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Ein wichtiger Service

Dr. Benjamin Wessinger, Chefredakteur der DAZ

Der Notdienst ist gut für die Apotheker! Dieser Satz mag für manchen Kollegen eine Provokation darstellen, ist die Dienstbereitschaft doch bei vielen Apothekern eine ungeliebte Pflicht. Und eine unlukrative noch dazu. Trotz der Notdienstpauschale – für das erste Quartal 2014 immerhin fast 270 Euro – ist so ein Nacht- oder Wochenenddienst in vielen Gegenden immer noch ein Zuschussgeschäft.

Für das Image der Apotheken jedenfalls ist die 24-Stunden-Bereitschaft an 365 Tagen im Jahr im gesamten Bundesgebiet immens wichtig. Immerhin rund 20.000 Menschen pro Tag nehmen dieses Angebot in Anspruch. Nicht immer sind das wirkliche Notfälle, oft kommen Leute auch aus Bequemlichkeit oder Vergesslichkeit am späten Abend oder am Wochenende. Doch auch diesen Menschen wird geholfen – was für ein toller Service!

Doch der Notdienst ist auch aus politischen Gründen wichtig. Ist er doch eine jener viel zitierten Gemeinwohlpflichten, die – neben der Arzneimittelsicherheit – eine Reihe von Ausnahmeregeln im Apothekenmarkt begründen, beispielsweise dass nur Apotheken Arzneimittel abgeben dürfen oder die Rx-Preisbindung. Nicht nur der ehemalige Gesundheitsminister Bahr hat immer wieder darauf aufmerksam gemacht, dass sich diese „Privilegien“ und die Erbringung bzw. Vorhaltung bestimmter Leistungen, die nicht alle immer kostendeckend abgerechnet werden (können), einander bedingen.

Die Erbringung von Gemeinwohlaufgaben prägt auch das Selbstbild eines Berufs. So gehört es sicherlich zum Selbstverständnis eines Heilberufs, für die Hilfe außerhalb der üblichen Öffnungszeiten eben gerade nicht wie der Schlüsseldienst 150 Euro oder noch mehr zu verlangen. (Auf der anderen Seite gibt es aber auch keinen vernünftigen Grund, warum Sonderangebotspreise für OTC-Arzneimittel auch im Notdienst gelten müssten.)

Problematisch ist jedoch – und darauf muss immer wieder hingewiesen werden –, dass die Finanzierung der Gemeinwohlpflichten über die packungsbezogene Honorierung heute nicht mehr gewährleistet ist. Das gilt nicht nur für den Notdienst, sondern für vieles, was Apotheken vorhalten oder anbieten – von der Rezepturherstellung bis zu Notfallarzneimitteln. Nur sollte die Konsequenz aus dieser Erkenntnis nicht sein, die kostendeckende Vergütung jeder einzelnen Gemeinwohlpflicht zu fordern. Das bedeutet nicht, dass solche Leistungen gar nicht mehr honoriert werden sollten. Die Notdienstpauschale beispielsweise hat eine sinnvolle strukturpolitische Komponente, die Vergütung für Rezepturen entlastet solche Apotheken, die sehr viele herstellen – zumindest dann, wenn die Höhe regelmäßig angepasst wird.

Die Forderung der Apothekerschaft sollte lauten: Unsere Honorierung muss so gestaltet sein, dass die Erbringung von Gemeinwohlaufgaben darin eingeschlossen ist und eine gesunde Mischkalkulation möglich ist.

Dr. Benjamin Wessinger

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