Gesundheitspolitik

Der Berg ruft

Von Redewendungen und Sprichwörtern lernen

Der Apotheken-Ökonom

Andreas Kaapke ist Professor für Handelsmanagement und Handelsmarketing an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg, Standort Stuttgart, und Inhaber des Beratungsunternehmens Prof. Kaapke Projekte. E-Mail: a.kaapke@kaapke-projekte.de

Dem Berg sind etliche deutsche Redensarten gewidmet. So will mancher Berge versetzen, was schon biblisch dem Vollbringen einer Wundertat gleichkam, in dem das Unmögliche möglich gemacht wird. Weniger geläufig ist es, wenn goldene Berge versprochen werden, was dem „Blauen vom Himmel versprechen“ gleich kommt. Aber es werden falsche Hoffnungen erweckt, da auch hier Berge versetzt werden müssten, um goldene Berge versprechen zu können. Wer von uns möchte nicht über alle Berge sein, also uneinholbar, weit voran. Dementsprechend findet sich für das Gegenteil die Redensart „noch nicht über dem Berg sein“, eben noch in einer Krise befindlich, diese noch nicht überwunden haben. Insbesondere bei Kranken bzw. Sterbenskranken wird diese Redensart gern als Verdichtung dafür gebraucht, wie es um einen Patienten steht. Ursprünglich galt dies als Statusbericht bei einer Wanderung, bei der der letzte Anstieg noch nicht vollzogen war und wurde dann auf andere Lebensbereiche übertragen.

Wo die Mehrheit Weihnachten, Ostern, Geburtstage und Namenstage feiert, wird bei Schülern, Studenten, Azubis aber auch Soldaten gerne das Bergfest gefeiert, also jener Punkt, der die Halbzeit markiert. Von nun an sind noch weniger Tage zu absolvieren als die, die schon gemeistert wurden. Wenn es mit jemandem bergab geht, dann nehmen Kraft, Gesundheit oder auch Ansehen ab.

Wenn ein Mensch seine Ansichten, seine Meinungen, seine Argumente, vielleicht insgesamt seine Position nicht kundtut, gar verheimlicht oder verklausuliert darstellt, dann hält er damit hinter dem Berg. Diese Redewendung wird auch gerne im militärischen Sinne gebraucht, um dann im entscheidenden Moment einen Überraschungscoup landen zu können.

„Hinter dem Berg wohnen auch Leute“ soll darauf hindeuten, dass es Dinge gibt, die wir nicht kennen, noch nicht kennen gelernt oder bislang ignoriert haben. Oft richtet sich diese Redewendung gegen das vermeintlich eingebildete Bildungsbürgertum, das gerne für sich in Anspruch nahm über alles und jeden Bescheid zu wissen und eben doch nicht alles kennen zu können.

Eine Berg- und Talfahrt macht derjenige durch, der ohne konkrete Vorankündigung Höhen und Tiefen erlebt und immer wieder darauf reagieren können muss. Das Dastehen wie der Ochs am Berg meint, nicht weiterzuwissen und wem schon mal die Haare zu Berge gestanden sind, weiß, dass dies gleichbedeutend mit einem Überrascht- oder Überrumpeltsein oder einem Nicht-mehr-weiterwissen“ ist bzw. sein kann.

Wenn der Berg nicht zum Propheten kommen will, muss der Prophet zum Berge gehen. Da wir nicht tun können, was wir möchten, müssen wir tun, was wir können. Wenn es dumm läuft und man falsch investiert, bleibt man auf einem Berg voller Schulden sitzen. Und wenn zu viel produziert wird, spricht man von einem Butterberg oder Milchberg oder einem Berg von was auch immer.

Können Apotheker Berge versetzen? Manch einer, der schon Bergfest gefeiert hat, möchte dies nicht mehr oder vielleicht wollte er es noch nie. Sind Apotheker schon über alle Berge? Manchmal möchte man das Gegenteil vermuten oder vielleicht noch beklemmender. Lange Jahre waren die Apotheker in dieser Situation und haben nicht erkannt, dass die anderen Marktpartner – insbesondere die Politik und die Kassen – dann doch wieder Boden gut gemacht haben und sich nun anschicken, die Apotheken zu überholen, was lange für nicht möglich gehalten wurde. Müssen die pharmazeutischen Propheten also doch zum Politberg kommen? Wenn der Berg nicht zu Dir kommt, gehe zum Berg? Denn über dem Berg sind die Apotheken noch lange nicht. Mögen manche Entscheidungen der letzten Jahre doch eher Hoffnung aufkeimen lassen, Fremd- und Mehrbesitzverbot, Honorierungsfragen sind virulent und lassen manchen der Zunft wie den Ochs vorm Berg erscheinen. Nun kann man die Berg- und Talfahrt seit 2004 beklagen, den aufgestauten Bürokratieberg als zu hoch, gar ungerecht hoch einstufen, behaupten, es wurden goldene Berge versprochen und dies wurde nicht eingehalten. Zu lange hat man hinter dem Berg gehalten, was die Position der Apotheker anbetrifft, was die Honorierungsansprüche angeht und was die Rolle der Apotheke in der Gesellschaft anbelangt. Nun wo man Farbe bekennt, nicht mehr hinterm Berg hält und doch noch nicht überm Berg ist und man erkennt, dass hinterm Berg auch Leute wohnen, kann die Botschaft nicht lauten, den Berg zu meiden – nein: der Berg ruft, auch wenn einem dabei manchmal die Haare zu Berge stehen ... |

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