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Versteckte Kamera!?

Aus der ADEXA-Rechtsberatung

Dürfen Apothekenleiter, um Diebstählen vorzubeugen oder um etwa einen wiederholten Kassenfehlbestand aufzuklären, in der Apotheke eine Überwachung per Kamera installieren? Welchen Anspruch auf Information bzw. auf Schutz ihrer Persönlichkeitsrechte haben die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in solchen Fällen? Ein Überblick aus der ADEXA-Rechtsberatung:

Die Gründe, aus denen Inhaber in ihrer Apotheke bzw. ihren Filialen Kameras mit zum Teil aufwendiger Bild- und Tonüberwachung installieren, sind unterschiedlich: Manchmal ist es einfach nur ein generelles Misstrauen, dass das Team bei Abwesenheit des Chefs nicht nach dessen Vorstellungen arbeitet. Per Kamera soll hier „der Laden überwacht und auf Vordermann gebracht werden“. In anderen Fällen gibt es einen mehr oder weniger begründeten Verdacht auf Diebstahl, entweder durch Kunden oder einzelne Mitarbeiter.

Oft wird dem Team die Installation der Überwachungsanlage, die der Apothekenleiter deshalb für notwendig hält, nicht vorab mitgeteilt. Stattdessen entdecken Mitarbeiter plötzlich eine bereits im Aufnahmemodus befindliche Kamera – oder erfahren von der Observation überhaupt erst durch entsprechende Bemerkungen des Chefs („Wieso lasst Ihr denn die Kunden dauernd allein in der Offizin stehen?“, „Das muss aber schneller gehen mit dem Einräumen der Kosmetikregale“). Die Stimmung im Team ist durch solche Aktionen verständlicherweise sofort und meist auch nachhaltig gestört. Aber auch rechtlich begibt sich ein Apothekenleiter aufs Glatteis, wenn er derartige Maßnahmen ohne Einwilligung der betroffenen Mitarbeiter durchführt.

Eigentumsrecht versus Persönlichkeitsrecht

Durch das Grundgesetz ist das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Mitarbeiter geschützt, insbesondere das Recht am eigenen Bild (Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 GG). Dazu gehört, dass eine Überwachung der Sanitär-, Umkleide- und Schlafräume (Notdienstzimmer) generell unzulässig ist. Das Gleiche gilt für die Überwachung von Mitarbeitern an Einzelarbeitsplätzen, wenn sie allein der Kontrolle dient.

Will der Inhaber die Videoüberwachung nutzen, um Ladendiebstähle von Kunden im Freiwahlbereich zu reduzieren, dann ist dies grundsätzlich möglich, weil hier das Hausrecht ausgeübt wird. Allerdings müssen die Mitarbeiter vorher von dieser Überwachung der öffentlich zugänglichen Räume informiert werden. Es reicht nicht aus, dass die Kameras plötzlich da sind oder die Installationsarbeiten verfolgt werden können. Vielmehr muss der Arbeitgeber seinen Angestellten ausdrücklich mitteilen, dass und wie er überwacht! Ist ein Betriebsrat vorhanden, so muss dieser zustimmen.

Auch die Kunden müssen natürlich durch entsprechende Hinweise informiert werden, dass sie sich in videoüberwachten Räumlichkeiten aufhalten. Tonmitschnitte sind schon zu deren Schutz nicht zulässig.

Die Überwachung selbst kann auch durch bevollmächtigte Dritte geschehen – beispielsweise durch einen Wachdienst oder Angehörige.

Unangekündigt nur bei konkretem Verdacht

Eine heimliche Videoüberwachung ist nach Stand der Rechtsprechung nur dann zulässig, wenn der konkrete Verdacht einer strafbaren Handlung eines Arbeitsnehmers gegen seinen Arbeitgeber besteht. Vorher müssen alle anderen Mittel zur Aufklärung des Sachverhalts ohne Ergebnis ausgeschöpft worden sein – und es darf kein anderes, weniger einschneidendes Mittel zur Verfügung stehen. Auch darf die Überwachung im Verhältnis zum Ziel nicht unverhältnismäßig sein (siehe z.B. BAG 27.3.2003, 2 AZR 51/02). Nur dann überwiegt das Interesse des Arbeitgebers gegenüber den Persönlichkeitsrechten des oder der betroffenen Arbeitnehmer/s. In diesem besonderen Fall kann eine kurzfristige Überwachung auch ohne Ankündigung zulässig sein.

Kontrolle ist kein legaler Grund

In diversen Fällen, die der ADEXA-Rechtsberatung aus dem Apothekenbereich gemeldet wurden, ging es aber gar nicht um die Aufklärung von Straftaten, sondern darum, von einem anderen Arbeitsplatz aus die Mitarbeiter zu überwachen, getreu dem Motto „Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser“. Eine solche Überwachung zur vermeintlichen Optimierung des Personaleinsatzes ist unzulässig! Hier gibt es kein schützenswertes Interesse des Arbeitgebers, das gegen das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Mitarbeiters abgewogen werden kann. Eine Dauerüberwachung ohne konkrete strafrechtliche Verdachtsmomente ist unzulässig, wie das BAG in ständiger Rechtsprechung sehr deutlich klar macht.

Jeder Arbeitgeber sollte sich also gut überlegen, ob er derartig tiefgreifende Maßnahmen einsetzt. Neben dem Vertrauensverlust bei den Mitarbeitern kann er sich dabei auch schmerzensgeldpflichtig machen (LAG Hessen 25.10.2010, 7 Sa 1586/09). 

Minou Hansen, Rechtsanwältin bei ADEXA

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