Männersache

Haarspiritus selbst herstellen

Rezepturen mit Minoxidil

ck | Zwar steht Minoxidil als Fertigarzneimittel zur Verfügung (Regaine® Männer, Alopexy® 5%, Regaine® Männer Schaum). Doch oft besteht der Bedarf für eine weniger irritierende, alkoholarme Rezeptur. Auch werden Kombinationen mit anderen Wirkstoffen (z.B. Estrogene) als „Haarspiritus“ individuell rezeptiert. Dabei kann die Löslichkeit von Minoxidil Probleme bereiten: Bei der Herstellung ist auf ein optimales Verhältnis der Lösungsmittel Alkohol, Wasser und Propylenglycol zu achten.

Minoxidil kann den Verlauf des anlagebedingten Haarverlustes (androgenetische Alopezie) im Tonsurbereich der Kopfhaut von 3 cm bis 10 cm Durchmesser bei Männern im Alter von 18 bis 49 Jahren stabilisieren. So wird einem Fortschreiten der androgenetischen Alopezie entgegengewirkt. Beginn und Ausmaß dieser Wirkung können individuell unterschiedlich sein und sind nicht vorhersagbar. Der genaue Wirkmechanismus, über den Minoxidil das Haarwachstum stimuliert, ist nicht vollständig bekannt. Belegt ist, dass Minoxidil

  • den Durchmesser des Haarschaftes vergrößert,
  • das Haarwachstum in der Anagenphase stimuliert,
  • die Anagenphase verlängert,
  • die Telogenphase verkürzt, wodurch die Anagenphase schneller erreicht wird.

Die obere Richtkonzentration dermatologischer Wirkstoffe beträgt beim Minoxidil 5,0%. Aufgetragen werden mit einem Applikator täglich maximal zweimal 1 ml Lösung direkt auf die trockene Kopfhaut – unabhängig von der Größe der betroffenen Kopfhautfläche. Die Anwender müssen geduldig sein, denn der Beginn und das Ausmaß des Haarwuchses sind bei den einzelnen Patienten verschieden. Im Allgemeinen ist eine zweimal tägliche Behandlung über zwei bis vier Monate erforderlich, bevor ein Effekt erkennbar ist. Um die Wirkung aufrechtzuerhalten wird empfohlen, die zweimal tägliche Anwendung kontinuierlich fortzusetzen. Nach Absetzen der Behandlung nimmt die Haardichte schnell wieder ab. Mehr von der Lösung oder sie öfter aufzutragen, führt zu keinem besseren Ergebnis. Bisher liegen klinische Erfahrungen hinsichtlich eines möglichen therapeutischen Effekts für eine Anwendungsdauer von bis zu einem Jahr vor. Zeigt sich nach vier Monaten keine Wirkung, so ist die Behandlung zu beenden. Bei altersbedingtem Haarausfall oder Schläfen-Alopezie (Geheimratsecken) ist Minoxidil nicht wirksam.

Problem der Löslichkeit

Die therapeutische Konzentration von Minoxidil beträgt 2% bis 5%, die Löslichkeit in Wasser beträgt bei 20°C 2 g/l (0,2%). Daher werden zum Lösen im Fertigarzneimittel und in Rezepturen Ethanol und Propylenglykol zugesetzt. Hier beträgt die Löslichkeit 1 bis 2g/100 ml. Die Minoxidil-Löslichkeit in binären oder tertiären Mischungen ist höher als in reinen Lösemitteln. 2%ige Lösungen lassen sich bei Raumtemperatur, 5%ige Lösungen erst bei forciertem Erhitzen lösen. Eine optimierte Formulierung für eine individuelle Rezeptur zeigt folgendes Beispiel:

Minoxidil 5,0 g

Propylenglykol 15,0 g

Aqua purificata 15,0 g

Ethanol 96% ad 100,0 g

Dazu wird zunächst Minoxidil in der Mischung aus Propylenglykol und Ethanol durch Erhitzen auf etwa 70°C gelöst. Anschließend wird das Wasser bei Raumtemperatur unter Rühren hinzugegeben.

Aufgrund des Ethanol- und Propylenglycolgehalts in der Minoxidil-Lösung kann ein wiederholtes Aufsprühen auf das Haar statt auf die Kopfhaut zu verstärkter Trockenheit oder Steifheit der Haare führen. Daher werden heute Individualrezepturen häufig mit einem rückfettenden Zusatz von Isopropylmyristat rezeptiert. Problematisch ist dabei, dass Ethanol und Ethanol/Wasser-Mischungen nur in begrenztem Maß lipophile Öle aufnehmen können. Isopropylmyristat ist praktisch nicht wasserlöslich und mit Alkohol-Wasser-Gemischen nur begrenzt mischbar. Eine Alternative zu Isopropylmyristat kann Octyldodecanol sein, das aus chemischer Sicht kein Fett ist, sondern ein Alkohol mit fettenden Eigenschaften. Er kann in Konzentrationen von 10% bis 18% eingesetzt werden. Das Neue Rezeptur-Formularium (NRF) führt solch eine Rezeptur unter der Bezeichnung Minoxidil-Haarspiritus 5% (NRF 11.121.)

Minoxidil 5,0 g

Isopropylpalmitat 1,0 g

Macrogol-40-glycerol hydroxystearat 2,5 g

Propylenglycol 15,0 g

Ethanol 70% 76,5 g

Das Macrogol-40-glycerolhydroxystearat fungiert dabei als Lösungsvermittler, um die Konzentrationen an hautirritierenden Bestandteilen (Alkohole und Propylenglycol) gering zu halten.

Zur Behandlung der androgenetischen Alopezie werden auch Estradiol oder das Androgen Norethisteronacetat eingesetzt, daher werden auch Kombinationen dieser Wirkstoffe mit Minoxidil rezeptiert:

17-α-Estradiol 0,015 g

Minoxidil 2,0 g

Propylenglykol 15,0 g

Aqua dest. 15,0 g

Isopropylmyristat oder

Octyldodecanol q.s.

Ethanol 96% ad 100,0 g

Bei der Herstellung muss auch hier die Reihenfolge bedacht werden: Estradiol und Minoxidil werden in dem Gemisch aus Propylenglykol und Ethanol – eventuell unter Zufuhr von Wärme – gelöst. Dann wird das Wasser hinzugefügt. Wird zur Rückfettung Isopropylmyristat eingesetzt, kann es bei der Herstellung vor Erreichen des Endgewichts zu Trübungen kommen. Dann sollte die Zugabe unterbrochen werden und mit Ethanol entsprechend aufgefüllt werden.

Hinweis zur Lagerung und Haltbarkeit

Die fertige Minoxidil-Lösung sollte bei Raumtemperatur (nicht unter 20°C) aufbewahrt werden, ansonsten kann eine reversible Trübung auftreten. Bei längerer Lagerung im Kühlschrank kann Minoxidil auskristallisieren und ist dann nicht ohne weiteres wieder in Lösung zu bringen. Wird eine Opaleszenz oder eine milchige Trübung beobachtet, so handelt sich in der Regel nicht um einen Niederschlag. Der Effekt ist häufig auf eine zu großzügige Zugabe von Isopropylpalmitat zurückzuführen. Zudem ist die Lösung photoinstabil, die Haltbarkeit ist auf ein Jahr begrenzt.

Und die Anwender sollten darauf hingewiesen werden, dass es nach der Anwendung der Minoxidil-Lösung bei Kontakt mit empfindlichen Textilien und Oberflächen (z.B. Kopfkissen oder Hüten) unter Umständen zu Verfärbungen kommt. Dies gilt insbesondere solange die Lösung noch feucht auf der Kopfhaut ist. 

Quelle

Fachinformation Regaine® Männer, Stand Januar 2013

Wolff G. Rezepturen - Probleme erkennen, lösen, vermeiden. 4. Auflg. Deutscher Apotheker Verlag 2013

Minoxidil zur Anwendung auf der Kopfhaut, Rezepturhinweise. Neues Rezeptur-Formularium (NRF), Stand: 21. Mai 2014

Minoxidil-Haarspiritus 5%, NRF 11.121

 

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