Gesundheitspolitik

Deutsch-ungarisches-Pick-up-Modell: grundsätzlich zulässig

Bundesverwaltungsgericht entscheidet über länderübergreifende Apotheken-Kooperation

BERLIN (ks) | Das deutsch-ungarische Pick-up-Modell, das zwar schon lange nicht mehr betrieben wird, aber die Gerichte seit Jahren beschäftigt, hat letzte Woche vor dem Bundesverwaltungsgericht seinen verwaltungsrechtlichen Schlusspunkt gefunden. Das Gericht in Leipzig entschied, dass eine inländische Apotheke auf Bestellung ihrer Kunden durchaus Arzneimittel von einer Apotheke aus dem EU-Ausland – hier Ungarn – beziehen darf und die bestellten Medikamente mit Rechnung dieser ungarischen Apotheke an die Kunden abgeben kann (Urteil vom 26. Februar 2015, Az.: BVerwG 3 C 30.13). Relevant werden könnte ein solches Modell aber erst wieder, wenn die deutsche Regelung, dass auch ausländische Versandapotheken die Arzneimittelpreisverordnung zu befolgen haben, vor dem Europäischen Gerichtshof keinen Bestand hat.

Das Modell

Die Klägerin betreibt eine Apotheke in Freilassing. Ab 2008 bot sie ihren Kunden an, Medikamente kostengünstiger bei einer Apotheke in Budapest zu bestellen. Im Falle einer Bestellung beschaffte die Klägerin die Arzneimittel über Großhändler in Deutschland und ließ sie an die ungarische Apotheke und von dort wieder zurück an ihre Apotheke liefern. Bevor sie die Arzneimittel ihren Kunden aushändigte, überprüfte sie sie im Hinblick auf die Unversehrtheit der Verpackung, das Verfallsdatum sowie mögliche Wechselwirkungen. Bei der Abholung erhielten die Kunden eine Rechnung der ungarischen Apotheke.

Das zuständige Landratsamt untersagte der Klägerin im Juli 2009 dieses Vorgehen – die sofortige Vollziehung wurde angeordnet, das Modell fand damit sein Ende. Zur Begründung hieß es, dass die Klägerin nach den Vorschriften des Apothekengesetzes und der Apothekenbetriebsordnung zur persönlichen und eigenverantwortlichen Leitung ihrer Apotheke verpflichtet sei. Sie dürfe deshalb Medikamente nur auf eigene Rechnung abgeben. Die Apothekerin zog daraufhin vor Gericht. In der ersten Instanz gab das Verwaltungsgericht der Klage teilweise statt. Auf die Berufung der Klägerin hob der Bayerische Verwaltungsgerichtshof das Verbot auf.

Rx-Rabatt jetzt kein Thema – aber in Zukunft?

Was die ebenfalls beanstandeten Rabatte auf die verschreibungspflichtigen Arzneimittel betrifft, so befand der VGH diese für unzulässig – sie standen auch vor dem Bundesverwaltungsgericht nicht mehr zur Debatte. Der Gesetzgeber hat inzwischen Rechtsklarheit geschaffen: Auch ausländische Versandapotheken müssen beim Arzneimittelversand nach Deutschland die Arzneimittelpreisverordnung beachten. Allerdings wird diese Regelung nun doch noch auf den europarechtlichen Prüfstand gestellt. Das Oberlandesgericht hat für Ende März einen Vorlagebeschluss an den Europäischen Gerichtshof angekündigt, in dem es um genau diese Fragen gehen wird. Doch bis zu einer Entscheidung können Jahre vergehen. Und ohne Rx-Boni ist die deutsch-ungarische Kooperation sicher wenig attraktiv. Auch wenn das Bundesverwaltungsgericht jetzt die Revision des Landratsamts zurückgewiesen und die Entscheidung der Vorinstanz bestätigt hat. Die Urteilsgründe liegen noch nicht vor. In einer Pressemitteilung des Gerichts heißt es aber, die von der Klägerin praktizierte Abgabe von Arzneimitteln auf Rechnung einer fremden Apotheke verstoße nicht gegen die Verpflichtung, die Apotheke persönlich und eigenverantwortlich zu leiten. Die Apothekerin nehme ihre pharmazeutische Verantwortung wahr, indem sie die aus Ungarn bezogenen Medikamente auf Eignung, Qualität und Unbedenklichkeit überprüft sowie die Kunden erforderlichenfalls hinsichtlich Wirkungen und Wechselwirkungen informiert und berät. Es sei auch nicht zu beanstanden, dass der Vertrag, den die Kunden über den Kauf der Arzneimittel schließen, mit der Apotheke in Budapest zustande komme. Die rechtliche Verantwortung der Klägerin bleibe davon unberührt. Sie habe nicht nur öffentlich-rechtlich für eine ordnungsgemäße und sichere Arzneimittelabgabe einzustehen, sondern trage auch aus dem mit den Kunden geschlossenen Vertrag Verpflichtungen.

Ein Verstoß gegen das Verbot, Arzneimittel von einer anderen Apotheke zu beziehen liege ebenfalls nicht vor. Nach § 17 ApBetrO Abs. 6c gelte das Verbot nicht für Arzneimittel, die im Rahmen des üblichen Apothekenbetriebs beschafft werden. Das sei hier aber der Fall, weil die Abgabe von Arzneimitteln an den Endverbraucher zum Kerngeschäft einer Apotheke gehöre und die Weitergabe der Arzneimittel von der ungarischen Apotheke an die Klägerin nur auf vorherige Kundenbestellung erfolge. |

Das könnte Sie auch interessieren

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof zur Pflicht zur persönlichen Leitung in eigener Verantwortung

Deutsch-ungarisches Apotheken-Pick-up: Ja, aber …

EuGH: Was in einem EU-Staat rezeptfrei ist, ist es nicht in der ganzen EU

Kein Freibrief für Rezeptfreies

0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.