Foto: DAZ/Schelbert

Fragen aus der Praxis

Narbenmittel auf Rezept

Wann Pflaster, Gele und Co. verordnet werden können

Narben entstehen, wenn Hautverletzungen abheilen. Während am Anfang ihrer Bildung die Narben noch rot gefärbt sind, werden sie mit der Zeit blasser, da sich der Anteil des Bindegewebes erhöht. Dabei spricht man von einer Narbenreifung. Wenn diese gestört ist, kann es zu einer überschießenden Narbenbildung kommen.

Frage

Frau Mustermann kommt in die Apotheke mit einem Rezept für Kelo-cote® Silikongel. Dabei wundert sie sich, dass der Arzt ein Privatrezept ausgestellt hat. Sie möchte ja schließlich damit die Narbe behandeln, die ihre Schilddrüsenoperation hinterlassen hat. Sie erklären ihr, dass das Präparat nur eine Zulassung als Medizinprodukt hat und daher nicht zulasten der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) verordnet werden darf. Das kann sie nachvollziehen, aber gibt es denn etwas anderes, das der Arzt ihr verordnen könnte?

Narben entstehen, wenn Hautverletzungen abheilen. Während am Anfang ihrer Bildung die Narben noch rot gefärbt sind, werden sie mit der Zeit blasser, da sich der Anteil des Bindegewebes erhöht. Dabei spricht man von einer Narbenreifung. Wenn diese gestört ist, kann es zu einer überschießenden Narbenbildung kommen. Dabei entstehen hypertrophe Narben. Selten kommt es auch zur Ausbildung von Keloiden. Darunter werden gutartige Tumore verstanden, die durch ein überschießendes Wachstum der Fibroblasten entstehen. Diese treten häufig nach Verletzungen und Operationen auf.

Eine Narbe kann nicht nur zu einem ästhetischen „Problem”, sondern auch zu funktionellen Störungen führen.

Gesundheitsstörung oder ästhetische Korrektur

Handelt es sich bei der Narbenbehandlung um eine ästhetische Korrektur, so muss der Versicherte dafür aufkommen. Wenn die Narbe aber z.B. schwer entstellend oder funktionsbehindernd ist, dann geht es um eine Gesundheitsstörung, die möglicherweise zulasten der GKV behandelt werden kann. Nach § 8 der Arzneimittel-Richtlinie (AM-RL) muss vor jeder Verordnung eines Arzneimittels geprüft werden, ob eine behandlungsbedürftige Krankheit vorliegt (§ 8 (1)) und ob angesichts von Art und Schweregrad der Gesundheitsstörung eine Arzneimittelverordnung zulasten der gesetzlichen Krankenversicherung medizinisch notwendig ist (§ 8 (4)) [1]. Weiterhin sind nach § 14 AM-RL Arzneimittel von der Versorgung ausgeschlossen, die aufgrund ihrer Zweckbestimmung bei kosmetischen Befunden angewendet werden, deren Behandlung in der Regel medizinisch nicht notwendig ist [1].

Arzneimittel, Medizinprodukt oder Kosmetikum

Zur Narbenbehandlung stehen diverse Produkte zur Verfügung: Gels, Cremes, Sprays, Öle, Narbenpflaster, Silikongelplatten (siehe Kasten).

Präparate zur Narbenbehandlung

Medizinprodukte (Beispiele): Bepanthen® Narben-Gel mit Massage-Roller, Dermatix® Ultra Gel, Hansaplast® med Narbenreduktion-Pflaster, Kelo-cote® Silikon Gel, Kelo-cote® Spray Silikonspray, Newgel® Narbengel, Pro-sil® Narbenpflegestift, Scarsil® Silikon Narben Gel

Kosmetika (Beispiele): Agiskin® Narbenpflege Gel, BJH® Anti Narben Creme, Chilfluin® Narbencreme, Hebako® Narben-9-Öl, Juzo® ScarPad extra Silikon-Narbenpflaster, Kelofibrase® Sandoz Creme, Scarmed® Gel Narbenpflege, Tetesept Narben Gel.

Arzneimittel (Beispiele): Contractubex® Gel und Narbengel Wala

Produkte, die als Medizinprodukte auf dem Markt sind, dürfen weder für Kinder noch für Erwachsene zulasten der GKV verordnet werden, da sie nicht auf der Anlage V der AM-RL gelistet sind [2]. Viele Narbenpflegeprodukte sind als Kosmetika (siehe Kasten) verfügbar: Diese sind auch von der Versorgung der GKV ausgeschlossen.

Eine Zulassung als Arzneimittel haben u.a. Contractubex® Gel und Narbengel Wala. Contractubex® darf nur für Kinder unter zwölf Jahren oder – wenn Entwicklungsstörungen vorliegen – unter 18 Jahren, verordnet werden. Voraussetzung ist, wie oben erläutert, dass eine medizinische Notwendigkeit zur Behandlung der Narbe besteht. Beim Narbengel von Wala handelt es sich um ein Arzneimittel der Anthroposophie. Nach § 12 (6) der AM-RL 1 können Arzneimittel der Anthroposophie und Homöopathie verordnet werden, wenn die Anwendung dieser Arzneimittel für die Indikationsgebiete der Anlage I (OTC-Ausnahmeliste) und Anwendungsvoraussetzungen nach dem Erkenntnisstand als Therapiestandard in der jeweiligen Therapierichtung angezeigt ist. In der Anlage I ist die Narbenbehandlung nicht als Indikation aufgeführt, so dass auch hier die Verordnung nur für Kinder unter zwölf Jahren oder – bei Entwicklungsstörungen – unter 18 Jahren, möglich ist. Eine nachträgliche Erstattung für Arzneimittel der Anthroposophie und Homöopathie ist bei manchen Krankenkassen über eine besondere Satzungsleistung möglich (s. dazu DAZ 2014, Nr. 15, S. 28).

Einige der Narbenbehandlungsprodukte wie Cica Care® Silikongelplatten, Scar FX® Silikon-Narbenpflaster gehören aufgrund ihrer Beschaffenheit und Anwendung zu den Verbandstoffen und Pflastern. Diese sind unter Berücksichtigung der medizinischen Notwendigkeit nach § 31 (1) SGB V zulasten der GKV für Kinder und Erwachsene verordnungsfähig [3].

Im Falle Ihrer Kundin handelt es sich um eine i.d.R. kleine Operationsnarbe im Halsbereich. Solange diese nicht zu Funktionsstörungen führt, liegt vermutlich eine rein ästhetische Behandlung vor, so dass keine Verordnung zulasten der GKV möglich ist. 

Antwort kurz gefasst

  • Narbenpräparate, die als Kosmetika oder Medizinprodukte auf dem Markt sind, werden nicht von der GKV erstattet.
  • Apothekenpflichtige Arzneimittel zur Narbenbehandlung können bei medizinischer Notwendigkeit für Kinder unter zwölf Jahren bzw. bei Entwicklungsstörungen unter 18 zulasten der GKV verordnet werden.
  • Antroposophische und homöopathische Arzneimittel werden von manchen Kassen als Satzungsleistung nachträglich erstattet.
  • Pflaster und Verbände werden bei medizinischer Notwendigkeit bei Kindern und Erwachsenen von der GKV bezahlt.

Quellen:

[1] Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Verordnung von Arzneimitteln in der vertragsärztlichen Versorgung (Arzneimittel-Richtlinie/AM-RL). Verfügbar unter: https://www.g-ba.de/downloads/62-492-932/AM-RL_2014-08-21_iK-2014-10-09.pdf [Letzter Zugriff: 29.10.14]

[2] Anlage V zum Abschnitt J der Arzneimittel-Richtlinie. Verfügbar unter: https://www.g-ba.de/downloads/83-691-352/AM-RL-V_2014-05-22.pdf [Letzter Zugriff: 29.10.14]

[3] Sozialgesetzbuch V. Verfügbar unter: www.gesetze-im-internet.de/sgb_5/__31.html [Letzter Zugriff: 29.10.14]

Autorinnen

Stanislava Dicheva, Insa ­Heyde, Daniela Böschen, Anna ­Hinrichs, Heike Peters.
Apothekerinnen und wissenschaftliche Mitarbeiterinnen in der Arbeitsgruppe „Arzneimittelanwendungsforschung“, Zentrum für Sozialpolitik, ­Universität Bremen

Universität Bremen, Zentrum für Sozialpolitik, UNICOM-Gebäude, Mary-Somerville-Str. 5, 28359 Bremen

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