DAZ aktuell

Freisprüche im Zytostatika-Prozess

5. Strafsenat des BGH urteilt in zwei Revisionsverfahren – und entscheidet anders als der 1. Senat

BERLIN (ks) | Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofes (BGH) in Leipzig hat letzte Woche in zwei Revisionsverfahren, in denen es um die Abgabe von Zytostatika ging, die Apotheker aus Arzneimitteln ohne deutsche Zulassung zubereitet hatten, seine Urteile verkündet. Während der 1. Strafsenat des BGH in einem früheren Fall eine Strafbarkeit des Apothekers angenommen hatte, sind in den aktuellen Verfahren die Pharmazeuten rechtskräftig freigesprochen worden.

Seit Jahren beschäftigen die Zyto-Verfahren Gerichte in ganz Deutschland. Der Sachverhalt ist stets vergleichbar: Apothekern wird vorgeworfen, Krankenkassen bei der Abrechnung von durch die Apotheke selbst hergestellten Zytostatika getäuscht und Arzneimittel ohne Zulassung in den Verkehr gebracht zu haben. Sie hätten die für die Zubereitung nötigen Arzneimittel ohne deutsche Zulassung im Ausland gekauft, um sie in besagten Zubereitungen zu verwenden. Die Krankenkassen brachten dies zur Anzeige.

Der 1. Strafsenat des BGH hatte in einem Urteil vom 4. September 2012 einen Fall aus München entschieden. Er hielt den Apotheker für strafbar, verwarf den Freispruch der Vorinstanz und verwies die Sache an eine andere Strafkammer des Landgerichts München – entschieden hat diese noch nicht. Der Senat vertrat die Auffassung, dass der angeklagte Apotheker durch die Zubereitung einer Injektionslösung nicht etwa ein Rezepturarzneimittel hergestellt habe, das keiner Zulassung bedürfe, wie es das Landgericht angenommen hatte. Dem pulverförmigen Fertigarzneimittel Gemzar sei lediglich Kochsalzlösung beigefügt worden – ein neues Arzneimittel sei dabei nicht hergestellt worden. Also sei das ursprüngliche Arzneimittel ohne Zulassung in den Verkehr gebracht worden.

In Leipzig ging es nun zum einen um ein Verfahren gegen zwei Krankenhausapotheker. Das Landgericht Kiel hatte sie in erster Instanz freigesprochen. Beiden Angeklagten wurde ein Tatbestandsirrtum zugutegehalten. Danach handelt nicht vorsätzlich, wer bei der Begehung einer Tat einen Umstand nicht kennt, der zum gesetzlichen Tatbestand der Strafvorschrift gehört. Die Staatsanwaltschaft legte jedoch Rechtsmittel gegen die Freisprüche ein.

Am 26. November 2014 verhandelte diese der 5. Strafsenat des BGH in Leipzig (Az. 5 StR 136/14), der unter anderem für Revisionen über erstinstanzliche Urteile aus schleswig-holsteinischen Landgerichten zuständig ist. Wie der Strafverteidiger in diesem Verfahren, der Kieler Rechtsanwalt Axel Höper, mitteilt, hat der 5. Senat bei der Urteilsverkündung offen gelassen, ob es sich bei den verwendeten Arzneimitteln um Rezeptur- oder Fertigarzneimittel handelt – ganz anders als seinerzeit der 1. Senat. Die Leipziger Richter hielten es vielmehr für maßgeblich, dass die beteiligten Krankenkassen selbst davon ausgegangen seien, dass es sich um eine Rezepturherstellung handele. Bei Rezepturarzneimitteln komme es aber nicht darauf an, ob die dabei verwendeten Mittel eine deutsche Zulassung haben, zumal es sich um Produkte handele, die ohnehin nur in einer Fabrik weltweit hergestellt werden. Ein Betrug sei damit nicht gegeben. Es scheitere schon an der Täuschungshandlung. Verstöße gegen arzneimittelrechtliche Vorschriften seien aufgrund des Irrtums der Apotheker auch nicht gegeben. Den Irrtum, so der Anwalt, bewerte der BGH ebenso wie das Kieler Landgericht als Tatbestandsirrtum.

In einem weiteren Fall ging es um einen Apotheker, der vom Landgericht Braunschweig zunächst verurteilt worden war. Dieses Urteil hat der BGH aufgehoben – auch für diesen Apotheker endete das Verfahren somit mit einem Freispruch (Az. 5 StR 405/13). 

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