Arzneimittel und Therapie

Probleme im und um den Po

Effloreszenzen im Anal-Bereich frühzeitig untersuchen

Wenn es im Anal-Bereich juckt, nässt oder schmerzt, ist Wachsamkeit gefragt. Dahinter können anale Infektionen mit dem humanen Papilloma-Virus (HPV) stecken. Davon sind vor allem Männer, die Sex mit Männern haben (MSM), betroffen, durchaus aber auch Frauen. Anal-Karzinome, in der Allgemeinbevölkerung eher selten, entwickeln sich bei Männern mit einer HIV-Infektion häufig. Grundsätzlich gilt: Bei Effloreszenzen im Anal-Bereich nicht zu lange abwarten, sondern frühzeitig eine Biopsie veranlassen, um maligne und prämaligne Veränderungen frühzeitig zu erkennen.

Oft als Hämorrhoiden oder Anal-Venenthrombose fehldiagnostiziert wird das maligne Melanom im Anal-Bereich, mit schlechter Prognose. Gut ist dagegen die Prognose beim perianalen Morbus Paget, einem extrem seltenen Krankheitsbild, so die Experten auf einem von der Falk Foundation unterstützten Symposium „Koloproktologie für Internisten“.

Zu den sehr seltenen perianalen Krankheitsbildern gehört der perianale Morbus Paget (siehe Kasten). Weltweit gab es in den letzten 60 Jahren weniger als 300 Fallberichte. Typisch ist ein „Ekzem“ mit Juckreiz am Anus, Blutungen, Exkoriationen (tiefgehende Hautabschürfungen), Defäkationsschmerz und Fremdkörpergefühl. Die Plaques sind erhaben, scharf begrenzt und erythematös. Die Prognose des perianalen Morbus Paget ist gut, wenn er adäquat behandelt wird. Das bedeutet in der Regel eine weite Exzision mit Transplantatdeckung. Die Radiatio gilt als Alternative.

Morbus Paget: Karzinom oder Knochenkrankheit?

Morbus Paget? Dabei kann es sich um zwei völlig verschiedene Erkrankungen handeln:

  • 1. Morbus Paget oder Paget-Karzinom ist ein überwiegend intraduktal, also in den Milchgängen der Brust, wachsendes Karzinom, das auch die Brustwarze und den Warzenhof befällt. Klinisch erkennbar sind ekzematöse Veränderungen in diesem Bereich. Deshalb sollte bei jedem „Mamillen/Areola-Ekzem“ primär an ein Paget-Karzinom gedacht werden. Neben der häufigsten mammären Lokalisation kann der Morbus Paget an allen Körperstellen auftreten, wo apokrine Drüsen lokalisiert sind, wie Axillen, Nabelbereich oder eben die Anogenitalregion. Diese extramammären Formen sind jedoch sehr selten.
  • 2. Morbus Paget ist eine herdförmige, selten generalisierte Knochenerkrankung, die mit einem pathologisch gesteigerten Knochenumbau einhergeht.

Hämorrhoiden oder malignes Melanom?

Ebenfalls selten, aber mit einer schlechten Prognose assoziiert ist das maligne Melanom im Anal-Bereich. Es macht bis zu 1,6% aller malignen Melanome aus und bis zu 1% aller Anal-Neoplasien. Frauen sind etwa doppelt so häufig betroffen wie Männer. Lokalisiert ist das maligne Melanom vor allem im Rektum (35%), im Anal-Kanal (20%) und am Anal-Rand (15%). Das Fünf-Jahres-Überleben liegt lediglich zwischen 3 und 22%. Das Problem: Das maligne Melanom wird im Anal-Bereich oft spät entdeckt. Die Pigmentierung ist häufig eher bläulich, sodass die Verwechslung mit Hämorrhoiden oder auch einer Anal-Venenthrombose möglich ist. „Hämorrhoiden sind die häufigste Fehldiagnose“, erläuterte Dr. Heinrich Rasokat von der Klinik und Poliklinik für Dermatologie und Venerologie des Universitätsklinikums Köln. Bis zu 50% der malignen Melanome in diesem Bereich sind amelanotisch, also nicht mehr in der Lage, Melanin herzustellen.

Nicht verwechseln: Condylomata acuminata und Condylomata lata

Häufig sind dagegen anale HPV-Infektionen. Betroffen sind 62% der HIV-positiven MSM und 47% der MSM sowie 12% der Männer, die Sex mit Frauen haben. „Es handelt sich aber nicht um eine exklusive Männerkrankheit“, betonte Rasokat. Auch Frauen sind vor analen HPV-Infektionen nicht gefeit. Sie treten etwa bei knapp 40% der Frauen auf, die Analverkehr haben. Die Infektion kann klinisch zu spitzen Kondylomen – Condylomata acuminata – führen. Sie dürfen nicht verwechselt werden mit Condylomata lata, Kondylome also, die auf einer breiten Basis aufsitzen. Die sind charakteristisch für das Stadium II der Syphilis. Ebenfalls durch HPV verursacht werden kann die Bowenoide Papulose (Condylomata plana), die mit papulösen Hautveränderungen im Anogenitalbereich einhergeht. Auch ein Morbus Bowen kann im Anal-Bereich auftreten.

Anal-Karzinom: bei MSM „richtig häufig“

Bei HIV-Infizierten „richtig häufig“ ist das Anal-Karzinom, so Rasokat. In der Allgemeinbevölkerung handelt es sich dagegen um einen eher selteneren Tumor, der weniger als 1% aller gastrointestinalen Neoplasien ausmacht. Bei einer HIV-Infektion ist das Anal-Karzinom bereits der vierthäufigste Tumor. Das Risiko für die Entwicklung von Vorstufen (AIN; anale intraepitheliale Neoplasie) ist bei diesen Patienten um das 60fache erhöht, für Anal-Karzinome um das 37fache. Der Immunstatus scheint dabei eine Rolle zu spielen. Ob die HAART einen Einfluss hat, ist dagegen unklar. Um ein Anal-Karzinom nicht zu übersehen, empfahl Rasokat ein Vorsorgeprogramm für MSM nach folgendem Schema: Männer, die Sex mit Männern haben, sollten auf anale intraepitheliale Neoplasien bzw. Anal-Karzinome gescreent werden. Bei negativem Befund genügt eine Kontrolluntersuchung im Abstand von zwölf Monaten. Wird ein AIN 1 diagnostiziert, ist eine topische Therapie mit Verlaufskontrolle alle sechs Monate vorgesehen. Die S1-Leitlinie „Anale intraepitheliale Neoplasie und perianale intraepitheliale Neoplasie“ empfiehlt Imiquimod-Creme oder Fluorouracil-Salbe. Eine anale intraepitheliale Neoplasie 2 oder 3 benötigt laut Rasokat eine invasive Therapie und eine topische Nachbehandlung mit Kontrollen alle drei Monate. Generell, so Rasokat, ist es „von größter Bedeutung“, maligne und prämaligne Veränderungen frühzeitig zu erkennen und zu beseitigen. Dabei gelte die Regel: In jedem (!) Zweifelsfall biopsieren.

Morbus Crohn oder Infektion?

Außerdem warnte Rasokat: Nicht alles, was wie ein Morbus Crohn aussieht, ist auch ein Morbus Crohn. Dahinter kann auch eine STI (sexuell übertragbare Infektion)-Proktitis stecken. Klinisch typisch sind Blutung, Schmerz und Ausfluss. Ursache ist häufig eine Gonorrhoe, ein Herpes simplex oder ein Lymphogranuloma venereum oder, seltener Chlamydien oder eine Syphilis, deren Häufigkeit in den letzten Jahren wieder zunimmt. 

Apothekerin Dr. Beate Fessler

 

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