen Interessen entdeckt. Erst dann ist ein Interessenausgleich möglich.

Dazu ein Beispiel: Eine PTA kommt des Öfteren zu spät und ist während der Arbeit müde und unkonzentriert. Die Apothekenleiterin könnte die Mitarbeiterin nun zurechtweisen; sie will aber eine Lösung finden, die für alle Beteiligten von Vorteil ist.

Die Chefin macht sich darum klar: Es liegt im Interesse der Apotheke und der Kunden, wenn die Mitarbeiterin konzentriert ihrer Arbeit nachkommt. Sie beschließt daher, die Mitarbeiterin nicht zurechtzuweisen, sondern das konstruktive Gespräch mit ihr zu suchen. So erfährt sie, dass sich die PTA seit einigen Wochen um ihre pflegebedürftige Mutter kümmert – darum das Zuspätkommen, die Müdigkeit und die Unkonzentriertheit. Das Interesse der Mitarbeiterin besteht darin, gute Arbeit zu leisten – und der Mutter zu helfen.

Nun liegen die Interessen aller Beteiligten auf dem Tisch – und aufgrund der Kenntnis dieser Interessen ist es der Chefin vielleicht eher möglich, eine Lösung zu entwickeln, die sowohl ihre eigenen Interessen als auch die der Mitarbeiterin und deren Mutter gleichermaßen berücksichtigt.

Zumindest ist die Wahrscheinlichkeit gestiegen, zu einer Win-win-Lösung zu gelangen – allein deswegen, weil der Chefin durch die genaue Kenntnis der Situation und ihrer Hintergründe mehrere Handlungsoptionen offenstehen, nicht nur die Zurechtweisung der Mitarbeiterin.

Beziehungsqualität und Sachergebnis berücksichtigen

Das Konzept stößt an seine Grenzen, wenn Mitarbeiter den Willen des Chefs zum Interessenausgleich auszunutzen versuchen. Der Apothekenleiter muss dann überlegen, ob er die Strategie der Härte oder des Nachgebens verfolgen will. Entscheidend ist dabei das Interesse am Sachergebnis und an der Beziehungsqualität. Was genau heißt das?

Wenn das Interesse am Sachergebnis und an der Qualität der Beziehung zum Mitarbeiter – aus welchen Gründen auch immer – schwach ausgeprägt ist, kann der Apotheker anders agieren, als wenn es umgekehrt ist, er mithin ein hohes Interesse an einem guten Ergebnis und einer stabilen Mitarbeiterbeziehung hat. Ist das Interesse an der guten Mitarbeiterbeziehung und dem Sachergebnis sehr ausgeprägt, sollte der Chef die Strategie des vorsichtigen Nachgebens in Erwägung ziehen.

Wenn es allerdings wie im Beispiel oben im Sinne der Kundenorientierung richtig ist, gegenüber der Mitarbeiterin hart zu bleiben, ist die Beziehung zur Mitarbeiterin für die Chefin unter den obwaltenden Umständen eher zweitrangig. Sie setzt sich also konsequent gegenüber der PTA durch, weil ihr Interesse an einer guten und konzentrierten Arbeit größer ist als ihr Interesse an der Versorgung der Mutter und dem Wohlbefinden der Mitarbeiterin. Eine harte Entscheidung – es sind jedoch auch Fälle denkbar, in denen es sich genau umgekehrt verhält.

Das Nachdenken über die verschiedenen Ausprägungen und das Verhältnis von Sachergebnis und Beziehungsqualität bietet dabei meistens eine wichtige Entscheidungshilfe.

Neutrale Person einschalten

Win-win-Situationen lassen sich am besten kreieren, wenn das Verhältnis zu den Mitarbeitern durch Wertschätzung und Respekt geprägt ist. Allerdings: Wenn dem so ist, sind Strategien, die Win-win-Situationen herbeiführen sollen, oft unnötig. Sie entstehen aufgrund des partnerschaftlichen Verhältnisses zwischen Mitarbeiter und Chef meistens von selbst.

Problematisch wird es immer, wenn persönliche Animositäten und Beziehungskonflikte in den Fokus rücken – es ist dann oft so gut wie unmöglich, eine Win-win-Konstellation herzustellen. Der Chef sollte mit dem Mitarbeiter dann ausschließlich auf der Sachebene kommunizieren. Doch auch dies ist leichter gesagt als getan.

Zielführend ist in solch einem Fall die Einschaltung einer dritten Person, der es eher möglich ist, eine Konfliktlösung auf den Weg zu bringen, bei der die Interessen von Mitarbeiter und Chef gewahrt bleiben. Dieser objektiv-unbeteiligten Person fällt es wahrscheinlich leichter, die hinter den Positionen verborgenen Interessen offenzulegen und auf diese Weise einen Interessenausgleich im Gespräch mit den Beteiligten anzustoßen. |

Dr. Michael Madel, freier Autor und Kommunikationsberater

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