Gesundheitspolitik

Was ist ein „Lagerraum“ für die Heimversorgung?

Oberverwaltungsgericht NRW: Im externen Lagerraum darf auch Medikationsmanagement stattfinden

BERLIN (ks) | Ein Lagerraum für die Klinik- oder Heimversorgung im Sinne des § 4 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 ApBetrO, für den das Prinzip der Raumeinheit nicht gilt, darf auch für über die reine Lagerung hinausgehende heimversorgende Tätigkeiten genutzt werden. Das gilt insbesondere für Tätigkeiten, die mit der Lagerung verbunden sind, aber zum Beispiel auch für Informations- und Beratungstätigkeiten oder die Erstellung von Medikationsplänen. Das hat das Oberverwaltungsgericht (OVG) Nordrhein-Westfalen in einem jetzt veröffentlichten, aber noch nicht rechtskräftigen Urteil entschieden. (OVG NRW, Urteil vom 29. April 2015, Az.: 13 A 2551/13)

Geklagt hatte der Betreiber einer öffentlichen Apotheke, der auch Heime versorgt. Er wollte festgestellt wissen, dass von ihm für die Heimversorgung angemietete Räume, die nicht mit seiner Apotheke verbunden sind, auch für spezielle, von ihm benannte Tätigkeiten abseits der reinen Arzneimittel-„Lagerung“ verwendet werden können. Ebenso begehrte er die Feststellung, dass für die Hinzunahme weiterer Räume zu seiner Apotheke weder eine Erlaubnis noch eine Abnahme der Räumlichkeiten nötig ist. Die zuständige Behörde hatte hierzu nämlich eine andere Auffassung. Mit seinen Anträgen hatte der Kläger vor dem OVG weitgehend Erfolg.

Ein „Lagerraum“ im Sinne des § 4 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 ApBetrO, so entschied das Gericht, dürfe für heimversorgende Tätigkeiten genutzt werden, die notwendiger‑ oder zumindest typischerweise mit der Lagerung von Arzneimitteln und Medizinpro­dukten verbunden sind oder denen lediglich eine der Lagerung dienende Funk­tion zukommt. So schließe der Begriff „Lagerraum“ ein, dass das Lagergut dort auch „angeliefert, abgenommen, eingangskontrolliert, sortiert, ausgepackt, umgepackt, einem Lagerstandort zugeordnet, eingelagert, dokumentiert (Aufnahme in das Warenwirtschaftssystem), kontrolliert und gegebenenfalls bei Verfall oder Rückruf ausgesondert wird, sowie im Falle einer Bestellung u. a. am Lagerstandort aufgesucht, entnommen, umge­packt, zwischengelagert und endkontrolliert wird“. Weiterhin seien „dienende“ Lager­tätigkei­ten, etwa telefonische oder elektronische Auftrags- und Be­stellungsabwick­lungen, von der Zweckbestimmung eines Lagerraums nicht ausgenommen.

Ausführlich legt das Gericht dar, warum weder der Wortlaut des § 4 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 2. Alternative ApBetrO noch das Leitbild des Apothekers in seiner Apotheke oder der Sinn und Zweck der Ausnahme von der Raumheit es gebieten, einen externen Lagerraum lediglich als Verwahrraum zu nutzen. Ebenso, warum Gründe der Gefahrenabwehr eine solche Annahme nicht rechtfertigten.

Kein Widerspruch zum (sich wandelnden) Leitbild

So führt das Gericht etwa aus, dass das Leitbild des Gesetzgebers vom Apotheker in seiner Apotheke in der Vergangenheit einen erheblichen Wandel erfahren habe. Mittlerweile ist ein eingeschränkter Mehrbesitz genauso erlaubt wie der Versandhandel mit Arzneimitteln. Schließlich habe der Gesetzgeber auch die Möglichkeiten, Apothekenbetriebsräume auszulagern, erheblich erweitert. Ausnahmen vom Grundsatz der Raumeinheit sieht § 4 Abs. 4 ApBetrO beispielsweise weiterhin für Räume vor, die den Versandhandel sowie die dazugehörige Beratung und Information betreffen. Ebenso für Räume, die für die Verblisterung oder die Herstellung von Parenteralia genutzt werden und für das Nachtdienstzimmer.

Gemessen hieran sei nicht erkennbar, dass das Leitbild eine enge Auslegung der in Lagerräumen im Sinne des § 4 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 ApBetrO zulässigen Tätigkeiten geböte. Der Apotheker werde auch in diesen zu den Betriebsräumen der Apotheke gehörenden Räumen dem Leitbild entsprechend in seiner Apotheke tätig, so das OVG.

Ganz konkret stellt das Gericht die Zulässigkeit folgender heimversorgender Tätigkeiten fest:

  • Bestellung von Fertigarzneimitteln und apothekenpflichtigen Medizinprodukten,
  • Entgegennahme der Bestellungen durch die Heimbewohner/das Heim,
  • Endkontrolle und die Lieferung der Arzneimittel und apothekenpflichtigen Medizinprodukte an die Heimbewohner,
  • Dokumentation der gelagerten und der für Heimbewohner gelieferten Arzneimittel,
  • Durchführung des Medikationsmanagements,
  • ergänzende Information und Beratung der Heimbewohner und der Mitarbeiter des Heims, soweit diese Leistungen nicht im Heim erbracht werden,
  • Prüfung neuverblisterter Arzneimittel.

Schließlich entschied das Gericht, dass für die Hinzunahme eines externen Apothekenbetriebsraums zu den Räumen einer bereits bestehenden Apotheke eine Erweiterung der Erlaubnis nach § 1 Abs. 2 und 3 ApoG erforderlich ist. In diesem Punkt entsprach es also nicht dem Begehren des Klägers. Nicht erforderlich sei hingegen eine Abnahme im Sinne des § 6 ApoG. |

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