Arzneimittel und Therapie

Feinste Partikel für verbesserte Kinetik

Tacrolimus-Retardpräparat mit neuer MeltDose®-Technologie

Mit Envarsus® steht in Europa ein weiteres Tacrolimus-Retardpräparat zur einmal täglichen Anwendung zur Verfügung. Seine Besonderheit liegt in der Herstellung mithilfe der MeltDose®-Technologie, wodurch eine höhere Bioverfügbarkeit erzielt werden kann.

Die Zulassung umfasst die Prophylaxe der Transplantatabstoßung bei erwachsenen Nieren- oder Lebertransplantatempfängern sowie die Behandlung der Transplantatabstoßung bei Erwachsenen, die sich gegenüber anderen Immunsuppressiva als therapieresistent erweisen. Die Wirkung des Calcineurin-Inhibitors Tacrolimus beruht unter anderem auf einer Hemmung der Bildung zytotoxischer T-Zellen, die bei einer Transplantatabstoßung eine wichtige Rolle spielen. Tacrolimus unterdrückt die Aktivierung der T-Zellen und die von den T-Helferzellen abhängige Proliferation der B-Zellen sowie die Bildung von Lymphokinen (z.B. Interleukin 2 und 3, γ-Interferon) und die Expression des Interleukin-2-Rezeptors.

Tacrolimus gehört bereits seit 1995 zu den Standardwirkstoffen bei der Vorbeugung der Organabstoßung bei Leber- und Nierentransplantationen. Heute wird die Substanz etwa bei zwei Drittel dieser Patienten eingesetzt, erläuterte Prof. Dr. Klemens Budde von der Charité - Universitätsmedizin Berlin auf einer von der Chiesi GmbH unterstützten Pressekonferenz am 31. Oktober 2014 in Berlin. Bei den bisher verfügbaren Präparaten stellte die niedrige Bioverfügbarkeit jedoch ein großes Problem dar. Daher bestand ein Interesse daran, Medikamente mit besserer Bioverfügbarkeit zu entwickeln, so der Mediziner. Das scheint bei den Envarsus®-Retardtabletten durch den Einsatz der MeltDose®-Technologie nun gelungen. Bei dieser Herstellungsart wird der Wirkstoff zunächst geschmolzen und dann auf Trägerpartikel aufgesprüht, die anschließend agglomerieren und zu Granulat weiterverarbeitet werden können. Die Bioverfügbarkeit von Envarsus® ist im Vergleich zu dem schnell freisetzenden Tacrolimus-Präparat Prograf® um ca. 40% höher, weshalb die tägliche Dosis bei Umstellung von Prograf® (zweimal täglich) oder Advagraf® (einmal täglich) auf Envarsus® um bis zu 30% reduziert werden kann. Dennoch sollten bei jeglichen Umstellungen die Plasmakonzentrationen besonders sorgfältig überwacht werden, um keine Transplantatabstoßung herbeizuführen.

Effektivität und Sicherheit über zwölf Monate gezeigt

Bei neu einzustellenden Patienten beträgt die Envarsus®-Startdosis einmal täglich 0,11 bis 0,13 mg/kg Körpergewicht nach Lebertransplantation und 0,17 mg/kg nach Nierentransplantation. Dazu wurden in Phase-II-Studien bei Nieren- und Lebertransplantierten umfangreiche Daten erhoben. In den beiden Phase-III-Studien, auf denen die Zulassung des Präparats basiert, war einmal täglich Envarsus® sowohl bei nierentransplantierten Patienten in der Erhaltungstherapie (n = 326) als auch bei neu eingestellten Nierentransplantierten (n = 543) der Standardtherapie mit zweimal täglich Tacrolimus (Prograf®) nicht unterlegen. Das Sicherheitsprofil beider Therapien war vergleichbar; auch nach einer Behandlungsdauer von zwölf Monaten zeigten sich keine signifikanten Unterschiede bei den berichteten unerwünschten Ereignissen, bei denen der Verdacht eines Zusammenhangs mit den Arzneimitteln besteht (417 unter Envarsus® vs. 465 unter Prograf®).

Zu den unerwünschten Ereignissen, die bei ≥ 20% der Patienten auftraten, zählten Anämie, Diarrhö, Obstipation und Hypertonie. 

Quelle

Fachinformationen Envarsus® Retardtabletten, Stand August 2014

Fachinformation Advagraf® Hartkapseln, Stand Oktober 2013

Budde K et al. Novel once-daily extended-release tacrolimus (LCPT) versus twice-daily tacrolimus in de novo kidney transplants: one-year results of phase III, double-blind, randomized trial. Am J Transplant (2014), doi: 10.1111/ajt.12955

 

Apothekerin Dr. Claudia Bruhn

0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.