Die Seite 3

Männer in Nöten

Dr. Doris Uhl,
Chefredakteurin der DAZ

Jugendwahn war lange Zeit ein Privileg der Frauen, aber auch Männer kämpfen zunehmend gegen die Folgen des Alterns. Haarverlust ist dabei für viele die vielleicht prominenteste sichtbare Veränderung (s. S. 48). Kommen Krankheiten hinzu, in deren Folge auch noch die sexuelle Leistungsfähigkeit abnimmt (s. S. 34), wächst der Handlungsdruck. Geht der Betroffene dann auf die Suche nach Lösungen, wird ihm gegen gutes Geld vieles versprochen. Denn immer, wenn es keine schnellen und einfachen Rezepte gibt und die Verzweiflung groß genug ist, lassen sich hervorragend Geschäfte machen. Dem Einfallsreichtum der Marketingexperten scheinen keine Grenzen gesetzt zu sein: Haardünger gegen Haarausfall, das klingt doch ganz plausibel: was für lichte Stellen im Rasen gut ist, sollte doch auch das Problem auf dem Kopf lösen. Für „das Natürlichste der Welt“ gibt es ganz natürliche Hilfe in Form von „Powerpills“. Wer die chemische Keule in Form von Viagra® und Co. fürchtet, dem wird eine spezielle Mischung aus Aminosäuren angeboten, die genauso wirken soll. Alle diese wertvollen Tipps findet der verunsicherte Mann im Internet, das für viele die erste und unkomplizierteste Anlaufstelle bei derartigen Problemen ist.

Denn gerade Männer sprechen ungern vor Publikum über ihre tiefen Ängste und Probleme. Rat und Hilfe suchen sie nicht unbedingt in der Apotheke. Uns allen ist klar, dass das Gefahren birgt. Warnungen vor dubiosen Potenzmitteln wie PDE-5-Hemmer-haltigen Nahrungsergänzungsmitteln, aber auch vor Fälschungen von Viagra® oder Cialis® reißen nicht ab. Der Fall Dorovit®, bei dem ein Nahrungsergänzungsmittel mit nicht deklarierten PDE-5-Hemmern sogar den Weg in die Apotheken geschafft hat, ist vielen sicher noch in unschöner Erinnerung (DAZ 2013, Nr. 43, S. 72).

Der Schwarzmarkt und die Geschäfte mit den ureigenen Bedürfnissen des Mannes boomen. Wenn wir als Apothekerinnen und Apotheker hier etwas verändern wollen, dann reicht es nicht, nur vor den Gefahren des Internets zu warnen.

Jemand, der mit seinen Sorgen und Nöten eine Apotheke betritt und Hilfe sucht, muss zunächst einmal eine Umgebung antreffen, die die notwendige Diskretion verspricht. Kaum ein Mann – und sicher auch keine Frau – wird über heikle Themen sprechen wollen, wenn andere Kunden in Hör- und Sichtweite sind. Hier sind kreative Lösungen gefragt. Beratungen nach Terminvereinbarung, selbstverständlich in einem nicht einsehbaren Beratungszimmer, wären eine Alternative. Nur wenn es gelingt, ein Umfeld zu schaffen, in dem sich Mann (und Frau) wohlfühlen und sich trauen, offen zu sprechen, können wir unser Plus, die kompetente Beratung ausspielen. Gelingt es dann noch, mit dem Kunden oder Patienten Lösungen für seine Probleme zu erarbeiten, wird dieser Kunde sicher bei weiteren gesundheitlichen Problemen nicht den Rat im Internet, sondern in der Apotheke suchen. Gerne wird er dann auch dort gute Präparate aus sicheren Quellen kaufen.

Dr. Doris Uhl

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