Management

Ende gut – alles gut?

Die Apothekenschließung auf einen guten Weg bringen

Warum auch immer eine Apotheke schließt oder schließen muss – meistens geschieht das nicht von jetzt auf gleich. Vorher ist Einiges zu erledigen, vorzubereiten und die Arbeitsweise ist umzustellen. Wo fängt man an, um zu einem guten Ende zu kommen?

Die allererste Frage ist die nach dem „Wann“. Es gibt unendlich viel zu organisieren, Einiges davon ist sehr zeitaufwendig. Meistens braucht man viel länger als vermutet, um alles abzuwickeln. Wesentlich ist hierbei der Grund der Schließung. Es ist ein Unterschied, ob eine junge Apothekerin sich total verkalkuliert hat und hoch verschuldet schließen muss oder ob jemand zufrieden lächelnd in den Ruhestand geht.

Wie geht es dem Team mit dem Ende seines Arbeitsplatzes? Finden alle eine andere Apotheke und freuen sich auf neue Aufgaben oder ist das nächste Tätigkeitsfeld mit vielerlei Einschränkungen und Startschwierigkeiten verbunden? Manches Team trauert, weil eine Ära guter Zusammenarbeit aufhört, andere sind erleichtert, weil es die letzten Jahre zunehmend schwieriger wurde. Diese Gegebenheiten nehmen natürlich auch Einfluss darauf, wie die Abwicklung der Schließung vonstattengeht.

Foto: contrastwerkstatt – fotolia.com

An alles gedacht? Eine Apothekenschließung ist mit jeder Menge Formalitäten verbunden und kann emotional sehr belastend sein. Egal, ob die Schließung aus finanziellen Gründen geschieht oder man sich auf seinen Ruhestand freut.

Organisatorisches

Das organisatorische Geschehen kann man in Kündigungen, Abmeldungen und einzelne andere Aufgaben unterteilen.

Bei den Kündigungen handelt es sich zunächst um Verträge aller Art, aber auch um Konten, Abonnements und kleinere Dinge wie die Rundfunkgebührenstelle etc. Oft steht nicht nur das Kündigen der Verträge an, sondern damit verbundene neue Aufgaben.

Kündigt man einer apothekenspezifischen Versicherung, ist vielleicht gleichzeitig der Abschluss einer anderen Versicherung wichtig, die mit dem eigenen neuen ­Arbeitsfeld zusammenhängt, je nachdem ob die Apothekerin in Rente geht oder etwas Anderes startet. Nutzen Sie die Möglichkeit, etwas Günstiges auszu­handeln!

Wohl der, die eine gut geordnete Buchhaltung besitzt und alle Verträge gleich zur Hand hat. Wenn dem nicht so ist, kann man sich heutzutage auch eine Fachkraft auf Zeit engagieren, die das ganze Bürowesen sortiert und eine gute Basis für den Anfang vom Ende schafft. So spart man viel Zeit, Nerven und Geld, weil man mit Überblick Fristen einhalten kann und alles sofort findet. ­Apropos Büro: Auch nach der ­Abwicklung und ohne Apotheke braucht man noch Raum und Zeit für die Aufbewahrung aller Unterlagen, die erst nach Jahren ­entsorgt werden dürfen. Das ist Einiges mehr als zwei oder drei Ordner.

Das Apothekenteam

Das Personal: Möchte ich als Apothekerin meine Angestellten bei der Arbeitsplatzsuche unterstützen und gute Kräfte in befreundete Betriebe weitervermitteln? Wenn die Leiterin und eine Angestellte zum Beispiel darin einig sind, dass eine Weiterbildung oder ein anderer Beruf für sie sinnvoll sind, können sich beide gegenseitig unterstützen, indem eine Vollzeitarbeitskraft frühzeitig auf Teilzeit umsteigt und parallel zum Schließungsgeschehen sich zunehmend in ihrem anderen Bereich engagiert. Eine ganz andere Überlegung: Kündige ich meinen Mitarbeiterinnen nur fristgerecht oder zahle ich eine Abfindung? Wenn ja: bekommen alle eine und wie hoch soll diese ausfallen? Ein Abschiedsgeschenk vielleicht?

Wann informiere ich überhaupt meine Angestellten? So früh wie möglich oder so spät wie nötig?

Was bedeutet in diesen Tagen „zu viel“ und „zu wenig“ Angestellte? Wer bleibt bis zum Schluss, wer findet schnell etwas Anderes und fehlt dann bei Ihnen?

Machen Sie sich frühzeitig Gedanken über die Zeugnisse für Ihre Mitarbeiterinnen. Überlegen Sie, ob es ein Standarddokument werden soll oder ob Sie in Form und Wortlaut etwas Besonderes erschaffen wollen. Wo sind die Stärken der Einzelnen, wofür sind Sie ihnen dankbar und über welche Bemerkung oder Tat, die typisch für diese eine Mitarbeiterin ist, sie quasi charakterisiert, haben Sie sich im Laufe der Zusammenarbeit gefreut? Da das Herunterfahren eines Betriebes oft ein paar Jahre dauert, haben Sie Gelegenheit, Fotos von besonders gelungenen Schaufensterdekos, Aktionen, Flyern etc. zu machen und diese dem jeweiligen Zeugnis beizufügen. Auf diese Weise bekommen andere Arbeitgeber einen lebendigen Eindruck, was alles in ihrer zukünftigen Mitarbeiterin steckt.

Wer alles informiert werden soll

Abmeldungen sind zuvörderst bei der Kammer und den Notdienst­apothekern zu tätigen. Auf der Internetseite einiger Kammern bekommt man ausführliche Checklisten, die bei Abwicklung aller Aufgaben eine große Hilfe sind, wie zum Beispiel in Niedersachsen: http://www.apothekerkammer-nds.de/download.php, Apothekenaufsicht, Merkblatt Schließung und Verkauf.

„Am Ende wird alles gut. Leider befinden wir uns erst am Anfang vom Ende.“

Ernst Ferstl

Die Berufsgenossenschaft, das ­Gesundheitsamt und die Bundes­opiumstellen sind genauso zu informieren wie zum Beispiel die Krankenkassen der Angestellten, die Apothekerversorgung, das Amtsgericht und die Gemeinde­verwaltung.

Sortiment und Inventar

Wird Ihre Apotheke bis zum letzten Öffnungstag in vollem Umfang betrieben oder bauen Sie nacheinander bei laufendem Betrieb ab, indem Sie zum Beispiel ab drei Monaten vor Schluss keine Kosmetika und Bonbons oder andere Produktgruppen mehr einkaufen? Vielleicht reduzieren Sie das Sortiment, indem Sie zum Beispiel nur noch drei Sorten Halsschmerztabletten und ASS von einem Hersteller vorrätig halten. Worauf können Sie zuerst verzichten?

Alte Teedosen und Standgefäße finden guten Absatz bei anderen Apotheken, den Kunden und Sammlern. Die meisten Betriebe haben so einige Schätze im Keller, die bereits frühzeitig verkauft werden können, unabhängig von der Schließung. Sie müssen nicht alles selbst machen, spannen Sie hier Kinder und Enkel ein, denen es Spaß bringt, diese Dinge im Netz, auf Sammlerbörsen oder auf Flohmärkten zu verkaufen. Das Gleiche gilt für alte Arzneibücher und alles andere, was Sie sowieso nicht mehr benutzen. Je früher Sie es entsorgen, desto weniger Ballast belastet Sie nach der Schließung bzw. je früher Sie sich von Ihren Schätzen trennen, desto weniger Arbeit haben Sie hinterher.

Die emotionale Seite: ­Abschied nehmen

Hier wird wieder klar, wie unterschiedlich die emotionale Verarbeitung sein kann. Wenn Sie Ihre Apotheke gerne betrieben haben und nun nur aus wirtschaftlichen Gründen schließen müssen oder in Rente gehen: Machen Sie sich klar, was Sie über die Jahre geschafft haben, wie vielen Mitarbeitern Sie Lohn und Brot ge­geben, wie vielen Menschen Sie durch gute Beratung geholfen ­haben, wieder gesund zu werden oder besser mit ihren Krankheiten zurecht zu kommen! Es ist wichtig, die emotionale Arbeit zu leisten, die mit einer traurigen Schließung zusammenhängt. Nur so können Sie sich Ihrem nächsten Lebensabschnitt offen und neugierig zuwenden anstatt in Resignation, Bitternis, Schuldgefühlen oder Depression zu enden. Nach meiner Erfahrung als Coach steckt oft weit mehr in einem Prozess der Betriebsschließung als das rein Organisatorische. Es geht auch um eine Trennung mit allen damit verbundenen Gefühlen. Suchen Sie sich also gegebenenfalls professionelle Unterstützung bei einem Psychologen oder Coach, sprechen Sie regelmäßig mit Ihren Freundinnen über das, was Sie bewegt oder was Ihnen schwerfällt oder schreiben Sie ­Tagebuch, je nachdem was Ihnen am meisten hilft.

Ist es dagegen eine frohe Schließung, die Sie erleichtert und von einer Last befreit, freuen Sie sich, dass Sie es rechtzeitig geschafft haben.

Es ist sinnvoll, jede Unterstützung anzunehmen und zu ­suchen, die Arbeit und Nerven spart, vor allem bei den Dingen, die Sie am schwierigsten finden oder die Ihnen absolut nicht ­liegen. |

Ute Jürgens

Ute Jürgens ist PTA und Diplom-Pädagogin für Erwachsene. Sie ist Seminartrainerin im Bereich Kommunikation mit Spezialisierung auf Heilberufler, www.kommed-coaching.de, info@kommed-coaching.de

Zum Nachlesen

Über einen Lösungsansatz bei drohender Insolvenz und wann ggf. welche Schritte ­einzuleiten sind, informierte folgender Beitrag:

„Sanierungsexperten in die Apotheke? “

Apotheker Zeitung 2015, Nr. 17, Seite 6

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