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Kassensysteme im Visier

OECD bezieht auch Warenwirtschaft der Apothekerin den Kampf gegen Steuerbetrug ein

BERLIN (lk) | Nicht nur die deutschen Finanzämter beschäftigen sich intensiv mit dem Steuerbetrug mittels elektronischer Kassensysteme. Zehn Milliarden Euro sollen dem Fiskus dadurch durch die Lappen gehen. Dabei haben die Steuerfahnder auch Apotheker im Visier. Einige haben nach Informationen der NRW-Oberfinanzdirektion „sehr professionell“ mit der Kasse „geklüngelt“. Nun hat auch die Organisation für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) ihre Mitgliedsländer aufgefordert, im Kampf gegen Steuerhinterziehung Maßnahmen gegen die Manipulation von elektronischen Kassensystemen (POS) zu ergreifen.

Die Steuerbehörden sollten in die „erforderlichen Instrumente für die Prüfung und Untersuchung von POS-Systemen investieren“, heißt es in einem OECD-Bericht. Die OECD sieht in den Manipulationsmöglichkeiten von Kassensystemen eine ernste Gefahr für die Durchsetzung von Steuerehrlichkeit. „Methoden der Umsatzverkürzung mittels elektronischer Kassensysteme erleichtern die Steuerhinterziehung und führen weltweit zu gewaltigen Steuerausfällen“, so der OECD-Bericht „Umsatzverkürzung mittels elektronischer Kassensysteme – Eine Bedrohung für die Steuereinnahmen“.

In Wirklichkeit gestatteten es solche Systeme nicht nur, genauso Bareinnahmen zu unterschlagen wie mit traditionellen Handkassen, „sondern sie erleichtern, wenn sie mit einer Software zur Umsatzverkürzung ausgestattet sind, auch wesentlich komplexere Betrugsmanöver, da es mit ihnen dann möglich ist, die Aufzeichnungen zur Verschleierung der Vorgänge anzupassen“. Wegen des Einsatzes solcher Techniken entgingen den Steuerverwaltungen Einnahmen in Milliardenhöhe durch nicht verbuchte Umsätze und verdeckte Einkünfte. Ein kanadischer Gaststättenverband schätze den Umfang der Umsatzverkürzung in kanadischen Gaststättenbetrieben auf rund 2,4 Milliarden kanadische Dollar. In Deutschland ist die Rede von Steuerausfällen im Gesamtvolumen von zehn Milliarden Euro.

Seit die OECD-Task-Force Steuerkriminalität und andere Straftaten (TFTC) begonnen habe, sich mit diesem Phänomen auseinanderzusetzen und die Sensibilisierung dafür zu erhöhen, hätten mehrere Länder (darunter Frankreich, Irland, Norwegen und das Vereinigte Königreich) entsprechende Untersuchungen in ihrem Einzelhandelssektor angestrengt und erhebliche Probleme festgestellt. Der OECD-Bericht kommt zu dem Schluss, dass die Methoden der Umsatzverkürzung mittels elektronischer Kassensysteme ständig weiterentwickelt werden und dass Veränderungen aufmerksam verfolgt werden müssen.

Als Gegenmaßnahme empfiehlt die OECD unter anderem, den Besitz und die Nutzung von Software zur Umsatzverkürzung unter Strafe zu stellen. Zudem sollten die Steuerverwaltungen prüfen, ob ihre gesetzlichen Befugnisse für die Prüfung und „forensische Untersuchung“ von POS-Systemen ausreichend seien. Die Steuerverwaltungen sollten zudem in die Aneignung der nötigen Kompetenzen und Anschaffung der erforderlichen Instrumente für die Prüfung und Untersuchung von POS-Systemen investieren, was auch den Ausbau der Rolle von spezialisierten E-Auditoren sowie gegebenenfalls die Einstellung von Fachleuten auf dem Gebiet der IT-Forensik beinhalte.

Der OECD-Bericht stammt aus dem Jahr 2013. Bereits deutlich früher hat auch der Bundesrechnungshof die Gefahr der Steuerverkürzung durch elektronische Kassensysteme erkannt. „Die Finanzbehörden können falsche Angaben über eingenommene Bargelder bei Verwendung elektronischer Kassen und Kassensysteme jüngster Bauart nicht mehr aufdecken. Bei solchen Systemen lassen sich eingegebene Daten sowie im System erzeugte Registrier- und Kontrolldaten ohne nachweisbare Spuren verändern. Somit drohen nicht abschätzbare Steuerausfälle. Abhilfe ist dringend geboten“, so der Bundesrechnungshof bereits im Jahr 2003. Erhebungen hätten ergeben, dass Betriebsprüfer und Steuerfahnder bei Bargeschäften immer wieder unzulässige Eingriffe in Registrierkassen und deren Aufzeichnungen aufdeckten. Das sei den Prüfern aber nur bei elektronischen Registrierkassen und Kassensystemen älterer Bauart gelungen. „Die Prüfungsmöglichkeiten haben sich mit Einführung neuer Registrierkassen und Kassensysteme drastisch verschlechtert“, so der Bundesrechnungshof.

Der Bundesrechnungshof beanstandete bereits 2003, dass die Aufzeichnungen von Bargeschäften durch elektronische Registrierkassen und Kassensysteme der jüngsten Bauart nicht mehr den Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung genügten. Das Bundesministerium der Finanzen sollte unverzüglich dafür sorgen, dass für die Aufzeichnung von Bargeschäften mit modernen elektronischen Kassen und Kassensystemen nur solche Gerätearten eingesetzt werden, die eingriffssicher seien.

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