DAZ aktuell

Das BfArM und die Liste der ruhenden Zulassungen

DAV und GKV-Spitzenverband einigen sich auf Abgabe-Prozedere

BERLIN (ks) | Die Liste von Arzneimitteln, deren Zulassung aufgrund einer Anordnung des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) ruht, ändert sich beständig – das stellt Apotheken vor Herausforderungen. Da die Bonner Behörde das Ruhen der Zulassung nicht als sofort zu vollziehenden Verwaltungsakt angeordnet hat, konnten und können betroffene Hersteller binnen vier Wochen nach Zugang des Bescheides Widerspruch einlegen. Diese Möglichkeit wurde rege genutzt – am Montag dieser Woche fanden sich daher nur noch 39 Zulassungen auf der BfArM-Liste. Überdies haben sich DAV und GKV-Spitzenverband mittlerweile geeinigt, wie in der Apotheke vorzugehen ist, wenn ein Arzneimittel dieser Liste verordnet wurde.

Manipulierte Bioäquivalenzstudien gaben den Ausschlag: Das BfArM hat recht schnell reagiert, als bekannt wurde, dass vielen Generika Zulassungsstudien des indischen Unternehmens GVK Biosciences zugrunde liegen, die mutmaßlich gefälscht sind. Am 8. Dezember gingen die Bescheide an die Firmen raus, mit denen das Ruhen der Zulassung angeordnet wurde. Wie bereits gemeldet, haben einige Hersteller Widerspruch gegen die sie betreffenden Bescheide des BfArM eingelegt (AZ Nr. 51, S. 1). Dieser Widerspruch entfaltet aufschiebende Wirkung. Das heißt, der Bescheid hat erst einmal keine Wirkung, solange nicht abschließend über den Widerspruch beschieden und auch weiterhin kein Sofortvollzug angeordnet ist – das Arzneimittel bleibt dann auch verkehrsfähig. Wieder verkehrsfähig – jedenfalls vorläufig – sind damit unter anderem wieder die gelisteten Präparate von Betapharm und Heumann. Von der Liste entfernt wurde zudem Clopidogrel Dexcel 75 mg Filmtabletten. Dexcel hatte das Produkt bereits vor längerer Zeit vom Markt genommen und gegenüber dem BfArM auf diese Zulassung verzichtet. Darüber hinaus, so Dexcel sei die für das Arzneimittel eingereichte Bioäquivalenzstudie gar nicht bei GVK Biosciences durchgeführt worden. Auch das zunächst vom BfArM gelistete Produkt Entacapon 200 mg Filmtabletten von Stada fiel schnell von der Liste. Es hatte zwar die Zulassung erhalten, war jedoch aus innerbetrieblichen Gründen zu keiner Zeit vermarktet worden. Angesichts dieser regen Bewegungen ist das BfArM dazu übergegangen, die auf seiner Webseite veröffentlichte Liste täglich zu aktualisieren – zumeist gegen 14 Uhr mittags.

PZN-Liste des DAP

Das DeutscheApothekenPortal (DAP) sorgt indessen für eine größere Praktikabilität der BfArM-Liste in der Apothekenpraxis und hat eine PZN-Liste der betroffenen Arzneimittel vorgelegt. Sie ist in drei Teile gegliedert: Die Liste 1 beinhaltet eine Aufstellung der nicht verkehrsfähigen Arzneimittel mit PZN. In Liste 2 werden die nach eingelegtem Widerspruch des Herstellers vorläufig wieder verkehrsfähigen Präparate aufgeführt. Und in der dritten Liste finden sich Arzneimittel mit ruhender Zulassung ohne PZN. Diese sind zwar für den deutschen Markt zugelassen, sind aber in Deutschland nicht in Vertrieb. Die PZN-Liste des DAP finden Sie im Internet unter www.deutschesapothekenportal.de/2194.html.

Abgabehinweise

Damit die Apotheken nicht Gefahr laufen, retaxiert zu werden, hat sich der Deutsche Apothekerverband (DAV) mit dem GKV-Spitzenverband auf ein Vorgehen verständigt. Wenn ein zum Abgabezeitpunkt aufgrund des Ruhens der Zulassung nicht verkehrsfähiges Arzneimittel verordnet wurde, so ist in der Apotheke laut DAV Folgendes zu beachten:

„Verordnet der Arzt ein vom Ruhen der Zulassung betroffenes Arzneimittel (soweit kein Widerspruch durch den Hersteller eingelegt wurde), darf dieses nicht mehr abgegeben werden. Es ist stattdessen nach der Aut-idem-Regelung eines der drei preisgünstigsten Arzneimittel abzugeben, sofern nicht ein Rabattarzneimittel vorrangig abzugeben ist.

Ist das Arzneimittel, welches vom Ruhen der Zulassung betroffen ist, ein Rabattarzneimittel, ist zunächst zu prüfen, ob ein weiteres, nicht vom Ruhen der Zulassung betroffenes Rabattarzneimittel zur Verfügung steht. Ist dies der Fall, so ist dieses alternative Rabattarzneimittel abzugeben.

Steht kein alternatives Rabattarzneimittel zur Verfügung, ist das Sonderkennzeichen für die Nichtabgabe eines Rabattarzneimittels zu vermerken und auf das Rezept bis auf Weiteres der Faktor ‚6‘ für pharmazeutische Bedenken aufzudrucken. Zusätzlich ist auf der Verordnung „Nichtabgabe wegen Ruhen der Zulassung“ zu dokumentieren.

Kann nach der Aut-idem-Regelung kein Arzneimittel abgegeben werden, muss der Arzt kontaktiert werden, damit dieser eine Änderung der Verordnung vornimmt, oder ein neues Rezept ausstellt.“

Der DAV-Vorsitzende Fritz Becker zeigte sich sicher: „Mit dieser Regelung haben wir wenigstens das Retaxationsrisiko minimiert und weitere Belastungen von den Apotheken ferngehalten.“

Schmidt: Apotheker müssen früher informiert werden

Vergangenen Freitagnachmittag meldete sich auch ABDA-Präsident Friedemann Schmidt zu den Vorfällen zu Wort. „Der aktuelle Vorfall ist letztlich eine Konsequenz aus der fortgeschrittenen Globalisierung im Bereich der Entwicklung und Produktion von Arzneimitteln“, erklärte er. Diese Globalisierung habe eine neue Unübersichtlichkeit geschaffen – deren Folgen brächten nicht nur für Patienten Verunsicherung. „Sie sind auch und gerade für die Apotheken, die Verantwortung für eine sichere und hochwertige Arzneimittelversorgung tragen, völlig unbefriedigend. Diese müssen jetzt zusätzlichen Verwaltungsaufwand schultern und mit juristischen Unwägbarkeiten und wirtschaftlichen Risiken umgehen, wenn sie Patienten mit Alternativen zu den Arzneimitteln versorgen wollen, deren Zulassung ruht.“

Schmidt weiter: „Eine Konsequenz aus dem aktuellen Vorfall muss sein, dass die Kontrollmöglichkeiten für Behörden und verantwortliche Stellen verbessert werden. Unter anderem sollten wir zu einer Regelung kommen, die sicherstellt, dass die berufsständischen Einrichtungen der Apotheker früher und vollständiger darüber informiert werden, wenn das Ruhen von Zulassungen für Arzneimittel im größeren Maßstab angeordnet wird. Nur so kann sichergestellt werden, dass die Apotheken vor Ort rechtzeitig informiert werden können, um die Verunsicherung von Patienten abzufangen und eine gute Arzneimittelversorgung zu garantieren.“ 

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