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Schwerpunkt

Einheitliche Überwachung wichtig

DAZ-Interview mit Dr. Christian Bauer, Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft der Pharmazieräte

MÜNCHEN (wes/zie) | Nach ihrer Jahrestagung in Bremen Anfang Oktober hat die Arbeitsgemeinschaft der Pharmazieräte in Deutschland (APD) in ihrer Resolution ihre Gedanken zur Apothekenüberwachung vorgelegt (s. auch DAZ Nr. 47, S. 11). Die DAZ sprach Mitte November in München mit dem APD-Vositzenden Dr. Christian Bauer über die Resolution, dieApothekenbetriebsordnung (ApBetrO) von 2012 und die Arbeit der Pharmazieräte.

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Dr. Christian Bauer, Vorsitzender der APD.

DAZ: Wo liegen denn in der Praxis der Apothekenüberwachung die Hauptprobleme, wo liegt der Hase im Pfeffer?

Bauer: Das kann man so eigentlich nicht sagen, die Bandbreite der Fehler ist unheimlich weit – wobei es ja meist eher Unwissenheit ist und kein Fehler. Meistens werden im Berufsalltag einfach Regelungen übersehen. Wir Pharmazieräte sagen dann: Da machst du was nicht richtig, bitte mach das besser. Der Apotheker sagt dann: Das habe ich nicht gewusst, das stellen wir ab. Damit ist der Fall meistens schon erledigt.

 

DAZ: Es ist also eher die Unwissenheit, die für Probleme sorgt und nicht die Unwilligkeit, eine Regelung umzusetzen?

Bauer: Ja, meistens ist es Unwissenheit oder dass die Umsetzung im Stress einfach vergessen wurde. Wir Pharmazieräte machen dann, wie im QMS, einen qualitativen Verbesserungsvorschlag. Aber es gibt natürlich auch Kollegen da draußen, bei denen ist das Methode. Die versuchen, sich auf Kosten der anderen Vorteile zu verschaffen. Die sind dann zum Beispiel personalmäßig nicht ausreichend besetzt oder es ist nicht immer eine approbierte Kraft anwesend. Oft werden die Identitätsprüfungen bei Ausgangsstoffen nicht oder nicht vorschriftsmäßig durchgeführt, nach dem Motto „weißes Pulver, löslich in Wasser – das reicht als Nachweis“.


„Wir Pharmazieräte machen dann, wie im QMS, einen qualitativen Verbesserungsvorschlag.“


DAZ: Macht es einen Unterschied, ob etwas Methode hat oder ob bei einem personellen Engpass einmal für eine kurze Zeit kein Approbierter anwesend ist?

Bauer: Dass kein Approbierter anwesend ist, ist für mich eine Todsünde. Da gibt es keine Entschuldigung. Wenn es wirklich nicht anders geht, muss die Apotheke eben für diesen Zeitraum geschlossen werden. Dass kann in jeder Apotheke mal passieren, dass die Approbierte krank wird oder das Auto nicht anspringt – aber dann muss die Apotheke eben geschlossen bleiben. Das ist doch eine ganz einfache Maßnahme.

Das hat für mich auch eine berufspolitische Komponente. Wenn in der Apotheke kein Approbierter ist, signalisieren wir damit ja, dass man den Apotheker nicht braucht.


„Dass kein Approbierter anwesend ist, ist für mich eine Todsünde.“


DAZ: In ihrer aktuellen Resolution hat die APD die Gerätschaften aufgeführt, die in der Rezeptur vorhanden sein müssen. Ist das die Wiedereinführung der Anforderungslisten, die ja mit der neuen ApBetrO gerade erst abgeschafft wurden?

Bauer: Ein Punkt ist, dass die AATB (die Länder-Arbeitsgruppe Arzneimittel-, Apotheken-, Transfusions- und Betäubungsmittelwesen, Anm. d. Red.) in ihrem Papier Hinweise gegeben hat, was sie als Mindestausstattung ansieht. Das war aber eher ein Zweizeiler. Für uns war das der Anlass, unsere Liste, die noch vor der Novelle der ApBetrO erstellt wurde, zu aktualisieren. Der zweite Punkt waren die Fantaschalen aus Melaminharz, die wir aufnehmen wollten. Nicht weil aktuell etwas passiert wäre. Aber in diesem Jahr ist Eremfatsaft gegen Hirnhautentzündungen nicht lieferbar. Es gab Anfragen von Regierungspräsidien, ob der Saft rezepturmäßig hergestellt werden kann. Das ist machbar, es gibt eine NRF-Vorschrift – aber es ist eine ziemliche Sauerei. Die Schalen sind danach verfärbt, die sind hinüber. Das war für uns der Anlass, uns dieses Themas anzunehmen.

Generell müssen wir die Kollegen immer wieder daran erinnern, dass sie Arzneimittel herstellen können, sollen und müssen – gerade wenn Fertigarzneimittel immer wieder nicht lieferbar sind.

DAZ: Wie verbindlich ist denn diese Liste?

Bauer: Es ist eine Empfehlungsliste. Keinem freien Beruf wird vorgeschrieben, welches Handwerkszeug er haben muss. Schreiben wir dem Arzt vor, welches Skalpell er nehmen muss? Wir können das auch den Apothekern nicht vorschreiben. Der eine ist ein Nasschemiker, der will alle Nachweise mit Reagenzien machen – bitte, soll er. Hauptsache, er kann alle Nachweise durchführen beziehungsweise Rezepturen herstellen.

Ein weiterer wichtiger Punkt waren für uns die Primärpackmittel und die Dosierhilfen. Die sollten in den Fokus gerückt werden. Auch Rezepturarzneimittel müssen genau dosiert werden. Also nicht mehr mit dem Teelöffel, sondern eben mit der Dosierpipette.


„Keinem freien Beruf wird vorgeschrieben, welches Handwerkszeug er haben muss. Schreiben wir dem Arzt vor, welches Skalpell er nehmen muss? Wir können das auch den Apothekern nicht vorschreiben.“


DAZ: Das heißt, es handelt sich um Empfehlungen, Sie werden bei Revisionen aber niemanden verpflichten, jetzt eine Edelstahl-Reibschale anzuschaffen?

Bauer: Wir fordern schon, dass entweder eine Metall- oder Glasreibschale da ist. Er kann ja die Melaminschalen weiterbenutzen für Rezepturen, wo sie unproblematisch sind. Aber bei einer gefärbten Substanz kann man die Schale hinterher wegschmeißen.

DAZ: In Ihrem Bericht von der Pharmazierätetagung schreiben Sie, DAC und NRF gehören zur Pflichtausstattung nach § 5 ApBetro und müssen in der Apotheke vorhanden sein.

Bauer: Das steht da ja drin, das können Sie nachlesen. Die Apotheker müssen die Werkzeuge haben, Rezepturen herzustellen und zu prüfen. Wie wollen sie denn eine Rezeptur herstellen, wenn sie die Vorschriften nicht haben.

DAZ: Das heißt, das ergibt sich mittelbar aus der ApBetrO?

Bauer: Die ABDA-Datenbank steht auch nicht drin, aber ohne können Sie nicht arbeiten. Dazu kommt, dass es Stoffe gibt, die im Arzneibuch nicht mehr monografiert sind – da brauchen Sie auch das DAC. Deshalb wäre ich auch nie darauf gekommen, dass man darüber diskutieren muss.

DAZ: Also scheint es schon eine gewisse Sehnsucht nach einer verbindlichen Auflistung der geforderten Ausstattung zu geben.

Bauer: Das Problem bei der neuen Betriebsordnung sind die unbestimmten Rechtsbegriffe. Wenn ich in der Apotheke stehe, dann kann ich keine unbestimmten Begriffe gebrauchen, dann brauche ich Ja oder Nein, Weiß oder Schwarz. Dazu kommt, dass wir sehr großen Wert auf eine einheitliche Überwachung legen. Wenn wir sagen: DAC und NRF müssen da sein, Punkt, dann ist das in ganz Deutschland gültig und die Apotheker können sich darauf einstellen.

DAZ: Die Vereinheitlichung der Überwachungspraxis, die Sie hier ansprechen, ist aber immer noch ein Problem. Auch von Pharmazieräten hört man zuweilen: Da kann die APD viel beschließen, ich mach das anders …

Bauer: Zuerst einmal ist da die Länderhoheit. Dazu kommt, dass jeder Pharmazierat seine eigenen Schwerpunkte setzt. Es gibt schon Individualisten unter den Pharmazieräten, und das nicht nur in Bayern. Wir können nur versuchen, uns schrittweise dorthin zu bewegen.


„Es gibt schon Individualisten unter den Pharmazieräten, und das nicht nur in Bayern.“


DAZ: Kann man sagen, dass die APD-Resolutionen zwei Ziele verfolgen: einmal die Überwachung zu vereinheitlichen, aber auch die Überwachungspraxis weiterzuentwickeln?

Bauer: Ja, wir haben auf dem Weg über unsere Tagung schon viele Anliegen in die AATB transportiert, die ja teilnimmt. Und bei der AATB handelt es sich ja quasi um unsere Überwachungsbehörde. Dass Apotheken heute ihre Nachtanlieferung auch in der Garage oder in Verschlägen im Treppenhaus annehmen dürfen, das wurde über eine APD-Tagung in die AATB hineingetragen. Oft ist es auch so, dass die AATB bei bestimmten Fragen sagt: Da äußern wir uns nicht mehr dazu, das haben die Pharmazieräte bereits geklärt. Aber das Ziel ist immer die einheitliche Überwachung in ganz Deutschland. Wie das der einzelne Kollege handhabt – das liegt dann aber nicht mehr in der Hand der Arbeitsgemeinschaft. Aber wir sind auf einem sehr guten Weg.

DAZ: Stichwort Barrierefreiheit. 2012 gab es bei den Apothekern große Ängste, danach wurde es ruhiger um das Thema – aktuell kocht es wieder hoch. Und es gibt ja immer noch viele Apotheken, die betroffen sind.

Bauer: Ich denke, dass die Barrierefreiheit in den Apotheken, wo sie einfach zu lösen ist, innerhalb eines Revisionszykluses umgesetzt wird. Wir Pharmazieräte versuchen, zusammen mit den Apothekern eine Lösung zu finden – aber wir sind keine Bauingenieure. Ein, zwei oder drei Stufen sind meistens kein Problem. Wir messen dann auch nicht nach, ob die Rampe wirklich maximal 6 Prozent Steigung hat – wichtig ist, dass man mit Rollstuhl, Rollator oder Kinderwagen hoch kommt.

Es geht ja auch nicht nur um die Umsetzung der Betriebsordnung. Die Anzahl der gehbehinderten Personen wird durch die jetzt ins Rentenalter kommenden geburtenstarken Jahrgänge stark wachsen. Wenn die ihre Arzneimittel in der Apotheke holen sollen und nicht im Versand, dann müssen die doch einen Zugang haben …

DAZ: Ist es denn mit einer Rampe getan? Was gehört noch zur Barrierefreiheit?

Bauer: Nein, es reicht nicht, nur die zwei Stufen zu überbrücken, Sie brauchen zum Beispiel auch eine Automatiktüre. Wenn ein Kunde mit dem Rollator kommt, muss der die Türe auch öffnen können.

DAZ: Kennen Sie denn konkrete Fälle, wo die fehlende Barrierefreiheit dazu geführt hat, dass eine Betriebserlaubnis nicht erteilt oder gar aberkannt wurde?

Bauer: Es handelt sich um eine Soll-Vorschrift – das heißt, dass sie in der Regel erfüllt werden muss. Eine Neueröffnung geht nicht, wenn die Apotheke nicht barrierefrei ist. Das weiß auch jeder Kollege, schon bevor er Räume anmietet. Eine bestehende Betriebserlaubnis kann aus diesem Grund aber nicht widerrufen werden. Aber es ist ein Monitum, mindestens eine „schwerwiegende Abweichung“. Der Apotheker bekommt dann die Auflage, zu versuchen, die Barrierefreiheit herzustellen. Wenn er dann eine Stellungnahme der Stadt bringt, dass das Anheben des Bürgersteigs nicht geht oder einen Kostenvoranschlag, der unverhältnismäßige Kosten zeigt, dann kann darauf verzichtet werden. Wenn sich aber später die Gelegenheit ergibt, beispielsweise durch technischen Fortschritt, dann muss der Apotheker tätig werden.


„Eine Neueröffnung geht nicht, wenn die Apotheke nicht barrierefrei ist.“


DAZ: Wie sieht es denn mit Lösungsvorschlägen wie einer Glocke vor der Tür aus, die ein Kunde bedienen kann, der dann vor der Apotheke bedient wird?

Bauer: Das kann eine Notlösung sein. Eigentlich müssen auch gehbehinderte Menschen die Offizin betreten können. Aber vielleicht lässt sich vor der Treppe ein Vorraum bilden – der Kunde muss ja nicht am HV-Tisch bedient werden. Ich glaube wir Pharmazieräte sehen das schon mit Augenmaß.

Insgesamt handelt es sich auch um überraschend wenige Fälle, die wirklich unlösbare Probleme mit der Barrierefreiheit haben.

DAZ: Sie haben gerade das Stichwort HV-Tisch genannt. In der APD-Resolution steht, dass der HV-Tisch für die Kunden „einfach und auf direktem Weg“ erreichbar sein muss. Da bekommen einige Apotheken-Einrichtungskonzepte, die aktuell gehandelt werden, aber Probleme …

Bauer: Ja, so einfach ist das nicht. Aber man muss auch hier unterscheiden, ob es eine bestehende Betriebserlaubnis ist oder eine Neueröffnung. Da sag ich dann schon mal: Das Regal hier muss wieder weg. Der Apothekeninhaber hat da meistens gar kein Problem damit, das sind dann eher die Vertreter des Franchisegebers.

DAZ: Was verstehen Sie denn unter „einfach und auf direktem Weg“?

Bauer: Der Kunde muss beim Betreten der Apotheke erkennen können, wo er sein Rezept einlösen kann.


„Der Kunde muss beim Betreten der Apotheke erkennen können, wo er sein Rezept einlösen kann.“


DAZ: Wie sieht es denn mit den Abständen zwischen den Bedienplätzen aus. Auch da gab es ja durchaus Gegenwind, als die zwei Meter Abstand zum ersten Mal gefordert wurden.

Bauer: Die zwei Meter sind der Mindestabstand, das ist für die Diskretion nötig. Es geht ja nicht nur ums Hören. Wenn ich Ihnen ein Medikament gebe und sage, „nehmen Sie das dreimal täglich“ – wenn ihr Nachbar nicht gesehen hat, was ich Ihnen gegeben habe, kann er mit dem Gehörten nichts anfangen. Und wenn die Apotheke voll ist, dann versteht man sowieso nicht, was rechts und links gesprochen wird.

DAZ: Mussten denn Apotheken deswegen umgebaut werden?

Bauer: Ja, aber das waren meist Apotheken, wo eine Investition sowieso notwendig war, weil die Einrichtung nicht mehr zeitgemäß war. Das ist wie bei der Barrierefreiheit: Auch hier liegt es ja im Interesse des Apothekers, eine moderne Einrichtung zu haben – dem laufen ja sonst die Kunden weg.

DAZ: Jetzt waren wir schon bei der Beratung. Die APD hat angekündigt, dass die Pharmazieräte verstärkt die Beratung überprüfen wollen. Wie soll das praktisch ablaufen?

Bauer: Es gibt hier Defizite, in manchen Apotheken wird der Kunde nur gefragt, ob er Taschentücher dazu möchte. Wir müssen hier tätig werden. Die Überprüfung ist ganz einfach: Zum Beispiel kann sich der Pharmazierat einen Interaktionscheck zeigen lassen. Oder man sagt zum Apotheker: Stellen Sie sich vor, Sie haben ein Rezept mit Codeinsaft für ein sechsjähriges Kind – wie viele Tropfen muss es einnehmen? Nur den Beipackzettel rausholen wäre hier ein bisschen wenig. Am Ende sollte er schon darauf kommen, dass das für Kinder unter zwölf kontraindiziert ist.

DAZ: Sie werden also nicht nur überprüfen, ob die technischen Voraussetzungen und die Literatur für eine Recherche bzw. Beratung vorhanden sind?

Bauer: Natürlich nicht. Und man sieht dann schnell, ob der Apotheker das kann.

DAZ: Wären Defizite in der Beratung dann auch Punkte für den Mängelbericht?

Bauer: Ja, das ist dann ein Mangel. Damit erreicht man dann mit der Zeit hoffentlich auch eine Sensibilität, wie wichtig dieser Punkt ist. Das wird sicher nicht mit einem Bußgeld geahndet, man kann ja auch mal einen Blackout gehabt haben. Aber wenn es sich wiederholt, könnte es berufsrechtlich relevant werden.

DAZ: Wurden diese Punkte denn bisher auch schon im Rahmen der Revision überprüft oder ist das neu?

Bauer: Das wurde bisher nur vereinzelt gemacht. Es handelt sich auch um eine Reaktion auf die jüngsten Testkäufe, und auch viele Landesapothekerkammern gehen ja diesen Weg. Wir wollen damit den Grundsatz „mehr Pharmazie“ verstärkt in die Apotheken tragen.


„Wir wollen den Grundsatz ‚mehr Pharmazie‘ verstärkt in die Apotheken tragen.“


DAZ: In der Ankündigung der APD- Tagung 2013 hatten Sie geschrieben, dass Sie sich mit den Voraussetzungen für das Medikationsmanagement beschäftigen wollen. Wurde das denn diskutiert?

Bauer: Nein, darüber haben wir nicht gesprochen. Das war etwas missverständlich formuliert. Was wir eigentlich sagen wollten war, dass wir Pharmazieräte in diese Diskussionen eingebunden werden müssen. Denn wir müssen uns ja beispielsweise mit den baulichen Voraussetzungen auseinandersetzen. Welche technischen Maßnahmen müssen ergriffen werden, um ein Medikationsmanagement in der Apotheke umsetzen zu können? Das kann ich ja nicht am normalen HV-Tisch machen. Da wird sich das Bild der Apotheke ändern müssen – und das wollen wir Pharmazieräte begleiten. Aber für konkrete Regelungen ist es noch zu früh.

DAZ: Zum Thema Beratung im Versand gab es einen Dissens zwischen den Pharmazieräten und ihren Aufsichtsbehörden.

Bauer: Es steht in der Betriebsordnung, dass jede Apotheke, also auch Versandapotheken, vor der Abgabe beraten müssen. Die Beratungspflicht ist untrennbar von der Abgabe. Auch die AATB stellt sich immer noch auf den Standpunkt, dass beraten werden muss. Und wir setzen uns auch dafür ein.

DAZ: Wie überprüfen Sie das?

Bauer: Wie in allen Apotheken. Es muss zum Beispiel ein bestimmter Personalschlüssel vorhanden sein. Das Verhältnis von approbiertem zu nicht-approbiertem Personal muss stimmen. Konkret: nicht mehr als drei PTA pro Apotheker, damit der die PTA auch wirklich beaufsichtigen kann. Und pharmazeutisches zu nicht-pharmazeutisches Personal mindestens 50 zu 50. Da hat sich nichts geändert, und das wird auch bei Versandapotheken überprüft.

DAZ: Aber die konkrete Beratung, wie überprüfen Sie die?

Bauer: Wir lassen uns schon zeigen, was die Versandapotheke da tut: legt Sie Informationen bei, macht sie einen Interaktionscheck usw.

DAZ: Aber das aktive Anrufen fordern Sie nicht? Von der Vor-Ort-Apotheke wird ja gefordert, aktiv den Beratungsbedarf festzustellen …

Bauer: Doch, das fordern wir schon, dass die Versandapotheke beim Kunden nachfragt, ob er das Arzneimittel kennt und weiß, wie er es anwenden muss.


„Wir fordern schon, dass die Versandapotheke beim Kunden nachfragt, ob er das Arzneimittel kennt und weiß, wie er es anwenden muss.“


DAZ: Wenn die Spezialisierung der Apotheken weiter voranschreitet, Beispiel Zytolabor, können Ehrenamtler die Überwachung dann noch leisten oder braucht es eine Professionalisierung der Pharmazieräte?

Bauer: Das wird sicher ein Diskussionspunkt werden. Ob wir zum Beispiel einen Zyto-Spezialisten ernennen, der dann alle entsprechenden Apotheken prüft. Aber da stößt man schnell an rechtliche Grenzen. Geht es, dass der dann in anderen Regierungsbezirken überwacht? Und wer übernimmt dann die Kosten, die für Spezialisten sicher höher sind? Solche Fragen stellen sich dann. Ich gehe aber davon aus, dass die Spezialisierung der Apotheken auch in Zukunft die Ausnahme bleibt.

DAZ: Es hat den Anschein, dass Sie ein starker Verfechter des heutigen Systems der ehrenamtlichen Pharmazieräte sind.

Bauer: Unbedingt. Das System „Kollegen überprüfen Kollegen“ bleibt unerreicht. Und es ist ja Gott sei Dank in fast allen Kammerbezirken so geregelt. Der Pharmazierat hat dann ein ganz anderes Verständnis von den Dingen, die er überwacht. Wenn beispielsweise Dokumentation nur um der Dokumentation willen gefordert wird, erreicht man dadurch keine Verbesserung. Und der ehrenamtliche Pharmazierat versteht auch die Probleme und Nöte des Kollegen – weil er ja in seiner Apotheke die gleichen hat.

Es stimmt auch nicht, dass eine Krähe der anderen kein Auge aushackt. Wir haben schon eine gewisse Strenge. Und wir sehen schnell, wie in einer Apotheke der Hase läuft …

Aber im Großen und Ganzen gibt es sehr wenige schwarze Schafe, in den allermeisten Apotheken gibt es nur einige wenige Kleinigkeiten zu bemängeln.

DAZ: Zusammenfassend: Wie beurteilen Sie die Betriebsordnung von 2012? Geht sie in die richtige Richtung? Fehlen Regelungen oder gehen manche zu weit?

Bauer: Ich bin sehr zufrieden mit dieser Betriebsordnung und war es von Anfang an. Ich sehe keine Probleme durch die neue Betriebsordnung, die sich in der Praxis nicht lösen lassen. Aber sie hat viele Verbesserungen gebracht. Vor allem betont sie sehr stark das Pharmazeutische – und das ist richtig! Das bringt uns für die Zukunft einen unschätzbaren Wert. Auch in Hinblick auf andere Berufsgruppen. Der Arzt kann nicht mehr ankommen und sagen: Du Apotheker darfst nicht beraten. Wir müssen beraten!

Ganz generell bin ich überzeugt: Die Zukunft liegt in der Pharmazie, nicht im Kaufmännischen. Die reine Verteilung der Arzneimittel, dass kann auch der Automat. Und viel billiger. Deswegen sind die neue ApBetrO und das Perspektivpapier genau der richtige Weg. Den Kaufmann Apotheker braucht die Gesellschaft nicht – und wird ihn auch nicht mehr bezahlen. 

 

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