Gesundheitspolitik

Werte statt Zielvorgaben

Kommentar von Benjamin Wessinger

Warum sollte die Versorgung der Bevölkerung schlechter werden, wenn die Apotheke in Besitz einer Kapitalgesellschaft wäre und nicht mehr eines Apothekers? Könnte nicht ein angestellter Apotheker/Filialleiter, der nicht mit seinem gesamten Privatvermögen haftet, viel leichter ethisch statt finanziell motiviert seine Entscheidungen treffen? Diese Fragen stellen die Befürworter einer „Liberalisierung“ des Apothekenmarktes immer wieder – und vermitteln dabei den Eindruck, es handle sich eigentlich um rhetorische Fragen.

Dass dem mitnichten so ist, zeigt ein kurzer Bericht des ­öffentlich-rechtlichen kanadischen Fernsehsenders CBC. ­Darin berichten ehemalige Angestellte von Apothekenketten von dem hohen Verkaufsdruck, den die Konzernzentrale auf sie ausgeübt hat. Der Bericht zitiert interne E-Mails, in denen den Filialen konkrete Zielvorgaben gemacht werden, beispielsweise sieben Medikationsanalysen pro Tag an den Mann zu bringen (s. „Apotheker als Verkäufer“, S. 3 dieser Ausgabe).

Natürlich können auch in inhabergeführten Apotheken Zielvorgaben gemacht werden. Doch wer glaubt, dass das solche Ausmaße annimmt, wie es in Kettenstrukturen offenbar der Fall ist, verkennt einen wesentlichen Umstand: Apotheken werden in Deutschland heute eben von Apothekern geführt, nicht von Managern!

Natürlich sind Apotheker auch Kaufleute und Unternehmer, die auch wirtschaftlichen Zwängen unterliegen. Aber sie begreifen sich eben in erster Linie als Heilberufler, die sich ihrer Verantwortung bewusst sind und sich bestimmten Werten verpflichtet fühlen – nicht betriebswirtschaftlichen Zielvorgaben.

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