Die Seite 3

Irrwitzig

Dr. Doris Uhl,
Chefredakteurin der DAZ

Inzwischen sind mehr Informationen zum Schiedsstellenkompromiss in Sachen Substitutionsausschlussliste durchgedrungen. Zum 1. April 2014 werden Phenytoin und Ciclosporin in die Anlage 1a aufgenommen. Das bedeutet, diese Wirkstoffe sind nicht mehr austauschbar, pharmazeutische Bedenken greifen hier nicht mehr. Unter den Kandidaten für diese Liste ist auch Levothyroxin, das deshalb dafür vorgesehen ist, weil es aufgrund seiner geringen therapeutischen Breite als besonders kritisch gilt. Allerdings ist die therapeutische Breite nicht allein das Problem, sondern vor allem die Galenik, die für eine konstante und reproduzierbare Freigabe sorgen muss. Ein Punkt, der bei den Kriterien für die Ausschlussliste keinen Niederschlag findet.

Wie wichtig dieser Punkt ist, zeigt auch die Diskussion um Vorschläge des GKV-Spitzenverbandes zur Anpassung der Festbeträge für Levothyroxin. Der jetzt schon niedrige Festbetrag soll weiter gesenkt werden. Man muss kein Hellseher sein um zu prognostizieren, dass der Preisdruck irgendwann zulasten der galenischen Qualität gehen wird, was bei Substanzen mit geringer therapeutischer Breite wie Levothyroxin fatal sein kann.

Darüber hinaus erhöht ein noch niedrigerer Festbetrag den Druck auf die Anbieter. Manch einer wird auf die Herstellung verzichten. Konzentrationsprozesse sind die Folge und damit auch Lieferengpässe, wenn bei einem der wenigen Hersteller Probleme auftreten. Hinzu kommt, dass bei weiterem Preisverfall, gefördert durch Rabattverträge, der Anreiz für die verbliebenen Hersteller steigt, ihre Präparate in Länder mit besseren Konditionen zu verkaufen. Lieferengpässe in Deutschland sind auch hier die logische Folge. Sie belasten schon jetzt Apotheker und Patienten in einem derartigen Ausmaß, dass selbst Funk und Fernsehen hellhörig geworden sind. Schilddrüsenpräparate fungieren dabei immer wieder als trauriges Paradebeispiel.

Damit sich hier nichts bessert, dafür aber einiges verschlechtert, soll nun Levothyroxin auf die Substitutionsausschlussliste gesetzt werden. Pech für den Patienten, wenn sein Präparat leider nicht lieferbar ist, denn ein Austausch direkt durch den Apotheker ist nicht mehr möglich. Erhält er dann nach Einschaltung seines Arztes ein neues Präparat, kann niemand sagen, ob die galenische Formulierung des neuen Arzneimittels mit der des alten identisch ist, weil die Angaben dazu ja immer noch nicht deklariert werden müssen. Alles in allem wird deutlich, zu welch irrwitzigen Ergebnissen ohne pharmazeutischen Sachverstand entwickelte bürokratische Instrumente wie Festbeträge, Rabattverträge und Substitutionsausschlussliste führen. Besserung ist nicht in Sicht. Im Gegenteil! Sollte tatsächlich die Substitutionsausschlussliste durch den G-BA erstellt werden – so wie der GKV-Spitzenverband es wünscht –, dann wird wohl pharmazeutischer Sachverstand noch mehr auf der Strecke bleiben als bisher.

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