Arzneimittel und Therapie

Betablocker und Teetrinken

Grüner Tee beeinträchtigt die Wirksamkeit von Nadolol

Grüner Tee verringert die Wirkung des Betablockers Nadolol. Zu diesem Ergebnis kam eine experimentelle Untersuchung mit zehn gesunden Probanden. Welche Konsequenzen sich daraus ergeben, müssen weitere Studien zeigen.

Grüner Tee und Extrakte aus grünem Tee werden weltweit in großem Ausmaß konsumiert, teils aus traditionellen oder kulinarischen Gründen, teils aber auch zur Prävention kardiovaskulärer und onkologischer Erkrankungen. Die Wahrscheinlichkeit liegt nun nahe, dass grüner Tee und Arzneimittel gleichzeitig eingenommen werden. Dann stellt sich wiederum die Frage, ob und mit welchen Interaktionen zu rechnen ist. Die meisten Wechselwirkungen zwischen Lebensmitteln und Arzneistoffen beruhen auf einem oder mehreren der folgenden drei Mechanismen:

  • Auf einer Hemmung oder Induktion von Cytochrom-P450-CYP3A-Enzymen,
  • auf einer Inhibierung oder Aktivierung des Transportsystems P-Glykoprotein oder
  • auf einer Hemmung oder Induktion intestinaler organischer Anionen-Transport-Polypeptide (OATP), die in verschiedenen Organen exprimiert werden.

Die erste Möglichkeit scheint bei grünem Tee keine Rolle zu spielen. Hingegen besteht die Vermutung, dass die im grünen Tee enthaltenen Catechine das P-Glykoprotein Transportsystem und/oder eine Unterfamilie organischer Anionen-Transport-Polypeptide hemmen. Um diese Vermutung zu verifizieren, wurde die Pharmakokinetik eines mit grünem Tee eingenommenen Arzneistoffs aufgezeichnet. Als Wirkstoff wurde der nicht-selektive Betablocker Nadolol (in Deutschland nicht eingesetzt) ausgewählt, der nicht durch CYP3A-Enzyme metabolisiert und vorwiegend unverändert renal ausgeschieden wird. Nadolol ist ein mögliches Substrat für OATP1A2 und P-Glykoprotein.

Verminderte antihypertensive Wirkung

Zehn gesunde Probanden erhielten eine Einmaldosis von 30 mg Nadolol, die entweder mit grünem Tee (mit einem definierten Catechin-Gehalt) oder Wasser eingenommen wurde. Dieser Einnahme war ein vierzehntägiger Konsum von grünem Tee (700 ml/Tag) oder Wasser vorausgegangen, um den gewohnheitsmäßigen Genuss von grünem Tee nachzuahmen. Anschließend wurden Plasmakonzentrationen und Urinausscheidung von Nadolol bestimmt sowie Auswirkungen auf Blutdruck und Puls festgehalten. Ferner wurde in Zellkulturen der der Interaktion zugrunde liegende Mechanismus untersucht.

Der Genuss von grünem Tee reduzierte die Plasmakonzentration von Nadolol um rund 85% (Cmax -85,3%; AUC0-48 -85%). Ebenso war die Ausscheidung von Nadolol im Harn bei den Probanden, die grünen Tee getrunken hatten, um rund 80% verringert. Betrachtet man Puls und Blutdruck, so wurden diese bei den Probanden, die Nadolol mit Wasser eingenommen hatten, stärker gesenkt als bei den Probanden, die Nadolol mit grünem Tee eingenommen hatten. Untersuchungen an der Zellkultur zeigten, dass grüner Tee die durch OATP1A2-vermittelte Nadolol-Aufnahme hemmt und auf diesem Weg eine verringerte Wirkung des Betablockers bewirkt.

Das Fazit der Studienautoren: Patienten, die Nadolol einnehmen, sollten auf den Genuss von grünem Tee verzichten.

Grüner Tee und Wechselwirkungen mit Arzneistoffen

Über die Wechselwirkungen zwischen grünem Tee und Arzneistoffen ist – im Vergleich zu Interaktionen zwischen Grapefruitsaft und Pharmaka - noch wenig bekannt. Die meisten Angaben finden sich zu Interaktionen zwischen grünem Tee und Onkologika. Grüner Tee steigert die Wirkung zahlreicher Zytostatika, so etwa von 5-Fluorouracil, Cisplatin, Etoposid, Erlotinib und weiteren; über die praktische Relevanz besteht Unklarheit. In einer hochrangig publizierten Arbeit wurde die Interaktion zwischen grünem Tee und Bortezomib (antagonistische Wirkung) aufgezeigt. Patienten, die Bortezomib erhalten, sollten daher keinen grünen Tee trinken. Eine neuere Arbeit weist auf eine mögliche verminderte Wirkung von Sunitinib aufgrund von einer Interaktion mit grünem Tee hin. Des Weiteren wurde über erhöhte Tacrolimus-Spiegel nach Genuss von grünem Tee berichtet.

In einer Website der University of Maryland findet sich eine ganze Liste von Wirkstoffgruppen, bei denen auf mögliche Interaktionen mit grünem Tee hingewiesen wird. Darunter fallen unter anderem Adenosin, Beta-Laktame, Warfarin (aufgrund eines möglichen Vitamin-K-Gehalts von grünem Tee), ASS als Blutverdünner, Clozapin, Ephedrin, MAO-Hemmer u.a. 

Quelle

Misaka S et al. Green tea ingestion greatly reduces plasma concentrations of nadolol in healthy subjects. Clinical Pharmacology & Therapeutics. Online 13. Januar 2014; doi 10.1038/clpt.2013.241.

Hübner J. Komplementäre Onkologie. Supportive Maßnahmen und evidenzbasierte Empfehlungen, Schattauer Verlag, 2012.

Ge J et al. Interaction of green tea polyphenol epigallocatechin-3-gallate with sunitinib: potential risk of diminished sunitinib bioavailability. J Mol Med 2011; Jun 89(6): 595-602.

Vischini G et al. Increased plasma levels of tacrolimus after ingestion of green tea. Am J Kidney Dis. 2011; 58(2): 329.

Hawkins EB et al. Possible Interactions with Green Tea. University of Maryland Medical Center, 11/30/2007; http://umm.edu/health/medical/altmed/herb-interaction/possible-interactions-with-green-tea.

 

Apothekerin Dr. Petra Jungmayr

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